Der Einsatz
der Hand haben, Harry Pappas. Sie gehören jetzt zu uns, und Sie werden tun, was wir von Ihnen verlangen.»
38 Washington
Der Taxifahrer am Flughafen in Washington wollte reden. Und natürlich war er Iraner. Das waren sie am Flughafen alle. Er wollte sich darüber auslassen, wie grauenvoll die Mullahs waren, und darüber, dass die USA den Krieg jetzt beginnen müssten, wo das Regime in Schwierigkeiten steckte. Harry erklärte, er habe keine Ahnung vom Iran, er sei nur ein einfacher Geschäftsmann und wolle, dass alle Menschen in Frieden miteinander lebten.
Andrea war noch bei der Arbeit, als er das Haus in Reston erreichte, und er schrieb ihr einen Zettel, dass er wieder da war. Eigentlich hätte er gern ein wenig geschlafen, fühlte sich aber viel zu unruhig dafür. Er wollte ins Büro, sich durch den internen Nachrichtenverkehr klicken und die neuesten Aufnahmen der Aufklärungssatelliten durcharbeiten, um daraus vielleicht etwas von dem zu rekonstruieren, was dort im Iran geschehen war.
Als er gerade wieder gehen wollte, kam seine Tochter Louise mit dem Schulbus nach Hause. Sie stürmte zur Tür herein und fiel ihm um den Hals.
«Du bist wieder da!», rief sie. «Endlich bist du wieder da!»
Louise war längst nicht immer so überschwänglich, und Harry freute sich darüber. Er hatte es dringend nötig, in den Arm genommen zu werden.
«Ich muss unbedingt mit dir reden, Daddy», verkündete sie theatralisch. «Ich habe nämlich eine sehr wichtige Entscheidung getroffen. Ich werde nicht aufs College gehen.»
Harry war baff. Louise war im letzten Jahr der Highschool und hätte eigentlich darüber nachdenken sollen, sich aufs College vorzubereiten, anstatt darüber, wie sie am besten darum herumkam.
«Ein College-Studium ist eine wichtige Sache, Lulu. Wenn du nicht aufs College gehst, bekommst du auch keine gute Stelle. Du wirst arm sein, bei Wal-Mart an der Kasse arbeiten, anderer Leute Rasen mähen oder Pennerin werden. Du musst aufs College.»
«Irgendwann mache ich das ja auch, Daddy, nur einfach noch nicht jetzt. Das ist alles, was ich sage. Ich will jetzt noch nicht hin. Ich will etwas anderes machen. Es gibt so viel Leid auf der Welt. Wenn ich jetzt einfach weiterlerne, kann ich mich eh nicht richtig konzentrieren. Ich müsste doch nur die ganze Zeit an die vielen, vielen Leute denken, denen es so schlechtgeht. Ich will für Ärzte ohne Grenzen arbeiten. Das kam neulich bei
Grey’s Anatomy
vor.»
«Aber Lulu, um bei Ärzte ohne Grenzen zu arbeiten, musst du doch Ärztin sein. Oder wenigstens Krankenschwester. Schließ erst mal deine Ausbildung ab. Wenn du mit dem Studium fertig bist, gibt es immer noch genauso viel Leid auf der Welt, das garantiere ich dir.»
«Nein, ich will das jetzt machen. Ich muss einfach. Es gibt da diese coole Organisation, die heißen FXB und helfen Aids-Waisen in Afrika. Vielleicht kann ich ja für die arbeiten. Ich kann nur nicht einfach hier rumsitzen und zusehen, wie das alles passiert, Daddy. Das kann ich einfach nicht!»
«Lass uns später darüber reden, Lulu. Ich verstehe sehr genau, was du da sagst, nur muss ich jetzt dringend zur Arbeit. Aber was immer du tust, ich werde stolz auf dich sein. Du hast ein gutes Herz, das ist das Allerwichtigste.»
Sie fiel ihm noch einmal um den Hals und brachte ihn dann zum Wagen. Als Harry auf die Route 7 einbog, kam ihm der Gedanke, dass Louise genauso war wie ihr BruderAlex: eine Idealistin. Sie konnte es kaum abwarten, die Welt zu verändern. Sie sprach mit derselben Leidenschaft davon, Waisenkindern in Afrika zu helfen, mit der Alex erklärt hatte, er wolle die Leute bekämpfen, die die Twin Towers zum Einsturz gebracht hatten. Aber genau darin lag womöglich auch der Unterschied. Sie mussten ein neues Kapitel beginnen.
Als Harry in der Zentrale ankam, war es später Nachmittag. Die Führungsoffiziere und ihre geldgierigen externen Agenten verließen bereits in Scharen das Gebäude. Harry zeigte seinen Ausweis am Eingang und legte mit raschen Schritten das kurze Stück durch Flur C bis zur Operationszentrale Iran zurück. Offenbar hatte aber jemand vom Empfang in der Zwischenzeit Marcia benachrichtigt, denn sie erwartete Harry bereits an der Tür, gleich neben dem Konterfei des Imam Hussein.
«Wir müssen reden», sagte sie. «Jetzt gleich.»
«Später. Erst muss ich zumindest kurz den Nachrichtenverkehr überfliegen und ein paar Spuren nachgehen. Und dann muss ich möglichst bald mit dem Direktor sprechen,
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