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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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Lone Star-Akademie gingen, und dann später wieder, als ich mich mit der Straße vertraut machte und lernte, dort zurechtzukommen. Nachdem wir in den Westen versetzt wurden, machte sie sich einen Namen im Datenmanagement der Abteilung Organisiertes Verbrechen bei Lone Star. Sie heißt Catherine Ashburton, läßt sich gerne Cat nennen und ist umwerfend, war es immer und wird es immer sein. Zierlich ist, glaube ich, die treffende Bezeichnung: Sie ist kaum größer als einen Meter fünfzig, wiegt knapp fünfzig Kilo, und der Großteil davon entfällt auf ihre Möpse. Glattes, kurzes kupferrotes Haar, die Farbe, bei der man meint, in Smaragdgrün müsse sie heiß aussehen. Doch statt dessen trägt sie immer Preiselbeerrot und gewisse Pinktöne und sieht aus, als sei sie gerade der Titelsequenz eines Mode-Trids entsprungen. Ihre Augen haben heute einen tiefvioletten Farbton.
    Cat ist genauso gekleidet wie eine aus den Scharen grellbunter Sekretärinnen, die in der Mittagszeit und nach der Arbeit um die Wolkenkratzer herumflitzen und versuchen, die Barracuda-Manager abzuwehren/anzuziehen. Eine Jungfrau aus dem Eise, unnahbar, es sei denn, man hat einen Monatsverdienst von acht K aufwärts. Dann scheinen sie plötzlich nur noch aus Gekicher und Lächeln und unausgesprochenen Einladungen zu bestehen. Andererseits besteht meine einzige Möglichkeit, acht K im Monat zu verdienen, darin, meine Familie in die Sklaverei zu verkaufen und dann den Haupttreffer in der Lotterie zu landen. Sie sieht mich auf sich zu schlendern und erstarrt.
    Also schwinge ich mich natürlich auf den Barstuhl direkt neben ihr und mustere sie vom kupferfarbenen Kopf bis zu den Stilettoabsätzen an ihren Füßen. »Einen doppelten Espresso«, schnauze ich den Mann hinter der Bar an, ohne den Blick von der appetitlichen Braut neben mir abzuwenden. Cat spielt ihre Rolle perfekt. Alles an ihr zeigt ihren innerlichen Aufruhr - sie fürchtet sich vor dem Straßenmonster neben sich, hat jedoch mindestens ebensoviel Angst, daß mich eine falsche Bewegung oder Reaktion provozieren könnte. Einen Moment lang begegnen sich unsere Blicke, und ich sehe ein Aufblitzen kühler Belustigung. Es macht ihr Spaß, aus dem Büro heraus und aufs Schlachtfeld zu kommen. Und wer weiß? Vielleicht hat sie ja ganz tief drinnen auch nichts dagegen einzuwenden, mich wiederzusehen.
    Mein Espresso kommt. Der Barista hinter der Maschine arbeitet mit Höchstgeschwindigkeit und führt meine Bestellung schnell aus, damit ich möglichst schnell wieder gehe. Ich stürze die kleine Tasse bitteren Kaffees hinunter und schiebe sie dem Barmann zu. »Noch einen«, sage ich zu ihm.
    Ich betrachte Cat noch einmal von oben bis unten, wobei ich ein raubtierhaftes Straßengrinsen aufsetze, während ich mich auf den Austausch vorbereite. Diese Treffen haben zwei Funktionen. Zum einen liefere ich meinen Bericht darüber ab, was seit dem letzten Meeting bei den Cutters abgelaufen ist, und zum anderen nehme ich neue Anweisungen von meinen Vorgesetzten entgegen. Anweisungen? Tatsächlich beschränken sie sich in der Regel auf etwas wie: »Halten Sie sich bedeckt und berichten sie weiter.« Vielleicht ist es in diesem Zeitalter der Spitzentechnologie und der hohen Erwartungen ein wenig überraschend, daß diese Dinge über ein persönliches Treffen abgewickelt werden, aber es ist einleuchtend, wenn man darüber nachdenkt.
    Zunächst einmal bin ich, wie ich schon sagte, ein Nullhead, ein Nichtdecker. (Wenn ich Tech, Ausbildung und Neigung besäße zu decken, wäre alles anders.) Damit sind meine Handlungsmöglichkeiten in der Matrix beschränkt. Nur weil mich ein paar Soldaten der Cutters für einen Techno-Freak halten, heißt das noch lange nicht, daß ich tatsächlich einer bin. Es ist nur so, daß ich im Vergleich zu ihrem Computer-Analphabe-tentum geradezu brillant wirke. Tatsächlich ist jedoch das Einschalten in die UOL und das Einschleusen umstrittener Botschaften so ungefähr das einzige, was ich in dieser Beziehung kann. Die Cutters haben selbstverständlich ihre eigenen Decker - ein paar arbeiten für Musen, den Buchhalter, ein oder zwei in Fahds Geschäftsentwicklungsimperium und weitere ein oder zwei direkt für Blake. Ich kann es nicht beweisen, aber ich habe den starken Verdacht, daß ein paar von ihnen manchmal überwachen, was ich tue, wenn ich mich in die UOL einschalte. Was nicht überraschend wäre. Blake wäre ein Dummkopf, wenn er einen Kommunikationskanal wie diesen nicht überwachen

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