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Der einsame Radler: Auf dem Weg von Bremen zum Bodensee (German Edition)

Der einsame Radler: Auf dem Weg von Bremen zum Bodensee (German Edition)

Titel: Der einsame Radler: Auf dem Weg von Bremen zum Bodensee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter W. Hohenester
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geschlossen und die Dienstleister offensichtlich zusammen mit der restlichen einheimischen Bevölkerung auf der Flucht in den peripheren Feierabend.
    Ein Mann in einem kurzärmeligen, gestreiften Hemd, einer städtisch grauen Hose und einem Krückstock hatte mich beobachtet.
    »Wo wollen Sie denn hin?«
    »Zum Campingplatz.«
    »Den Weg dorthin kann ich Ihnen zeigen. Wir müssen nur auf meine Frau warten. Die kommt da vorne.«
    Er zeigte auf eine weißhaarige rundliche Frau in einem, hellen, gelben, zart geblümten Sommerkleid. Dann wollte er wissen, woher ich käme, wohin es gehen solle und wie lange ich schon unterwegs sei. Sobald seine Neugier befriedigt war, hatte seine Frau uns erreicht.
    »Guten Tag«, sagte sie freundlich.
    »Wir zeigen ihm den Weg zum Campingplatz«, weihte er sie ein. Und zu mir gewandt: » Wir müssen dort hinüber.«
    Er zeigte mit seiner Krücke auf ein dunkles Gebäude an dem ein Apotheken -Logo leuchtete.
    »Eigentlich können Sie es gar nicht verfehlen«, fuhr er fort. »Aber sicher ist sicher.« Er hinkte vorweg zur Bordsteinkante. »Als ich jung war«, fing er an zu erzählen, »da haben wir das auch gemacht. Quer durch Deutschland sind wir gefahren. Mit ganz einfachen Rädern. In den fünfziger Jahren war das. Da gab es noch keine anderen.« Die Erinnerung hatte sein Gesicht gerötet, aus seinen Augen strahlte Begeisterung. »Wie viel Gänge hat Ihr Rad?«
    »Vierundzwanzig.«
    »Da schafft man jeden Berg.«
    Ich verschwieg schamhaft, dass ich da schon andere Erfahrungen gemacht hatte.
    »Wir hatten nur ganz einfache Räder«, wiederholte er stolz. »Aber sonst gab es schon alles. Auch zu essen - und überhaupt.«
    »Ja«, sagte die Frau an seiner Seite. Sie roch nach Eau de Cologne und holte kurzatmig Luft, als wir die Straße überquerten. »Aber als wir uns kennenlernten, da hatten wir einen VW.«
    »Eine so schöne Tour habe ich nie wieder gemacht«, urteilte er versonnen, ohne auf sie einzugehen, noch ganz in seinen Erinnerungen gefangen. »Ich wollte ich könnte das noch einmal machen. Aber die alten Knochen wollen nicht mehr.« Er blickte bedauernd auf sein steifes linkes Bein. Dann zu mir gewandt: »Sie müssen hier abbiegen und zwei Straßen weiter nach links. Es ist nicht mehr weit.«
    Der Campingplatz hatte für mich eine luxuriöse Überraschung bereit. Ich bekam ein kurz geschorenes Geviert englischen Rasens vor einem spitzgiebeligen Toilettenhäuschen zugeteilt, das ein separater Eingang zu meiner ganz persönlichen Dusche, meinem persönlichen Waschbecken und meinem persönlichen Klo verschloss.
    Ich wollte noch einmal ins Zentrum. Die Entfernung war nicht groß. Ich ging zu Fuß. Die Stadt wirkte als wäre sie tatsächlich von allen Einheimischen verlassen. Zwar saßen vor einem Café eine Menge Männer, aber ihr Aussehen und ihre Sprache kennzeichneten sie zweifelsfrei als Türken. Sie hatten ihre Stühle alle in eine Richtung gedreht und starrten wie gebannt auf die andere Seite der Straße. Dort hatte ein Bekleidungsgeschäft seine Schaufenster. Dahinter standen völlig nackte Schaufensterpuppen. Man war wohl nicht mehr zum Dekorieren gekommen. Für die türkischen Männer schien es sich dabei, um eine Sensation zu handeln. Sie konnten den Blick nicht davon lassen.
    Ich fand einen kleinen Imbissladen, der sich Schlemmergrill nannte, und aß dort für wenig Geld eine Riesenportion Gyros mit Zaziki und Pommes. Dann setzte ich mich in den Biergarten eines Hotels und trank zwei Weizen. Neben mir gab es nur noch drei Gäste, die, wie sich herausstellte, im Hotel wohnten und es gab einen griechischen Kellner, der eifrig um uns herumschlich und vor dem ich immer wieder mein noch nicht geleertes Glas retten musste.
    Edgar rief an. Wir führten ein ewig langes Gespräch, in dessen Verlauf ich ihm alles haarklein berichtete, was mir bisher widerfahren war.
    Auf dem Rückweg standen flackernde Windlichter auf den Tischen vor dem türkischen Café. Die Stühle waren genauso ausgerichtet wie vorher, die Blickrichtung der Männer die gleiche. Es schien mir, dass es im Leben dieser Männer ein unübersehbares Defizit gab.
                 

Siebter Tag
    Früh um sieben Uhr stand ich auf. Ich brauchte unbedingt einen neuen Fotoapparat.
    Die Sonne meinte es heute besonders gut. Sie füllte die leeren, sauberen Straßen mit ihrem gleißenden Licht. An einem kleinen weißen Haus mit braunen Fensterläden blühten rote Geranien in den Blumenkästen unter den winzigen

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