Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Wind hereingefegt, der es vermochte, das Feuer zu löschen.
Bellver murmelte etwas Unverständliches, in einem etwas milderen Ton, und Salgado nickte, ohne ein Wort. Fort trat einen Schritt zur Seite, damit Inspektor Dídac Bellver hinausgehen konnte.
»Danke«, sagte Salgado. Und diesmal schaute er Fort sogar in die Augen.
19
»Und was tun wir jetzt?«, fragte César.
Bei der Besprechung hatte er immer das Gefühl gehabt, Sílvia warte nur darauf, mit ihm allein zu sein, um ihm etwas zu erzählen, aber er wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass die Sache so ernst war.
Sie antwortete nicht, und offenbar war auch nicht damit zu rechnen. Sie schien versunken in den Anblick des Teppichs, ein Billigteil von Ikea mit einem Kaffeefleck an der Ecke.
»Sílvia«, sagte er und tat einen Schritt vor, hin zu dieser Frau, die für alles eine Antwort zu haben schien, »hörst du mir zu? Ich verstehe nicht, warum du gewartet hast, bis sie gehen, ehe du es mir erzählst. Es betrifft sie genauso. Es betrifft uns alle.«
Sie sah ihn abrupt an, und für eine Sekunde wusste César nicht, ob der verächtliche Ausdruck in ihrem Gesicht dem schmutzigen Teppich galt, der Wohnung an sich oder ausschließlich ihm. Was Sílvia dann sagte, nahm ihm jeden Zweifel.
»Red keinen Unsinn. Ist dir nicht klar, dass einer von ihnen dahintersteckt?«
Einer von ihnen. Brais, Amanda und Manel waren vor zweieinhalb Stunden gekommen, wie verabredet. Brais Arjona hatte als Erster geklingelt, aber zum Glück für César erschien kurz darauf Amanda. Manel war der Vorletzte, und sie alle warteten, unbehaglich schweigend, auf Sílvia, fünfzehn lange Minuten, eine Ewigkeit, die für César mit einer Zigarette erträglicher gewesen wäre, hätte er denn eine gehabt. Soweit er wusste, rauchte niemand, so dass er, an einem Bier nippend, das Verlangen hinunterschluckte. Zumindest Brais tat es ihm gleich. Manel und Amanda hatten sein Angebot freundlich ausgeschlagen, und etwas anderes hatte er nicht in seinem Kühlschrank, der schon seit langem nicht mehr voll war. Als Sílvia schließlich kam, überraschend spät, tat César einen tiefen Seufzer, als hätte er die ganze Zeit den Atem angehalten oder stieße den Rauch einer Zigarette aus.
»Entschuldigt bitte«, sagte sie in einem Ton, den César ihr nicht ganz abnahm. »Dieses Viertel ist schrecklich. Nirgendwo ein Parkplatz.«
Alle fünf saßen nun rings um den Couchtisch: drei auf dem Sofa – Brais in der Mitte –, Sílvia in dem Sessel daneben und César auf einem der Stühle aus dem Esszimmer. Niemand sagte etwas, aus Trägheit oder vor Nervosität. Brais eröffnete schließlich das Feuer:
»Was tun wir jetzt?«
César warf einen komplizenhaften Blick zu Sílvia, doch als er merkte, dass sie das Spiel nicht mitspielte, ergriff er das Wort. Die Haltung von ihnen beiden war klar, sie hatten es in den letzten Tagen bis zur Erschöpfung besprochen.
»Wir sind hier, um es gemeinsam zu entscheiden, nicht wahr?« Und nach einer kurzen Pause: »Octavi habe ich neulich besucht. Er kann nicht kommen, aber er tut, was die Mehrheit beschließt.«
»Wie geht es seiner Frau?«, fragte Amanda.
Es war eine absurde Frage, denn alle wussten, wie es Octavi Pujades’ Frau ging. Auch hatten sie sich nicht getroffen, um Höflichkeiten auszutauschen.
César wollte schon antworten, dass alles seinen unvermeidlichen Lauf nehme, als Manel Caballero, an Sílvia gewandt, fragte:
»Entschuldigung, geht es Ihnen gut?« Er war der Einzige,der sie noch siezte, vielleicht, weil er um einiges jünger war, vielleicht auch, weil er bei seiner täglichen Arbeit im Labor kaum mit ihr zu tun hatte.
Alle schauten zu Sílvia Alemany, die tatsächlich sehr blass war, als wäre ihr etwas schlecht bekommen.
»Es geht mir gut, danke«, sagte sie, und beim Sprechen bekam ihr Gesicht wieder Farbe. »Noch besser ginge es mir, wenn ich mich nicht dauernd bei deinem Chef für dich einsetzen müsste. Nein, sieh mich nicht so an, Manel, du weißt genau, wovon ich spreche. In einer so heiklen Situation können wir am allerwenigsten gebrauchen, dass jemand unangenehm auffällt, meinst du nicht?«
César verbiss sich ein Lächeln. Das war die Sílvia, wie er sie kannte: eine Frau, die die Initiative ergriff, die nichts schreckte. Die sich klar und überzeugend ausdrückte.
»Brais hat eine Frage gestellt, und ich möchte mit einer anderen antworten«, fuhr sie fort, die Situation nun unter Kontrolle. »Welche Optionen, glaubst du, haben
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