Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
wir?«
Sie wartete ein paar Sekunden, damit alle die Frage verarbeiteten, und sprach weiter.
»Damals haben wir eine Vereinbarung getroffen, an die sich zumindest einige, und hier schließe ich mich ein, strikt gehalten haben. Offenbar muss ich euch daran erinnern, dass bisher niemand erfahren hat, was da oben passiert ist. Für mich steht fest, dass die Polizei Gaspars Fall abgeschlossen hat, und ich bin sicher, so wird es auch mit Sara sein, wenn wir nicht die Nerven verlieren.«
»Aber …«, fragte nun Amanda, »was ist mit den beiden passiert? Warum sind sie gestorben?«
Die Frage war so simpel, dass es allen die Sprache verschlug. Amanda hatte wie immer leise gesprochen, und eine rhetorische Frage war es offensichtlich nicht. César fühlte sich verpflichtet, ihr eine Antwort zu geben.
»Gaspar Ródenas war sehr niedergeschlagen, und trotzdem hat es mich überrascht, dass er so weit gegangen ist. Was Sara betrifft, es kann ein Unfall gewesen sein, vielleicht ist sie im falschen Moment ohnmächtig geworden.«
»Bitte, César, reden wir nicht um den heißen Brei«, sagte Brais. »Du hast hier im Zimmer doch keine Mikrofone versteckt, oder? Also dann Klartext.« Er machte eine Pause, bevor er weitersprach. »Wir haben da oben einen Pakt geschlossen, wie Sílvia richtig sagt. Und Gaspar Ródenas hat gleich einen Rückzieher gemacht. Wir haben es alle mitbekommen, haben ihm klargemacht, dass er Wort halten muss. War es nicht so?«
»So war es«, musste Sílvia zugeben.
»Bei Sara, glaube ich, liegt der Fall anders. Zumindest konnte ich bei ihr nicht das kleinste Anzeichen von Depression oder Gewissensbissen erkennen, auch wenn ich einräume, dass sie eine Frau war, aus der man nicht schlau wurde.«
»Das kann man wohl sagen«, entfuhr es Amanda, und alle drehten sich zu ihr um. »Ich meine, sie war sehr reserviert, sehr eigen. Wer weiß schon, was in ihrem Kopf vor sich ging.«
Amanda war anzusehen, dass das nicht alles verriet, was sie hatte sagen wollen, aber sie beließ es dabei. Wie mechanisch schob sie die Ärmel ihrer schwarzen Jacke hoch und gleich wieder herunter.
Brais hielt es nicht für den Moment, nachzuhaken.
»Mit anderen Worten, es besteht die Möglichkeit, dass Sara genau wie Gaspar dem Druck nicht standgehalten hat. Dass sein Tod der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Ich hatte nie den Eindruck, dass sie eine glückliche Frau war.«
César schaute zu Sílvia. Eigentlich hatten sie beide das Gespräch lenken wollen, doch Brais gab jetzt den Ton an, und bisher deckte es sich zumindest mit ihren Interessen. Sie stimmte mit einer fast unmerklichen Handbewegung zu.
»Ich will nicht kaltherzig erscheinen, aber was mich unter diesen Umständen besorgt und warum ich ein Treffen vorgeschlagen habe, ist nicht Gaspar, auch nicht Sara. Es sind die verdammten Fotos. Wer zum Teufel schickt sie? Was will er? Außerdem kann es ja nur einer von uns sein.«
Brais warf einen Blick zu Manel, vielleicht absichtlich, vielleicht auch nur, weil er neben ihm saß. Der Laboranalytiker reagierte jedenfalls gekränkt.
»Wenn du damit andeuten willst, dass ich solche Sachen schicke, hast du dich geirrt.« Er war rot geworden, und seine Stimme kippte leicht über. »Ich habe die Mail auch bekommen. Ich glaube, die einzige Person hier, die davon nichts wusste, ist Amanda. Erst ich habe es ihr erzählt.«
»Die Hälfte der Mails, die ich bekomme, lösche ich ungelesen«, erwiderte sie schneidend. »Aber du kannst sicher sein, wenn ich so etwas täte, hätte ich dafür gesorgt, mir selbst auch eine zu schicken. So blöd bin ich nicht.«
»He, he, jetzt nicht nervös werden«, ging César dazwischen. »Ehe wir uns gegenseitig beschuldigen: Du hast an eines nicht gedacht, Brais.« Es freute ihn sichtlich, auf etwas hinzuweisen, was der womöglich übersehen hatte. »Klar kann nur einer von uns das Foto gemacht haben, weiß der Himmel, wozu. Aber vielleicht hat er es jemandem gezeigt oder geschickt, einem Freund, einem Bekannten, dem Partner. So ungewöhnlich wäre das nicht. Der Anblick war ein Schock gewesen.«
Alle schüttelten den Kopf.
»Ich wäre nie auf die Idee gekommen, ein Foto zu machen, ich habe es auch keinem erzählt«, sagte Amanda. »Sara, die vielleicht ja … Ihr habt ja gesehen, wie sehr das Thema Tiere sie berührt hat.«
Brais ließ von seinen Überlegungen ab und ergriff wieder das Wort, in ebenjenem kategorischen Ton, der ihn auszeichnete.
»Wie dem auch sei, mit den
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