Der Einsatz
am meisten Kopfzerbrechen bereitet, Harry. Wenn Sie dort einen Fehler machen, könnte das erhebliche Konsequenzen haben. Im Irak geht es drunter und drüber, aber das ist deren Problem, nicht wahr? Verflucht kompliziert für die Leute dort unten, aber aus unserer Perspektive sieht die Sache ganz anders aus. Saddam ist weg, und die irakische Armee ist zerstört. Wozu sich also noch groß aufregen? Sicherlich nicht das ideale Ergebnis eines Krieges. Alles ein bisschen unsauber, wohl wahr. Aber umbringen tut es uns nicht.»
Plumb machte eine Pause, nahm einen Schluck Wein und sprach mit deutlich leiserer Stimme weiter.
«Der Iran hingegen ist eine vollkommen andere Angelegenheit. Wenn Sie einen Krieg mit dem Iran anfangen, Harry, dann haben wir die nächsten dreißig Jahre damit zu tun, uns wieder aus dem Schutt herauszugraben. Der Premierminister ist ziemlich nervös. Mehr noch, eigentlich ist er fast schon in Panik. Sie werden doch keinen Krieg mit dem Iran anfangen, oder?»
Harry war sich nicht sicher, wie er diese Frage beantworten sollte. «Ich weiß es nicht», sagte er nach kurzem Nachdenken. «Ich hoffe nicht, aber ich kann es nicht ausschließen. Der Präsident schwankt hin und her, wie Sie schon sagten. Man kann nie wissen, welche Richtung er als nächste einschlagen wird.»
Der Kellner kam mit dem Käsewagen. Sir David wähltevier verschiedene Sorten, die von mild bis kräftig auf seinem Teller angerichtet wurden. Erst ein reifer Camembert, dann ein mit Pfeffer bestreuter Ziegenkäse, ein scharfer irischer Cheddar und schließlich ein großes Stück Stilton. Als Sir David den Käse betrachtete, huschte kurz ein zufriedenes Lächeln über sein ernstes Gesicht.
«Verstehen Sie, dass wir uns keinen weiteren amerikanischen Fehler leisten können, Harry? Es kostet uns einfach zu viel. Wir schwimmen in Ihrem Kielwasser wie der treue kleine Bruder und helfen Ihnen nach jedem Missgeschick, die Trümmer wegzuräumen. Aber ich bin mir nicht sicher, wie lange wir noch dazu bereit sind. Diese ‹besondere Beziehung› tut uns nicht gut, verstehen Sie?»
Plumb machte eine Pause und probierte den Camembert, der so weich war, dass er bereits auf dem Teller zerfloss. Danach widmete er sich dem Ziegenkäse und dem Cheddar, während Harry darüber nachdachte, was er ihm antworten sollte.
«Sie bauen eine Atombombe», sagte Harry schließlich. «Das wissen wir aus iranischer Quelle. Zurzeit arbeiten sie am Zündmechanismus. Darüber haben Adrian und ich vorhin gesprochen. Deshalb bin ich hier.»
«Jaja», sagte Sir David. «Ich habe davon gehört. Ihr Direktor hat mich gestern Abend angerufen. Aber selbst wenn das der Wahrheit entsprechen sollte, möchte ich mir eine ketzerische Anmerkung erlauben: Na und? Alle Welt will heute die Atombombe, und wir haben keinen sonst davon abgehalten. China, Indien, Pakistan, sogar Nordkorea. Sie alle haben ihre Atombomben, und man höre und staune: Keiner von ihnen denkt daran, sie einzusetzen. Nur beim Iran scheinen gewissePersonen im Weißen Haus zu glauben, die Bombe mit einem militärischen Einsatz verhindern zu müssen. So haben uns das jedenfalls unsere – verzeihen Sie den Ausdruck – Spione zugetragen. Sie aber sind ein Mann, dessen Urteil ich vertraue. Ein Mann mit der nötigen Lebenserfahrung. Deshalb frage ich Sie jetzt ganz direkt: Wird Amerika wieder in den Krieg ziehen? Die Antwort auf diese Frage ist sehr wichtig für uns.»
Harry schüttelte den Kopf. Dieses Gespräch brachte ihn in einen Loyalitätskonflikt. Die Briten taten ihr Bestes, einen vergessen zu lassen, dass sie eine fremde Nation waren. Sie fütterten einen mit Lammkoteletts und guten Weinen und einem kleinen Nachtisch und baten einen dann, dem unschuldigen kleinen Vetter so mir nichts, dir nichts seine tiefsten Geheimnisse anzuvertrauen.
«Ich weiß die Antwort leider auch nicht», erwiderte Harry. «Es gibt eine Gruppe um den Präsidenten, die eine Konfrontation mit dem Iran anstrebt, und eine andere, die das nicht will. Als Nächstes haben wir den Kongress, der einerseits die Schnauze voll hat vom Krieg, andererseits aber auf die Israelis hört. Und die Israelis sagen, wir müssen den Iran angreifen, bevor es zu spät ist. Und dann ist da noch der Präsident, der so angeschlagen ist, dass man sich wundert, wie er überhaupt noch aufrecht stehen kann. Sagen Sie mir, wie das alles zusammenpasst, und ich sage Ihnen, ob wir gegen den Iran in den Krieg ziehen.»
Sir David war mit seinem letzten Käse
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