Der Einsatz
verabscheute den Schah, glaubte fest an die Revolution. Doch als er dann sah, wie sich die Situation im Land entwickelte, hat er irgendwann auch die Revolution verabscheut. Der ganze Iran ist voll von solchen Unglücklichen, wie mein Vater einer war.»
Harry musterte den jungen Mann. «Dann hat er also nie Anerkennung für seine Verdienste erhalten?»
«Nein. Sie haben ihm eine Rente gewährt und kostenlose ärztliche Versorgung, weil er ja vom Savak gefoltert wurde. Aber er war Professor für Literaturwissenschaft. Er glaubte an die Kraft der Phantasie. Was hätten sie schon mit ihm anfangen sollen?»
«Aber Sie zollen ihm doch Anerkennung», sagte Harry leise.
«Wie bitte? Was sagten Sie?»
«Sie zollen ihm Anerkennung, Karim, mit dem, was Sie sind und was Sie tun. Und vor allem mit dem Mut, der Sie heute hierhergeführt hat.»
Der Iraner senkte den Kopf. Harry konnte nicht erkennen, ob der junge Mann Tränen in den Augen hatte; vermutlich ja. Und so wagte Harry sich einen weiteren Schritt vor. In den Agentenhandbüchern wurde diese Phase des Gesprächs als «Annäherung» bezeichnet, doch dieser Begriff war viel zu schwach, um die Kunst, das Vertrauen eines externen Agenten zu gewinnen, auch nur annähernd zu beschreiben.
«Ich hatte einen Sohn, der jetzt fast so alt wäre wie Sie», sagte Harry. Er sprach so leise, dass Molavi ihn kaum noch hörte und sich zu ihm hinbeugen musste, um ihn zu verstehen.
«Was ist passiert?»
«Er ist gefallen. Im Irak. Er war ein guter Junge. Ich trauere jeden Tag um ihn.»
«Mein Beileid, Sir.»
«Ich erwähne meinen Sohn aus folgendem Grund: Wenn er heute noch am Leben wäre, dann würde ich mir wünschen, dass er genauso mutig wäre wie Sie. Ich würde mir wünschen, dass er Ihre Überzeugungen teilte und wüsste, dass es größere Ziele zu verfolgen gilt als die, die die jeweilige Landesregierung einem aufträgt. Wenn ich meinem Sohn nur besser vermittelt hätte, dass nicht allein die Machthaber seines Landes darüber entscheiden, was wahr und richtig ist, wäre er heute vielleicht noch am Leben. Und deshalb weiß ich auch, dass Ihr Vater stolz auf Sie wäre. Ich sehe Ihre Situation selbst mit den Augen eines Vaters.»
«Ich danke Ihnen», sagte Molavi. Er hatte aufmerksam zugehört und spürte, dass dieser amerikanische Spion aus der Tiefe seines Herzens zu ihm sprach, wo vieles verborgen lag.
Harry fasste den jungen Mann an den Schultern und hielt ihn fest, so wie er es früher oft mit Alex gemacht hatte.
«Und jetzt setzen Sie sich mal hier neben mich», sagte er, «und erzählen mir von Ihrer Arbeit in der Atomforschung.»
Adrian wanderte durch die marmorne Eingangshalle der Villa. Eigentlich hätte er sich Harrys Befragung des jungen Iraners anhören sollen, doch Harry kam auch ganz gut allein klar. Und er selbst hatte anderes im Sinn. Als Harry und er hier eingetroffen waren, hatte er aus dem Augenwinkel gesehen, wie Jackie durch eine der Türen, die von der Halleabgingen, verschwunden war. Jetzt war er auf der Suche nach ihr. Sein Herz klopfte wild. Es war dasselbe Gefühl wie früher, als er noch geraucht hatte, wenn er dringend eine Zigarette brauchte und keine zur Hand war. Es war mehr als bloßes Verlangen, das war blanke Sucht.
Er streckte den Kopf durch eine Tür. Dahinter befand sich ein Fitnessraum. Hakim stemmte Gewichte, Marwan absolvierte auf einer Matte am Boden Sit-ups. Hakim hatte eine seiner Bhangra-CDs aufgelegt, der scharfe Rhythmus der Trommeln unterstrich den hellen, heulenden Gesang. Keiner von beiden bemerkte Adrian. Sie waren ganz in ihrem Element: zwei Krieger in ihrer Freizeit. Adrian trat zurück auf den Flur und öffnete eine weitere Tür, die in eine verlassene Bibliothek mit lauter leeren Bücherregalen führte.
Die letzte Tür stand einen Spaltbreit offen. Adrian schaute hinein und sah Jackie wie hingegossen auf dem Sofa liegen. Sie hatte geduscht und sich umgezogen und trug eine Trainingshose und einen blauen Kaschmirpullover. Ihr Haar war noch nass, die langen blonden Strähnen ringelten sich am Hals. Sie hörte Musik mit ihrem iPod und bemerkte Adrian zunächst nicht, doch als er auf Zehenspitzen ins Zimmer trat, sah sie auf und lächelte ihn an.
«Schließ ab», sagte sie.
Adrian verriegelte die Tür und trat dann näher an das Sofa. Jackie war aufgestanden. Die Trainingshose hing ihr tief auf der Hüfte, weit unterhalb des Bauchnabels, fast schon im Schritt, und als sie auf Adrian zukam, versetzten ihre Brüste den
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