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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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sind, daß sie sich an einer Ecke treffen, das ist meine Meinung dazu.
    Und, hey, ist das nicht ein Gedanke?
    Ich widme mich wieder dem Taschensekretär und speichere die Textdatei sorgfältig ab. Dann sehe ich mir das Hilfssystem der kleinen Einheit an. Es gibt da einen kleinen Trick, den mir ein Chummer vor einem Jahr oder so gezeigt hat und der mir in dieser Situation wirklich helfen könnte. Natürlich nur, wenn der Sekretär das hat, was ich brauche. Ich wünschte, ich hätte tausend Nuyen extra bezahlt und die verdammte Bedienungsanleitung bekommen...

    Dieses öffentliche Telefon hat auch schon bessere Tage gesehen. Jeder freie Fleck ist mit Graffiti besprüht, die meisten davon in Englisch oder Cityslang, manche aber auch in dieser verdrehten Pseudosprache, die die Elfen Sperethiel nennen - einige davon sind sogar wirklich lustig (»Hilf der Polizei: Schlag dich selbst zusammen«), Das Metallgehäuse des Telefons ist verbeult, und die Beulen stammen unverkennbar von kleinka-librigen Kugeln. (Ich nehme an, die beruhigenden, ag-gressionsabbauenden Farbmuster, die immer auf dem Schirm erscheinen, wenn eine Verbindung hergestellt wird, haben in diesem Fall ihre Wirkung verfehlt.) Die Elektronik scheint jedoch noch zu funktionieren - abgesehen von der Videokamera, die ich selbst unbrauchbar gemacht habe.
    Es dauert eine Ewigkeit, bis die Verbindung zustande kommt. Was weiter keine Überraschung ist, echt nicht. Das Telefon ruft die Mobileinheit in meinem Taschensekretär an, der auf dem verwanzten Bett in Zimmer 2LR in der Verheißung liegt. Der Sekretär hält die Verbindung aufrecht und benutzt einen parallelen Kanal, um einen weiteren Anruf zu tätigen - das war das Leistungsmerkmal, nachdem ich so lange in den Hilfe-Dateien gesucht habe, Multiphontauglichkeit -, und zwar bei einer Nummer, die ich vor dem Verlassen der Absteige einprogrammiert habe. Wenn der Empfänger dieses zweiten Anrufs den Hörer abnimmt, koppelt der Sekretär die beiden Leitungen. Simpel (ja, klar).
    Und der Empfänger hebt ab. »Ja?«
    Ich höre einen Mischmasch aus Klicken, Summen und elektronischen Echos. Einen Moment lang befürchte ich, zuviel von dem Taschensekretär verlangt zu haben und daß er emsig dabei ist, sich kurzzuschließen und mein Bett in Brand zu setzen. Doch dann stabilisiert sich die Leitung. Nur audio, was bedeutet, mein Anruf könnte von einer Mobileinheit empfangen worden sein. »Ja?« wiederholt die präzise Stimme am anderen Ende der Leitung.
    »Ich bin's, Nicholas«, sage ich, und wie beim letztenmal warte ich darauf, daß er mir sagt, was Sache ist.
    »Richard«, erwidert Finnigan, und ich höre die aufrichtige Freude in seiner Stimme. Ich entspanne mich - er würde weder meinen Namen benutzen noch so freudig klingen, wenn er in Schwierigkeiten steckte. »Nichts liegt mir ferner, als einen Bekannten davon abzuhalten, am Telefon ein Schwätzchen mit mir zu halten, aber bist du wirklich sicher, daß das klug ist?«
    Ich muß grinsen. Als ich den alten Furz kennenlernte, dachte ich, diese geschraubte Art zu reden sei nur Schau. Nach kurzer Zeit wurde mir dann aber klar, daß er immer so redet und wahrscheinlich auch so denkt. »Klug genug.«
    »Anrufe kann man zurückverfolgen«, sagt er zweifelnd.
    »Von mir aus, das kümmert mich nicht«, stelle ich fest. Wenn der Drek wirklich zu dampfen anfängt, können IrrelKonzern, die Cutters oder der Star den Taschensekretär gerne haben, und sie sind auch herzlich eingeladen, sich Flöhe oder Wanzen oder sonstwas in der Verheißung einzufangen.
    Ich kann Finnigans Achselzucken beinahe hören. »Wie du meinst«, räumt er ein, aber seine Stimme klingt immer noch zweifelnd. Er seufzt. »Also gut. Welchem Umstand verdanke ich das Vergnügen dieses Anrufs?«
    »Zunächst mal Lightbringer Services Corporation«, antworte ich.
    »Ach?« Jetzt ist der Zweifel einer gewissen Neugier gewichen, und ich weiß, daß ich ihn am Haken habe. »Deinem Tonfall entnehme ich, daß du bereits weißt, daß Lightbringer tatsächlich existiert und keine Fassade ist?«
    »Du hast's erfaßt. Der Laden ist echt. Und er liegt mit Telestrian Industries Corporation im Bett.«
    »Tatsächlich?« fragt er mit mäßigem Interesse. »Nun, ich muß zugeben, daß ich darin wenig Bemerkenswertes erkennen kann. Viele Gesellschaften liegen, wie du es ausdrückst, ›mit Telestrian im Bett‹. TIC ist mit Abstand das aggressivste Konglomerat in Tir Tairngire, und seine Ambitionen gehen weit über die Grenzen

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