Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Haus aber, besah man sich die Werbung, alles setzte.
Sílvia Alemany war keine Jugendliche mehr und auchkeine Schönheit, dafür von einer natürlichen Schlankheit. Sie ähnelt ihrem Bruder, dachte Héctor, auch wenn es ihr an Charme fehlte oder ihre selbstgefällige Art dies verdeckte. Hatte er Víctor mit Michael York verglichen, erinnerte ihn seine Schwester vage an Tilda Swinton, eine Schauspielerin, die er, obwohl ihre Rollen ihn meist nervös machten, bewunderte. Ihm war bewusst, dass seine schlechte Laune vor allem von dem Gespräch mit Savall herrührte, doch diese höfliche und viel zu vernünftige Frau, die ihm dort am Tisch gegenübersaß, trug ihren Teil dazu bei.
Ihr Büro war alles andere als pompös, was ihn überrascht hatte. Es war eher spärlich möbliert und von einer Nüchternheit, die er bei einer Firma in der Kosmetikbranche so nicht erwartet hätte. Doch der Raum täuschte: Sílvia Alemany war ohne Zweifel keine einfache Frau.
»Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, womit ich Ihnen helfen kann, Inspektor. Nach Saras Tod stehen wir noch unter Schock. Tatsächlich wissen wir nur wenig vom Privatleben unserer Mitarbeiter. Ich hätte nie vermutet, dass Sara … so unglücklich war.«
»Viele Freunde hatte sie nicht, oder?«
Sílvia zuckte die Achseln, wie um zu sagen, das sei nicht ihre Sache.
»Ich habe keine Ahnung, ob sie draußen Freunde hatte oder nicht. Persönlich glaube ich, dass Sara keine Frau war, die mit ihren Arbeitskollegen Freundschaft schloss, aber das heißt nicht, dass sie woanders keine Freunde gehabt hätte.«
Natürlich. Dem konnte man schwerlich widersprechen.
»Und Gaspar Ródenas?«
Sílvia holte tief Luft, bevor sie antwortete.
»Inspektor Salgado, über Gaspar habe ich schon mit Ihren Kollegen gesprochen.« Ihre Stimme klang so ernst wie erschöpft. »Eine Verbindung zum Tod von Sara kann ich nicht erkennen.«
»Auch mir ist es noch nicht recht klar«, sagte Héctor, während er das Gruppenfoto aus der Mappe zog. »Trotzdem ist es zumindest seltsam, dass zwei der Personen auf diesem Bild gestorben sind, oder?«
Sie sah sich das Foto nicht einmal an.
»Ich würde es nicht seltsam nennen, Inspektor. Eher traurig.«
»Von wann ist das Foto?«
»Vom letzten Jahr, März oder April. Ich weiß nicht, was …«
Héctor unterbrach sie absichtlich.
»Betriebsausflug?«
»Ein paar Tage Teambuilding. Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen übersetzen soll.« Der herablassende Ton war wieder da.
»Ich weiß, was das ist, danke. Wie ich sehe, waren Sie auch dabei.«
Sie lächelte.
»Eine Leitungsfunktion innezuhaben bedeutet nicht, sich außerhalb des Teams zu stellen, Inspektor. Eher im Gegenteil. Im Laufe des Jahres organisieren wir mehrere solcher Programme, mit verschiedenen Angestellten.«
»Könnten Sie mir die Namen der anderen sagen?«
Sílvia schaute auf das Foto, als erinnerte sie sich nicht mehr genau an die Teilnehmer.
»Der dunklere hier, mit dem kurzen Haar, das ist Brais Arjona, Brand Manager der Linie Young. Neben ihm steht Amanda Bonet, verantwortlich für das Design.«
»Derselben Linie?«
»Ja, wenn auch nicht allein. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, dass Alemany Kosmetik in den letzten Jahren enorm gewachsen ist. Die ganze Aufmachung unserer Produkte war veraltet, und als wir Brais Arjona einstellten, bestand er darauf, das Packaging zu modernisieren. Er hat Amanda vorgeschlagen. Und natürlich hat sie sich direkt ans Design der neuen Pflegeserie gemacht.«
»Verstehe. Und die anderen?«
»Außer mir ist da noch César Calvo, verantwortlich für das Lager und den Vertrieb.« Auf dem Foto hatte César den Arm um ihre Schultern gelegt, so dass sie kühl hinzufügte: »Und mein Verlobter. In ein paar Monaten heiraten wir.« Worauf sie umstandslos fortfuhr: »Manel Caballero, der Jüngste, gehört zur Abteilung F und E, Forschung und Entwicklung.«
Für Héctor war es noch nicht entschieden, ob Sílvia Alemany ihm aus reiner Freundlichkeit gängige Begriffe erklärte oder um ihn zu ärgern. Jedenfalls ärgerte es ihn. Seinem genervten Blick schenkte sie, wenn sie ihn denn bemerkte, keine Beachtung.
»Octavi Pujades, der Älteste, ist seit Jahren unser kaufmännischer Leiter. Das war er schon, als mein Vater noch im Unternehmen war. Und die beiden anderen sind, wie Sie wissen, Gaspar Ródenas und Sara Mahler.«
»Wenn ich mich recht erinnere, war Gaspar in derselben Abteilung wie Herr Pujades, nicht? Ist es üblich, dass zwei Personen aus derselben
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