Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Damit war das Spiel vorbei.«
Wäre es Martina gewesen oder gar Leire, hätten sie gleich beim Hereinkommen ihres Vorgesetzten gemerkt, dass er eine Hundelaune hatte. Aber Roger Fort mangelte es an weiblicher Intuition, und er sprach Inspektor Salgado an, als dieser an seinem Schreibtisch vorbeikam.
»Inspektor, kann ich Sie mal sprechen?«
Héctor wandte sich um und schenkte ihm einen Blick, der für jeden nicht ganz so aufgeregten Menschen frustrierend gewesen wäre. Fort, dachte Héctor, hatte die wichtigste Eigenschaft der Superhelden und der Verrückten: Enttäuschung kannte er nicht.
»Klar«, antwortete er. »Worum geht’s?«
»Wir haben endlich eine Kellnerin gefunden, die Sara Mahler am Abend vor dem Dreikönigstag mit jemandem in einem Restaurant gesehen hat, in der Nähe der Metrostation. Bisher konnten wir noch nicht mit ihr sprechen, sie war verreist. Aber sie erinnert sich an sie, an Sara und ihre Begleitung. Sie meinte, es sei ein merkwürdiges Paar gewesen. Eine Blonde und eine Dunkelhaarige.«
»Eine Blonde? Eine Frau also?«
»Ja, Herr Inspektor. Die Kellnerin erinnert sich an nicht viel mehr, es war Dreikönigsnacht, das Restaurant war voll. Nur dass sie blond war und jung.« Und Fort traute sich hinzuzufügen: »Es könnte sich um Amanda Bonet handeln.«
Scheiße, dachte Héctor. Er hatte gehofft, Saras mysteriöse Begleitung trüge irgendwie zur Lösung des Falls bei.
»Noch etwas, Inspektor«, sprach Fort weiter. »Víctor Alemany hat mehrmals angerufen und nach Ihnen gefragt. Er war ziemlich verärgert und wollte mit dem Kommissar sprechen.«
»Der kann mich mal!«, rief Héctor, und Fort hätte sich fast schon entschuldigt. »Die können mich alle mal. Die glauben, sie könnten Katz und Maus mit uns spielen und uns dann noch mit ihren Anrufen beeindrucken. Jetzt ist Schluss.«
»Schluss?«
»Mit meiner Geduld, Fort.« Die schlechte Laune in Salgados Augen war nun endgültig Wut. »Diese Gruppe kriege ich schon klein. Morgen gehen wir beide zu Alemany Kosmetik und nehmen ein paar Leute fest. Nur um sie zu vernehmen. Dort in der Firma, vor ihren Kollegen, damit alle es mitbekommen.«
Fort musste an die Geschichten denken, die im Kommissariat über Salgado im Umlauf waren, hielt es aber für sein gutes Recht zu fragen:
»Und wen wollen wir festnehmen, Herr Inspektor?«
»Das stärkste Glied und das schwächste, Fort. Diese Dame mit Herrscherallüre und Manel Caballero. Und ich schwöre dir, ich kriege die Wahrheit aus ihnen heraus, und wenn ich sie vierundzwanzig Stunden am Stück verhören muss.«
LEIRE
36
Sie hätte das Treffen nicht vereinbaren dürfen, dachte Leire, als das Taxi sie am Eingang des Parks Jardines de la Maternidad im Viertel Les Corts absetzte. Sie hatte eine fürchterliche Nacht hinter sich und kaum geschlafen, geplagt von finsteren Träumen, in denen Ruth und Dr. Omar erschienen, wie sie leise miteinander sprachen, ohne dass sie es verstand. Irgendwann hatte sie genug von den Albträumen und war aufgestanden, gegen sieben, mit einem leichten Schwindelgefühl. Sie frühstückte, ausnahmsweise ohne Appetit, und obwohl sie sich versprochen hatte, es nicht zu tun, griff sie zum Handy und wählte die Nummer, die ihr dieser Unbekannte am Abend zuvor gegeben hatte.
Dort stand sie nun, vor einem Park, der im Sommer wunderschön sein mochte, im Januar aber etwas Düsteres hatte, wie eine verfallene Villa. Es war elf, auch wenn es genauso sechs Uhr nachmittags hätte sein können, so grau war der Tag. Eine tückische Kälte, ohne Wind oder Regen, entvölkerte eine Stadt, die solch extreme Temperaturen nicht gewohnt war. Sie wartete am Tor. Der Mann, den sie treffen sollte, würde sie wohl erkennen, sie selbst hatte nicht die geringste Ahnung, wie er aussah.
Mit einem Blick durch das Gitter fragte sie sich, warum er ausgerechnet diesen Park gewählt hatte. »Besser ein Ort unter freiem Himmel«, hatte er gesagt. »Da können wir in Ruhe sprechen.« Das sah sie auch so, doch jetzt fror sie trotz des dicken Mantels und wünschte sich, sie hätte irgendein Café vorgeschlagen.
Aber sie musste nicht lange warten. Fünf Minuten nach elf kam ein Mann um die Ecke, knapp über dreißig, und ging direkt auf sie zu.
»Leire Castro?«, sagte er und gab ihr die Hand. »Ich bin Andrés Moreno.«
Sie fühlte sich gleich erleichtert. Es war nichts Unheimliches an ihm, im Gegenteil, mit seiner normalen Statur und dem freundlichen Gesicht – fast zu freundlich, um attraktiv zu
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