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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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lassen. Ich richte den Blick auf die blauweiße Maschine und versuche mich auf die beiden Techs oder Mechaniker im Overall zu konzentrieren, die an der Maschine herumfummeln. Um mich von Statistiken über Abstürze und Todesopfer abzulenken. Ich versuche das rechteckige Logo auf dem Rumpf auszumachen.
    »Mach dir keine Sorgen wegen der Konzernzugehörigkeit«, meldet sich Argent, der wieder in seine alte Routine des Gedankenlesens verfällt. »Yamatetsu hat die Maschine vor einer Weile an einen Chummer verkauft, und sie ist noch nicht dazu gekommen, das Logo zu überpinseln.« Aha. Und ich frage mich, ob sie je dazu kommen wird, den Radartransponder zu ändern, so daß sie unter Zivilflugzeug und nicht unter Konzernflugzeug firmiert.
    Agent parkt in der Nähe des Merlin, und wir steigen aus. Ich sehe Bewegung in der offenen Luke, dann taucht eine Gestalt auf. Eine Elfe, doch kleiner und breiter als der durchschnittliche Vertreter ihres Metatyps. Zuerst halte ich sie für fett, ändere meine Meinung jedoch, als sie die Leiter heruntersteigt. ›Angenehm gepolstert‹ ist vielleicht eine bessere Beschreibung. Ihr Gesicht ist ebenfalls breiter als das des typischen Elfs, und ihre Augen und stachelig geschnittenen Haare sind dunkel anstatt hell. Aber sie hat die Elfenohren, und ihr Lächeln beim Anblick Ar-gents hat etwas an sich, das ich nicht näher bezeichnen kann, das aber, soweit es mich betrifft, ihren Me-tatyp vollauf bestätigt. Sie trägt einen formlosen schwarzen Overall mit viel zu vielen Taschen, die anscheinend alle mit irgendwelchem Zeug vollgestopft sind.
    »Hoi, Argent«, ruft sie, und ihre Stimme und das breite Grinsen erinnern mich an ein Kind mit einem neuen Spielzeug.
    »Hoi, Raven.« Er nimmt die dargebotene Hand, und sie schütteln sich die Hände wie alte Chummer.
    Nun, da ich sie aus der Nähe sehe, versuche ich das Alter dieser Raven zu erraten. Ihrer Stimme und ihren Bewegungen nach zu urteilen, hatte ich sie zunächst auf etwa zwanzig geschätzt. Jetzt lege ich jedoch noch zehn, vielleicht sogar fünfzehn Jahre drauf. Ihr Gesicht ist wettergegerbt, und um die Augen zieht sich ein dichtes Faltennetz. Ihre Modifikationen sehe ich jetzt erst, drei Datenbuchsen, je eine in den beiden Schläfen und eine dritte, die wegen der rosa und zart aussehenden Haut darum herum ziemlich neu aussieht, auf der rechten Seite direkt über dem Kiefergelenk. Wahrscheinlich ganz auf Rigger ausgelegt. Man trifft nicht viele Decker, die abgelegte Konzernflugzeuge kaufen und fliegen.



»Ist lange her«, sagt Raven mit strahlendem Lächeln zu Argent. »Du mußt mich mal besuchen, wenn es nicht geschäftlich ist, okay?«
    Argent erwidert das Lächeln, und der Ausdruck in seinen Augen ist entspannter, als ich es je bei ihm gesehen habe. Ganz sicher alte Chummer. »Okay, ich verspreche es.« Er erinnert sich an mich und deutet auf mich. »Raven, das ist Wolf.«
    Die Elfe streckt die Hand aus, und ich nehme sie. Der feste Griff, die Kühle und die Konsistenz ihrer Haut verraten mir, daß die Datenbuchsen nicht ihre einzigen Modifikationen sind.
    »ihr habt euch einen schönen Tag ausgesucht«, verkündet sie mit einem Blick zum Himmel. »Kaum Wolken, gute Sicht.« Sie grinst mich an. »Bereit für einen kleinen Rundflug?«

    Raven ist eine geschickte Pilotin, das will ich ihr gern zugestehen. Jedes Manöver, das der Merlin fliegt, läuft glatt wie Kunstseide, perfekt kontrolliert, und nie hat man das Gefühl, daß sie gegen die Maschine kämpft oder sie zu irgendwas zwingt. Im Gegenteil, man hat eher das Gefühl, als wäre alles ganz natürlich, weil das eben das ist, was Flugzeuge tun, und wir flögen nur mit. Selbst der Übergang zwischen vertikalem und horizontalem Flug - wenn sich die Tragflächen drehen, um sich von Rotoren in Propeller zu verwandeln - verlief so glatt und stabil, daß ich nichts davon bemerkte und erst ein paar Sekunden später darauf aufmerksam wurde, als sich unsere Flugrichtung geändert hatte. Zum erstenmal, seitdem ich den Merlin gesehen habe, läßt meine Angst ein wenig nach.
    Nicht, daß es beruhigend gewesen wäre, Raven bei der Arbeit zuzusehen. Klar, ich bin schon in Flugzeugen geflogen, die von Riggern gesteuert wurden - das gilt für jeden, der schon an Bord eines suborbitalen oder semiballistischen Flugzeugs war -, aber das bedeutet nicht, daß ich im Cockpit war und den Piloten beim Fliegen beobachtet habe. Und jetzt bin ich richtiggehend froh darüber. Ich sage Ihnen, es hat etwas

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