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Der Einsatz

Der Einsatz

Titel: Der Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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hatte ihre Waffe abgelegt. Sie kauerte im Sand und installierte ein kleines Funkfeuer dicht am Wasser.
    Das Fischerboot hatte seine Positionslampen ausgeschaltet, und so hörten sie erst nur das gedämpfte Tuckern des alten Motors, ehe sie das eigentliche Schiff entdeckten. Der Kapitän, ein Turkmene, hatte sich in einen schweren Umhang gewickelt. Er befuhr dieses Gewässer seit dreißig Jahren und hatte bereits vor dem Fall des Eisernen Vorhangs Güter jeglicher Art zwischen Turkmenistan und dem Iran hin- und hertransportiert. Die Behörden zu beiden Seiten der Grenze schmierte er schon so lange, dass sie ihn fast als legal betrachteten und nichts weiter von ihm verlangten, als dass er im Verborgenen agierte und sich nicht erwischen ließ. Bei ihm war ein Agent vom britischen SI S-Stützpunkt in Aschgabat. Der Mann trug eine Marinejacke und fröstelte in der kalten Nachtluft.
    Angeführt von Jackie, die ihre Waffe hoch über dem Kopf hielt, wateten die vier Passagiere bis zum Boot. Molavi war direkt hinter ihr, dann kamen Hakim und Marwan, den Blick auf die Küste gerichtet und die Maschinenpistolen auf Automatik gestellt.
    Jackie rief leise den Namen «Jeremy», und der Brite in der Marinejacke antwortete, indem er sie beim Namen nannte: «Jackie.» Es war keine besonders ausgeklügelte Erkennungsparole, doch sie genügte vollauf. Der Mann ließ eine Strickleiter vom Boot herunter, und die vier kletterten an Bord.Diesmal war Molavi der Erste. Das leise Knattern des Motors wurde lauter, und gleich darauf bewegte sich das Boot wieder aufs Meer hinaus. Als sie die iranische Küste hinter sich gelassen hatten, sagte Jackie zu Molavi, dass er nun in Sicherheit sei. Er schüttelte nur den Kopf, weil er immer noch nicht recht an seine Rettung glauben konnte.
    Dann musterte er die Britin in ihrem schwarzen Anzug, dessen wasserabweisendes Material Brüste und Hüften eng umschloss.
    «Ist das immer so einfach?», wollte er wissen.
    «Sicher», antwortete Jackie. «Wenn man es nur richtig anstellt.»
     
    Etwas weiter östlich schaukelte ein iranisches Patrouillenboot auf den Wellen, das an der Grenze zu den turkmenischen Hoheitsgewässern vor der Küstenstadt Hasan Kuli vor Anker lag. Der turkmenische Schmuggler umschiffte es weiträumig.
    Molavi war erschöpft und legte sich, in eine warme Decke gehüllt, ein wenig hin. Die anderen unterhielten sich leise und tranken Kaffee aus der Thermoskanne, die Jeremy, der britische Geheimagent, mitgebracht hatte. Hin und wieder machte jemand einen Witz, und die anderen lachten. Nach der erfolgreichen Mission fiel die Anspannung von ihnen ab.
    Als es hell wurde, näherte sich das Boot einem Fischerdorf gut zehn Kilometer nördlich von Hasan Kuli. Es war ein trostloser kleiner Ort mit Häusern so weiß wie der Küstensand. Dort wartete ein Jeep auf sie und brachte sie einige Kilometer landeinwärts, wo ein Hubschrauber mit knatterndenRotoren bereitstand. Schriftzüge an den Seiten wiesen ihn als Eigentum von GasPort Ltd. aus. Ein Crewmitglied gab Molavi trockene Kleidung und führte ihn zu einem Schuppen unweit des Landeplatzes, wo er sich umziehen und zur Toilette gehen konnte. Die anderen zogen sich draußen um. Die schwarzen Neoprenanzüge wurden in eine Reisetasche gepackt und gegen normale Outdoor-Bekleidung getauscht, wie man sie oft an Abenteuerurlaubern auf einer Trekking-Tour sieht.
    Als sie in den Hubschrauber stiegen, hatte Molavi Schwierigkeiten mit den vier Bändern seines Haltegurts. Hakim und Marwan halfen ihm und ließen die Schnallen zu beiden Seiten einschnappen. Jackie versorgte ihn mit Ohrstöpseln, die den Lärm der Rotoren dämpfen sollten. Schließlich waren alle sicher angegurtet und mit Lärmschutz versehen, und der Hubschrauber hob mit einer Leichtigkeit vom Boden ab, als ob die Schwerkraft nicht existierte. Als er eine Flughöhe von mehreren hundert Metern erreicht hatte, neigte er sich leicht nach vorn und beschrieb eine Kurve gen Osten, Richtung Aschgabat.
     
    Der Hubschrauber überquerte die Wüstengebiete im Südwesten Turkmenistans, vorbei an Handelsstädten mit unaussprechbaren Namen: Kizyl Atrek, Gumdag, Gyzylarbat. Im Süden lag das Kopet-Dag-Gebirge, eine zackige Gipfelkette, die die Grenze zwischen Turkmenistan und dem Iran bewachte. Durch das Fenster sah man ausgetrocknete Flussbetten und Trampelpfade, die sich durch das unwirtliche, kahle Land zogen. Molavi gab sich Mühe, wach zu bleibenund sich das alles anzusehen, doch es gelang ihm nicht. Die

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