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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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wandern können, bis ich so müde geworden wäre, daß ich idiotische Fehler gemacht und nicht mehr die nötige geistige Frische besessen hätte, um sie zu kompensieren. Einen Tag oder so in einer Absteige zu verbringen, schien mir die vernünftigere Alternative zu sein.
    Viel Schlaf habe ich sowieso nicht bekommen. Es war kurz nach 0430, bis ich endlich einen Wagen aufgebrochen hatte - mein Motorrad steht immer noch hinter einem Restaurant in Montlake, vorausgesetzt, niemand hat es bisher geschafft, Schloß und Sicherheitssystem zu knacken - und zum Tarislar-Bezirk in Puyallup fuhr. Ein Hauptargument für diesen Drekhaufen von einem Vorort war die Tatsache, daß er so weit weg von der Innenstadt ist, wie man kommen kann, ohne in das Salish-Shidhe-Territorium einzudringen, aber das war noch nicht alles, was mir vorschwebte, als ich nach Süden fuhr. Die Cutters sind zwar überall, aber in Ta-rislar sind sie nur minimal vertreten. Hinzu kommt, daß Lone Star in dieser elfischen Wohngegend kaum Streife fährt, so daß es sich im Moment um einen der sichersten Orte handelt, wo ich mich verkriechen kann.
    Tarislar ist ein Loch, lassen Sie sich von niemandem etwas anderes erzählen. Das Gebiet zwischen Kregersee und Hartssee war mal eine echt geschniegelte Wohngegend, habe ich gehört. Irgendwann um die Jahrhundertwende verwandelte sich die zuvor ländliche Gegend in eine ›Schlafzimmergemeinde‹, und die Apartmentblocks schossen wie Pilze aus dem Boden. Dann sackten die Immobilienpreise natürlich ein wenig ab, als der Mount Rainier ausbrach und Giftschlamm und anderen Drek auf die Gegend spie, die jetzt Höllenküche genannt wird. Die Preise sackten noch weiter, als sich die vorherrschenden Winde drehten und den Gestank der Küche - mit allen damit verbundenen Giften - nach Tarislar brachten. Die Leute zogen gerade noch rechtzeitig aus, um Platz für den Zustrom der Elfen zu machen, die nach der Nacht des Zorns nach Südosten drängten.
    Das ist heute also Tarislar, eine ›vorübergehende‹ Zuflucht für Elfen, die nie in der Lage waren, von hier wegzuziehen, eine Gegend verfallener, von Pennern bewohnter Häuser und Baracken, die auf Parks und Golfplätzen gebaut wurden. Entzückend.
    Dennoch war es, wie ich schon sagte, genau das, was ich suchte. Ich weiß nicht, warum, aber in den Reihen der Cutters gibt es kaum Elfen. Es könnte Rassismus sein, aber wahrscheinlich hat es mehr mit der Vorherrschaft der Elfen-Gangs in Tarislar zu tun. Nichtelfische Gangs können dagegen kaum anstinken. Lone Star ist ebenfalls eine in erster Linie menschliche Organisation, und das könnte sehr gut einer der Gründe für die geringe Polizeipräsenz in der Gegend sein - die sogar noch geringer ist als im übrigen Puyallup. Andererseits falle ich in Tarislar genauso stark auf wie eine heile Fensterscheibe, und jeder wird den Celenit - den »unterentwickelten Affenmensch‹ - auf der Straße bemerken. Doch zumindest spricht sehr viel dagegen, daß sie irgend jemandem von meiner Anwesenheit berichten, der ein Interesse daran hat, es zu erfahren.
    Also weiter im Text. Es war ungefähr 0430, als ich nach Tarislar kam, und knapp eine Stunde später, als ich endlich eine Absteige gefunden hatte, die mich aufnehmen wollte. Ich hatte keine große Auswahl, was der einzige Grund dafür ist, daß ich in diesem rattenverseuchten Flohzirkus gelandet bin, der sich Die Verheißung nennt. (Verheißung von Bettwanzen oder vielleicht einem netten Hautausschlag?) Ich lag also gegen 0540 endlich im Bett, um für zwölf Stunden segensreichen, ungestörten Schlaf zu finden...
    Der sich kategorisch zu kommen weigerte. Ja, klar, ab und zu bin ich eingedöst - jeweils für fünf oder zehn Minuten, bevor mich der Alptraum wieder weckte. Jedesmal derselbe verdammte Alptraum, eine Wiederholung des Hinterhalts auf dem Montlake Boulevard. Die Rakete trifft den Wagen, die Cops vom Taktischen Einsatzkommando sind auf dem Dach und auf der Straße. Cats Schreie, als sie bei lebendigem Leib verbrennt. Manchmal bricht der Wagen beim Einschlag der Rakete auseinander, und ich werde herausgeschleudert. Manchmal auch nicht, so daß ich im Wagen eingesperrt bin, während die Flammen um mich hochschlagen, mir Cats Schreie in den Ohren dröhnen und ich das zufriedene Grinsen der Cops sehen kann, die näher herankommen, um sich den Spaß anzusehen...
    Ich schüttle den Kopf, energisch. Sich auch nur an diese Alpträume zu erinnern, ist unerträglich. Ich sehe auf die Uhr - 1300

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