Der Einsatz
Erfindungen machen, mein Freund, wenn das Ihr Wunsch ist.
Harry fügte noch einen letzten Satz auf Persisch hinzu.
«Yek donya mamnoon.»
Tausend Dank.
Fox las die Nachricht sorgfältig durch. «Können Sie das nicht ein wenig präziser ausdrücken?»
«Noch nicht. Wenn wir es schaffen, ihn nach Dubai oder Istanbul zu bringen, dann können wir deutlicher werden. Außerdem arbeite ich daran, in Teheran Kontakt mit ihm aufzunehmen.»
«Wir haben keine Zeit für solche Spielchen, Harry. Uns läuft die Zeit davon. Was soll überhaupt der Unsinn mit den Röntgenstrahlen? Das interessiert uns nicht.»
«Aber mich interessiert es. Das ist ein Versuchsballon.»
«Was für ein Versuchsballon?»
«Wenn er in Teheran Fragen nach Röntgenstrahlen stellt, hört dort womöglich eine bestimmte Person davon, die dann wiederum uns informiert. Und wenn das der Fall ist, wissen wir, wer unser Doktor Ali ist.»
«Ach so», sagte Fox. Er dachte eine Weile nach und kam dann zu dem Schluss, dass sie im Moment nichts Besseres tun konnten.
«Legen Sie los», sagte er.
Harry speicherte die Nachricht in dem Ordner, den Doktor Ali ihnen genannt hatte. Damit war sie weg, und niemand konnte sagen, wo sie in Wirklichkeit gelandet war.
13 Teheran
Mahmoud Azadi rutschte nervös auf dem Rücksitz eines Taxis der iranischen Marke Paykan hin und her, das durch den dichten Nachmittagsverkehr nach Norden fuhr. Die Kordestan-Autobahn war so breit und schnell wie die Highways von Los Angeles – einer Stadt, die Teheran insgeheim zu imitieren schien –, doch als das Taxi die Valiasr-Straße erreichte, ging es nur noch langsam voran. Der Fahrer fragte, ob sein Fahrgast lieber persische oder türkische Musik hören wolle, aber Azadi sagte, das sei ihm egal. Das Taxi hielt, um einen weiteren Fahrgast aufzunehmen, eine Frau, die allein unterwegs war, und Azadi setzte sich auf den Beifahrersitz, so wie der Anstand es erforderte.
Mit seinen Gedanken war er ganz woanders. Er ärgertesich, weil er nach Teheran fahren und die Briten treffen musste. So war das nicht vereinbart gewesen. Sie hätten in Katar oder Dubai mit ihm sprechen sollen oder ihn über diesen seltsamen Nachrichtenapparat kontaktieren, den er sich vor vielen Monaten hinter einem Gebüsch im Lazivan-Park abgeholt hatte. Irgendetwas Schlimmes musste passiert sein, nur so konnte er sich das erklären. Als Azadi am Tag zuvor die Nachricht erhalten hatte, war ihm so schlecht geworden, dass er sich hatte übergeben müssen. Diese Reaktion sagte alles über seine Eignung zum Spion.
Der Septembersmog hing wie eine giftige Wolke über der Stadt. Durch den Dunst konnte er nicht einmal das nahe Elburs-Gebirge erkennen, wo er in den letzten Tagen des Schah-Regimes geboren worden war. Er hatte Glück, dass sein Vater ein religiöser Mann mit den richtigen Freunden im Bazar gewesen war, sonst hätte seine Familie in der Revolution vermutlich einen sozialen Abstieg erlitten, und er wäre heute der Taxifahrer, nicht der Fahrgast.
In der Valiasr-Straße staute sich der Verkehr. Aus allen Richtungen fuhren die Autos in die Straße ein und kamen nur noch zentimeterweise voran. Dabei hupten ihre Fahrer wie besessen und hätten ihr Leben hingegeben, nur um eine Wagenlänge voranzukommen. In Utrecht, wo Azadi studiert hatte, war das nicht so. Dort gab es effektive Regeln, und nicht nur für den Verkehr. In Utrecht hielten die Autos an jeder roten Ampel, die Fahrer schimpften nicht aufeinander ein, und das Motto der Universität lautete: «Sol Iustitiae Illustra Nos» – Die Sonne der Gerechtigkeit erleuchte uns.
An der Ecke zur Satari-Straße stieg Azadi aus. Der Taxifahrer sagte, er wolle für die kurze Fahrt kein Geld, aber natürlichmeinte er das nicht so. Azadi gab ihm in seiner Nervosität fünf Toman, was eindeutig zu viel war. Die Wohnung, zu der ihn die Briten bestellt hatten, lag zwei Straßen weiter nördlich, in der Foroozan-Straße. Azadi ging langsam und blickte hin und wieder in ein Schaufenster, um an der Spiegelung in der Scheibe zu erkennen, ob er verfolgt wurde. So hatten es die Engländer ihm beigebracht. Da war tatsächlich jemand hinter ihm, ein Mann mit Sonnenbrille, der genauso langsam ging wie er. Azadis Magen krampfte sich abermals zusammen, so wie am Abend zuvor, und er hatte Angst, sich wieder übergeben zu müssen. Der Mann mit der Sonnenbrille blieb eine Weile hinter ihm, dann hielt er an der Ecke zur Foroozan-Straße an und begann Zeitung zu lesen. So was tat
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