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Der Einsatz

Der Einsatz

Titel: Der Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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am liebsten. Wissen Sie, was das Wort bedeutet? Die Amerikaner verwenden es für einen Hinterwäldler, der nicht besonders intelligent ist. Dass man ein Redneck ist, merkt man daran, dass man sich im Garten mit dem Schlauch abspritzen muss, bevor einen die Ehefrau ins Haus lässt. Oder kennen Sie den? Dass man ein Redneck ist, merkt man daran, dass man einen Strafzettel am Haus hat. Ist das nicht lustig? Sie leben nämlich meistens in Wohnwagen, diese Rednecks.»
    Mehdi Esfahani wartete darauf, dass der junge Wissenschaftler lachte, aber der blieb stumm.
    «Verstehen Sie diese Witze nicht?»
    «Offenbar nicht, Bruder Inspektor. Sie müssen entschuldigen.» Der junge Mann war nun nicht mehr bloß verängstigt, er war zusätzlich auch noch verwirrt.
    «Schade. Ich hatte gehofft, dass Sie etwas mehr Sinn für Humor hätten. Hier bei uns laufen schon genug ernste Menschen herum, finde ich. Aber Sie sind ein intelligenter Junge aus gutem Haus. Sie haben im Ausland studiert, hatten Zugang zu ausländischer Literatur. Da müssten Sie doch eigentlich auch Sinn für Humor haben. Sie müssten fröhlich sein. Und Witze erzählen. Aber Sie machen so ein schrecklich ernstes Gesicht. Bestimmt, weil Sie Angst haben. Ist es das?»
    «Vermutlich. Ich habe nämlich normalerweise schon Sinn für Humor, Bruder Inspektor. Nur jetzt gerade nicht.»
    «Weil Sie Angst haben?»
    «Ja.»
    «Und wovor haben Sie Angst?»
    «Vor Ihnen, Bruder Inspektor. Sie verwirren mich.»
    «Seien Sie kein Esel, Doktor. Wissen Sie denn nicht, weshalb Sie hier sind?»
    «Nein», sagte der junge Mann.
    «Doch, das wissen Sie», erwiderte der Verhörbeamte. «Jeder, der hierherkommt, weiß, warum.»
    «Und warum bin ich hier?»
    «Weil Sie einen Fehler gemacht haben. Warum hätte man Sie sonst hierherbringen sollen? Der Geheimdienst irrt sich schließlich nie. Sie wissen, warum Sie hier sind, und meine Aufgabe ist es, Ihnen dieses Wissen zu entlocken.» Er strich sich über den Ziegenbart. An einem anderen Ort wäre er eine lächerliche Figur gewesen, ein iranischer InspektorClouseau. Doch hier, in dieser Situation, machte sein exzentrisches Benehmen ihn nur noch bedrohlicher.
    «Erzählen Sie mir etwas von Ihrem Studium in Heidelberg», sagte der Verhörbeamte.
    «Ich habe dem Ettelaat bereits alles gesagt, was ich darüber noch weiß, Bruder Inspektor. Mehrmals sogar. Als ich nach Hause kam, hat man mich ein ganzes Jahr lang einmal pro Woche befragt.»
    «Ja, das weiß ich. Aber das waren reine Routinefragen. Diese Befragung heute ist etwas Besonderes.»
    «Inwiefern, Bruder Inspektor?»
    «Weil Sie etwas Besonderes sind, mein Lieber. Ihr Wissen ist so wertvoll, dass alles Gold von Teheran es nicht aufwiegen kann. Deshalb bitte ich Sie, mir alles über Deutschland zu erzählen. Wer war dort Ihr bester Freund?»
    «Das habe ich doch schon alles erzählt. Ich hatte keine Freunde. Die deutschen Studenten mochten mich nicht.»
    «Ja, das habe ich alles in Ihrer Akte gelesen. Aber Sie haben in Deutschland eine Frau kennengelernt, nicht wahr?»
    «Ja. Sie hieß Eva.»
    «Richtig. Erzählen Sie mir von ihr.»
    «Da gibt es nichts zu erzählen, Bruder Inspektor. Auch das habe ich bereits erklärt. Sie war sehr schön. Ich wäre gern mit ihr   … na ja, Sie wissen schon   …»
    «Sie wären gern mit ihr ins Bett gegangen.»
    «Ja. Wahrscheinlich war das ein großer Fehler, weil sie keine Muslima war. Aber sie war die Einzige, die mit mir geredet hat. Ich habe sie hin und wieder in einem Café getroffen, und sie hat mit mir über den Iran gesprochen und sich meine Geschichten angehört. Ich war damals sehr einsam.»
    «Hatte sie große, feste Brüste?»
    Der junge Wissenschaftler zuckte zusammen. War das etwa sein Verbrechen? Dass er gerne mit einer deutschen Physikstudentin ins Bett gegangen wäre?
    «Keine Ahnung. Möglich. Ich habe sie nie berührt. Eva wollte das vielleicht, aber ich hatte Angst vor ihr. Nach ein paar Treffen wollte ich sie nicht mehr wiedersehen. Sie hätte es gewollt, aber ich bin nicht unrein geworden, Bruder Inspektor. Ich wusste, dass es
haram
gewesen wäre, mit ihr zu schlafen. Deshalb habe ich es nicht getan.»
    «Auch das steht in Ihrer Akte. Alles.» Mehdi hielt inne und strich sich wieder über sein Ziegenbärtchen. Dann beugte er sich urplötzlich über den Tisch und sah den jungen Wissenschaftler mit funkelnden Augen an.
    «Wussten Sie, dass diese Eva Jüdin war? Wussten Sie, dass sie aus Israel kam?»
    Der junge Mann wurde mit einem

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