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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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bewachten Tor nähern, das zum Parkplatz der Flugzeugbesitzer führt, doch Argent läßt nicht das kleinste Anzeichen der Unruhe erkennen.
    Die Augen des Wachpostens glitzern unnatürlich im wäßrigen Schein der Nachmittagssonne, und ich sehe das Glasfaserkabel, das von seiner Datenbuchse zum Computer an seinem Gürtel verläuft. Er sieht uns an, und unsere Bilder werden von seinen Cyberaugen direkt zum Computer und von dort aus wahrscheinlich zu irgendeinem Analyse-/Erkennungssystem in einem der umliegenden Gebäude übermittelt. Das bestmögliche Ergebnis ist, daß zwischen uns und der Datenbank der hier zugangsberechtigten Personen keine Übereinstimmung besteht. Im schlechtesten Fall läßt mein Bild alle möglichen Alarmglocken klingeln, und von da an geht es dann steil bergab.
    Ich hätte mir die Aufregung genausogut für etwas Wichtiges sparen können - zum Beispiel den bevorstehenden Flug. Der Wachposten mustert uns kurz, richtet den Blick einen Augenblick lang in die Unendlichkeit und nickt dann Argent mit viel mehr Hochachtung zu, als er ihm noch einen Augenblick zuvor zugestanden hat. »Fahren Sie direkt durch, Sir«, sagt er. »Sie wissen ja, wo Sie parken können.«
    Argent lächelt zur Erwiderung - das perfekte Ebenbild eines hochrangigen Konzernpinkels, dem von einem Untergebenen der ihm gebührende Respekt gezollt wird - und fährt weiter. Ich frage mich, welche Identität der Computer ausgespuckt hat, nachdem er Argents Bild überprüft hatte, aber ich werde mich nicht demütigen und danach fragen. Ich schätze, für heute bin ich schon genug gedemütigt worden.
    Als der Runner mir sagte, er hätte ein Flugzeug organisiert, habe ich mir irgendein heruntergekommenes einmotoriges Propellerflugzeug vorgestellt, das ungefähr so alt ist wie ich, wenn nicht älter. Eine Piper Club vielleicht, oder eine verdammte Comanche von der Jahrhundertwende. (Als Kind habe ich alles über Flugzeuge, alte und neue, gelesen, was ich in die Finger kriegen konnte. Eigentlich nicht als Hobby, sondern in dem Versuch, die irrationale Angst zu überwinden, die ich schon immer vor dem Fliegen hatte. Hat übrigens nicht funktioniert.) Als wir an den Hangars vorbeifahren, sehe ich genug von diesen überholten Flugzeugen, Todesfallen, die aussehen, als würden sie nur noch von Kaugummi, Klingeldraht, Klebestreifen und positivem Denken zusammengehalten.
    Doch Argent hält nicht an. Statt dessen fährt er weiter, und wir begegnen jetzt auch Flugzeugen, die auf den sozioökonomischen, chronologischen und Zuver-lässigkeits-Skalen weiter oben rangieren. Cessnas und Fiat-Fokkers, die erst zehn oder zwanzig Jahre alt sind, lösen scheintote De Havillands ab, und mir wird langsam etwas wohler hinsichtlich der ganzen Sache.
    Und er hält immer noch nicht an. Statt dessen biegt er nach rechts ab, und jetzt sind die Flugzeuge, die wir passieren, ein oder zwei Jahre alt, wenn überhaupt. Lear-Cessna Turboprops der Exec-Klasse und Agusta-Cierva ›Plutocrat‹ Rotormaschinen stehen neben Drek, den ich noch nie gesehen habe, wobei die meisten Vögel mit irgendwelchen Konzernemblemen geschmückt sind. Der Runner wird doch wohl nicht etwa einen ganz bestimmten Deal für diesen Transport abgeschlossen haben?
    Doch nein, vor uns kann ich erkennen, womit wir fliegen werden, und plötzlich ist meine alte Angst wieder da und krallt sich in meinen Magen. Nicht, daß es ein altes Schätzchen von einem Flugzeug wäre. Absolut nicht. Es ist ein brandneuer McDonnell-Douglas Merlin, ein kleiner, schlanker Vetter des Federated-Boeing Computer. Es ist eine Kipprotormaschine mit zwei Turboprops, deren Konstruktion offenbar auf einem Design der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts namens Osprey beruht, einem Senkrechtstarter, der von horizontalem auf vertikalen Flug umschaltet, indem er die Flügel dreht und damit die Propeller in helikopterähnliche Rotoren verwandelt.
    Drek, jeder Stadtbewohner in Nordamerika kennt den Computer. Und jeder weiß, wie unzuverlässig er ist - natürlich entgegen den Behauptungen des Herstellers - und wie anfällig für Leistimgsverlust während des Wechsels vom horizontalen in den vertikalen Flug und umgekehrt. Vor langer Zeit habe ich mir geschworen, nie mit einem Computer zu fliegen, und jetzt soll ich in den kleineren - und noch unzuverlässigeren - Merlin steigen. Einfach Sahne, und dafür will ich dir echt aus tiefstem Herzen danken, Argent.
    Natürlich versuche ich auch hier, mir mein Unbehagen nicht anmerken zu

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