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Der einsame Radler: Auf dem Weg von Bremen zum Bodensee (German Edition)

Der einsame Radler: Auf dem Weg von Bremen zum Bodensee (German Edition)

Titel: Der einsame Radler: Auf dem Weg von Bremen zum Bodensee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter W. Hohenester
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inzwischen den Scheitelpunkt des Hügels fast erreicht und steigerte mein Tempo. Der Anführer war ein kluger Mann. Er sah ein, dass die Aussichten jetzt noch Geld, oder meine Ausrüstung zu erobern gleich null waren und schrie seinen Leuten einige Befehle zu, die sie dazu bewegten, sich wenn auch widerstrebend, wieder an ihre Arbeit zu machen.
    Ich rollte erleichtert hügelab.
    In Olsberg stellte ich fest, dass ich an diesem Tag bereits 30 Kilometer Umwege gefahren war. Ein Teeny sagte mir, der nächste Campingplatz läge bei Bruchhausen. Die 7 Kilometer dorthin waren nun auch kein Problem mehr, obwohl es weiter bergauf ging.
    Ich kam um 17.45 Uhr am Campingplatz an. Die Anmeldung öffnete erst um 18..00 Uhr. Ich unterhielt mich so lange mit einem alten Dauercamper, dem ich seine Fragen nach dem Woher und Wohin beantwortete. Dann kamen die Betreiber des Platzes, die es toll fanden, einen Radfahrer unter ihren Gästen zu haben.
    »Das kommt heute selten vor«, meinte der eine, ein schwarz gekleideter Hüne mit modisch kahl geschorenem Kopf.
    Ich nahm mir zwei Flaschen Bier mit auf den Zeltplatz und feierte die glückliche Ankunft.

Fünfter Tag
    Es regnete die ganze Nacht hindurch. Als ich aufwachte, schwamm mein Notizbuch aufgelöst neben meiner Luftmatratze. Das Wasser war durch den Zeltboden eingedrungen. Zum Glück hatte ich alle wichtigen Dinge auf die Packtaschen gestapelt, sodass im Wesentlichen keine weiteren Schäden zu verzeichnen waren.
    Das Wetter hatte sich etwas beruhigt, aber der Himmel zeigte sich weiter in finsterem Grau. Ich nutzte die Regenpause, um das Zelt mit einem Schwamm einigermaßen trocken, zu wischen. Dann gönnte ich mir eine heiße Dusche. Hinter den Sanitären Anlagen gab es einen überdachten Platz mit einer grau verwitterten Holzbank und einem Tisch davor. Damit war wenigstens ein relativ komfortables Frühstück gesichert.
    Der Regen setzte wieder ein. Ich holte meinen Kocher und mein Frühstücksgeschirr aus dem Zelt und baute es auf dem Tisch auf. Als ich meinen Cappuccino im Becher und den Quark geöffnet hatte, erschien der Alte von gestern mit zwei Frauen. Sie hatten Körbe mit schmutzigem Geschirr dabei und stellten es auf den Tisch. Der Alte nahm es auf und ging zum Waschraum.
    »Geschirr spülen ist Männersache«, gab er mir augenzwinkernd zu verstehen. Die beiden Frauen blieben zurück. Sie waren in seinem Alter und neugierig. Der Alte hatte geplaudert. Sie wussten schon einiges über mich.
    »Sie sind der Mann aus Bremen«, stellte die Erste fest. Sie taxierte mich. »Sie sind schlank. Was essen Sie denn da?«
    »Quark«, sagte ich.
    »Nur Quark?«
    »Ja, aber ein ganzes Pfund.«
    »Sonst nichts?«
    »Nein, höchstens noch ein trockenes Brötchen.«
    »Und mittags?«
    »Nichts. Der Quark reicht meistens für den ganzen Tag.«
    »Essen Sie kein Fleisch? Keine Kartoffeln?« Sie stieß die Worte wie in Panik hervor.
    »Doch. Abends, da nehme ich meine Hauptmahlzeit ein.«
    »Aber nur wenn sie mit dem Fahrrad unterwegs sind«, hoffte sie.
    »Nein. Immer.«
    »Das kann ich nicht. Ich muss den ganzen Tag essen.« Resigniert und wehmütig senkte sie den Kopf und ihr Blick holperte verlegen über die dicken Schwimmgürtel, die ihr Körper unter der bunten Kittelschürze angelegt hatte nach unten, um dort vergeblich nach ihren Füßen zu suchen.
    »Ich kenne Bremen«, mischte sich die andere ins Gespräch. Als mein Mann noch lebte, sind wir oft mit dem Wohnwagen dort gewesen. In Bremen gibt es einen sehr schönen Campingplatz.«
    »Ja«, bestätigte ich. »In der Nähe vom Uni-See.«
    Sie war befriedigt über diese Aussage, gab sie ihr doch die Sicherheit es wirklich mit einem Bremer zu tun zu haben. Ihr Lächeln sagte es mir. Sie war eine schöne Frau, eine Frau, die dank ihrer unerschütterlichen Heiterkeit das Leben meisterte und auch mit weißem Haar und Fältchen im Gesicht noch eine unleugbare erotische Ausstrahlung hatte.
    »Seit wann sind Sie unterwegs?«, wollte sie wissen.
    »Seit Samstag.«
    »Erst? Und wie viel Kilometer?«
    »Mit allen Umwegen und Irrwegen bis hierher 338,0 Kilometer.«
    »Und Sie wollen bis zum Bodensee?«
    »Ja und auch zurück nach Bremen.«
    Beide waren sehr beeindruckt, wollten nicht länger stören und mussten endlich nachsehen, was der Mann inzwischen mit dem Geschirr angestellt hatte.
    Es regnete wieder. Wind war aufgekommen. Er wehte den Regen unter das Dach bis zu mir. Ich wollte bei diesem Wetter nicht weiterfahren. Ein nasses Zelt abzubauen

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