Der Einsatz
irgendetwas schiefgeht, trifft es Jackie zuerst. Das ist nicht ganz leicht für mich.»
Adrian blickte kopfschüttelnd zu Boden. Er wirkte sichtlich verstört.
Harry kam ein Gedanke. Er wollte ihn beiseiteschieben, das wollte jedoch nicht recht funktionieren.
«Du bist doch nicht etwa …», setzte er an.
«Was?»
«Du bist doch nicht etwa … mit ihr liiert?»
«Du meinst, ob ich mit ihr schlafe, Harry? Ist es das, was du wissen willst?»
«Ja, ich denke, genau das will ich wissen.»
«Ich werde dir nichts Näheres darüber verraten, alter Junge, nur das Folgende. Wie ich dir neulich schon beim Essen erklärt habe, ist das Leben nun mal ziemlich kompliziert.
Shit happens
, wie ihr Amis zu sagen pflegt. Und wenn die Kacke erst einmal am Dampfen ist, dampft sie auch so richtig. Wir sind hier nicht in Amerika, Harry. Wir, mein Freund, sind noch nicht mit eurem ach so politisch korrekten Umerziehungsvirus infiziert. Bei uns wird noch auf Teufel komm raus im eigenen Revier gewildert. Hier in Großbritannien gilt die Devise ‹Leben und leben lassen›. Verstehst du, was ich dir damit sagen will?»
«Sicher», erwiderte Harry. «Tu, was du nicht lassen kannst. Ich will nur nicht, dass es Komplikationen bei unserem Einsatz gibt.»
«Es ist mein Einsatz», sagte Adrian. «Und es wird keine Komplikationen geben.»
Als sie wieder im Wagen saßen, schwieg Harry erst einmal. Die Begegnung mit der schönen Frau und Adrians Geständnis hatten sie beide ziemlich erschüttert, und Harry wollte sich und seinem alten Freund Zeit geben, sich zu beruhigen. Das alles ging ihn ja eigentlich nur insofern etwas an, als Adrian ihm eben am Herzen lag. Harry spürte, dass der britische Agent bei all seinem beruflichen Können auf Abwege geraten war. Er musste an Susan denken, Adrians Frau, die Harry immer für die perfekte Partnerin für seinen Freund gehalten hatte. Sie war klug, geistreich und konnte, wenn nötig, auch sarkastisch sein. Eindeutig eine Frau fürs Leben, zumindest nach Harrys Meinung. Doch manche Leute brauchten ebenKomplikationen im Leben und konnten zu viel Glück nur schlecht ertragen. Solche Leute suchten die Gefahr, eine Geliebte an der Schwelle zum Wahnsinn, die sie in ihren Bann zog und sie gnadenlos aussaugte, bis sie nicht einmal mehr jenen Trieb verspürten, der sie überhaupt dazu gebracht hatte, ihr Glück aufs Spiel zu setzen. Adrian schien weniger auf der Suche nach Liebe zu sein als vielmehr auf der Suche nach Abenteuer.
Nach und nach ließ die Spannung zwischen ihnen nach, bis sie schließlich wieder über den Einsatz reden konnten. Harry bat Adrian, vor einem Getränkemarkt zu halten, und kaufte ein paar Bier, die sie im Auto trinken konnten. Es gab keinen sichereren Ort, um geheime Pläne zu erörtern. Sie besprachen, was Harry brauchte, um seinen iranischen Agenten zu kontaktieren, und wie Adrian und sein Team ihm dabei behilflich sein konnten. Harry machte sich ein paar Notizen, fragte sich dann aber, ob es klug wäre, diese mit zurück in die USA zu nehmen. Immerhin stellten sie belastendes Material dar. Vielleicht war genau dieser Kitzel ja seine Suche nach dem Abenteuer. Seine lebenslange Ehe mit der CIA war schal geworden, und jetzt brauchte er zur Abwechslung mal etwas Schärferes.
«Das geht mich ja nichts an», sagte er zu Adrian, «aber wer sind diese Leute eigentlich? Ich meine, zu wem gehören sie? Gibt es dieses geheimnisvolle
Increment
wirklich, oder ist das einfach nur ein hübscher Name für etwas, das gar nicht existiert?»
«Von der Ausbildung her sind sie allesamt auf Sondereinsätze spezialisiert. Die meisten gehören zum Special Air Service, unserem hochgeschätzten SAS, aber es sind auch einpaar Leute von der Marine darunter, die zum Special Boat Service gehören. Wir können sie für ganz spezielle Missionen anfordern, und dann tun sie, was wir sagen, selbst wenn sich der Befehl jenseits sämtlicher Vorschriften bewegt. Sie erledigen, was nötig ist, und danach verlassen sie uns wieder. Aber wenn man erst mal die richtigen Leute beieinanderhat, wollen sie vielleicht gar nicht mehr zurück. Sie wollen bis in alle Ewigkeit James Bond spielen. Wenn du mich also fragst, ob das
Increment
tatsächlich existiert, muss ich dir antworten: Ja und nein.»
«Es lässt sich also jederzeit verleugnen.»
«Aber selbstverständlich. Ist das nicht wunderbar, Harry? Es gibt doch sowieso viel zu wenig echte Geheimnisse in unserer Welt. Um unser Blut ein bisschen in Wallung zu
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