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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Vorstellungen Lindens. Sie reagierte mit gefühlsmäßiger Ablehnung. Entschlossen gab sie sich einen Ruck und drängte das Läuten in den Hintergrund ihres Bewußtseins. Die Elohim erforschten sie, wie Gibbon ihr Inneres erforscht hatte. Bist du nicht schlecht? Nein. Nicht, solange die Finsternis keine Macht hat.
    »Ich bin keine Sonnenkundige.« Ungläubig hob Chant die Brauen. »Wenn hier jemand ›sonnenkundig‹ ist, dann er.« Linden wies hinüber zu Covenant, versuchte die Augen der Elohim von sich abzuwenden. »Er hat den Ring.«
    Das Paar blieb unbeeindruckt. Daphins Miene verlor nichts von ihrer klaren Erlauchtheit; doch Chants Lächeln deutete einen gewissen insgeheimen Fanatismus an. »Wir haben an Unwahrheit keinen Gefallen ...« – seine Stimme klang seidenweich –, »und deine Worte sind offenkundig unwahr. Leugne nicht, daß du bist, was du bist. Derlei mißfällt uns. Statt dessen erkläre uns, warum dieser Mann sich im Besitz deines weißen Rings befindet.«
    »Das ist nicht ihr Ring«, fuhr Covenant sofort dazwischen. »Es ist meiner. Es ist immer meiner gewesen.« Im Angesicht der Elohim klangen seine Äußerungen nichtswürdig und zänkisch.
    Chants Lächeln vertiefte sich, erfaßte Linden wie eine Drohung. »Auch das ist unwahr. Du bist nicht der Sonnenkundige.«
    Covenant setzte zu einer gereizten Entgegnung an. Aber Daphin kam ihm zuvor. »Nein«, widersprach sie gelassen. »Der Ring ist sein. Tief im Innern trägt er sein Mal.«
    Daraufhin schaute Chant seine Begleiterin an; aus Erleichterung sackten Linden die Schultern herab. Es entlastete ihr Gemüt enorm, daß Chant seinen Blick von ihr genommen hatte. Chant zog eine verdrossene Miene, als verstöße Daphins Widerspruch gegen eine stillschweigende Übereinkunft. Daphin jedoch wandte sich an Linden. »Dennoch liegt hierin ein Rätsel. Unser aller Vision sieht dieselbe Wahrheit – daß Sonnenkundigkeit und Ring allein einem Wesen zugehören, das auf Suche zu uns kommen wird. Angelegenheiten von größter Bedeutsamkeit sind davon betroffen. Und unsere Visionen lügen nicht. Raw- Schroffen und Woodenwold lügen nicht. Wie lautet die Erklärung, Sonnenkundige?«
    Linden fühlte in Covenant eine geballte Verkrampfung, als wäre sein magisches Feuer dicht vor einem Ausbruch. »Was soll ich nach eurer Meinung denn tun?« maulte er. »Ihn weggeben?«
    Chant ließ sich nicht dazu herab, ihn nur anzusehen. »Solche Macht steht dir schlecht. Schweigen wäre ziemlicher. Du stehst inmitten solcher, die dir über sind. Gestatte der Sonnenkundigen zu sprechen!«
    Covenant knurrte einen Fluch. Linden spürte seine erbitterte Wut und entwand sich dem Bann der Elohim, drehte sich ihm zu. Sein Gesicht war von Gehässigkeit verdüstert. Wieder wirkte seine Vehemenz widernatürlich – als wäre sie eine Reaktion auf die Luft, nicht seine Situation oder die Elohim. Dieser Eindruck löste in Linden unabweisbare Dringlichkeit aus. Hier überwog irgend etwas die Wichtigkeit ihrer Weigerungen. Intuitiv verlieh sie ihrer Stimme einen helleren Klang, so daß Covenant sie hören mußte. »Ohne ihn wäre ich nicht hier.« Dann begann sie angesichts der Verantwortung, die sie unausgesprochen auf sich genommen hatte, zu schlottern.
    Im folgenden Moment ergriff Pechnase das Wort. »Friede, meine Freunde«, sagte er. Sein mißgestaltetes Gesicht bezeugte für ihn gänzlich untypische Besorgtheit. »Weit sind wir gefahren, um das Wohlwollen der Elohim zu erlangen. Viel mehr als nur unser Leben steht auf dem Spiel.« Seine Stimme beschwor sanftmütig. »Gebt keinen Anlaß zu Mißfallen.«
    Covenant musterte Linden, als versuche er, die Natur ihrer Unterstützung und der Anerkennung ihrer Verantwortung zu durchschauen. Hörst du Glöckchen? wollte sie ihn plötzlich dringend fragen. Falls er sie hörte, ließ er sich nichts anmerken. Aber was er in ihr sah, übte auf ihn sowohl eine kritische wie auch ermutigende Wirkung aus. Mit bedächtigem Vorsatz bändigte er das Schwellen der Magie in seinem Innern. »Verzeihung«, sagte er zu den Elohim, ohne Linden seine Aufmerksamkeit zu entziehen. »Der Grund, warum wir hier sind ... Die Sache drängt. Ich kann die Belastung nicht so gut verkraften.«
    Die Elohim achteten nicht auf ihn; unverändert interessierten sie sich ausschließlich für Linden. Aber die Klangfarbe des Unmuts wich aus der Musik. »Vielleicht ist unsere Vision unvollständig gewesen«, sagte Daphin. Ihre Stimme trällerte wie Vogelsang. »Vielleicht steht

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