Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand

Vom Netzwerk:

mehr machen.
    Tut mir leid.
    Darauf kommt’s jetzt auch nicht mehr an.
    Er gab, wie immer, Trinkgeld, sie sagte, wie immer: Vielen Dank.
    Und jetzt los, weg hier, weg hier!

Die Nacht
    Flora, dieses sanfte Reh, beim Autofahren eine Berserkerin. Schon beim Ausparken trat sie mit einem Karacho aufs Gas, dass sie quietschend aus der Lücke herausschossen, gleich auf die linke Spur, aber sie fuhr auch rechts, je nachdem, wo es für den Moment leerer aussah, wechselte hin und her, ungeduldig, plötzlich, am Ende bauen wir noch einen Unfall. Kopp war auf das Mitbremsen konzentriert, was sie sagte, bekam er kaum mit. Sie redete, wie sie fuhr: in rasenden Stichpunkten.
    … Karo hat sich Ulysses geschnappt … Ben wegen der freien Tage … Überstunden, Trinkgelder … korrekt, transparent und zeitnah, wenn es möglich wäre … er ist der (nasal) Patron, also dann, bitte … seine Aufgabe … seit Jahr und Tag nicht während
ihrer Schicht, und er weiß, wieso … aber wenn ich das Maul aufreiße, profitierst du … du schuldest mir 8 Überstunden … immer zu spät … will keine Stunden von dir, will Geld … bleib gefälligst da, ich rede hier auch über deine Angelegenheiten … er hat schon angedeutet, dass wir einer zu viel sind … ist doch ein Witz … Melania hat gut lachen, sie fickt mit ihm … erlaube mal, das kannst du doch nicht sagen … du Mauerblümchen, du lässt dir alles gefallen, du wirst davon nicht noch ein besserer Mensch, wenn du jede Pflaume verteidigst, du hörst mir überhaupt nicht zu, oder?
    Doch, es sei denn, ich bin abgelenkt davon, dass ich Angst um mein Leben habe. Die Mitarbeiter einer gastronomischen Einrichtung zerfleischen sich. Was für eine Neuigkeit! Vorsicht, der will …! Egal, was er will, du warst schneller, aber jetzt bleib mal für einen Moment in einer Spur, ja? Du fährst wirklich wie eine besengte Sau, Hase, mir ist schon ganz schlecht, und das vorne!
    Jetzt haben wir einen Bus vor der Nase. Habe ich die Erlaubnis, den Bus zu überholen? Siehst du, davor waren noch zwei. Und jetzt ist es Rot.
    Sie stieg auf die Bremse, Kopp wurde in den Gurt gedrückt und wieder in den Sitz zurückgeworfen. Da vorne ist ein Blitzkasten, Kopp wurde auch schon einmal erwischt, ich werde immer erwischt. In Erinnerung daran verharrten sie eine Weile in Schweigen. Als sie wieder losfuhren:
    Du, mir ist etwas Verrücktes passiert, heute. Kannst du dich an die Sache mit den Armeniern erinnern?
    Die Sache mit den Armeniern?
    Er fing an, zu erklären, wer die Armenier sind …
    Ja, das weiß ich, aber was war »die Sache«?
    Sie waren mit knapp 100 000 in Zahlungsverzug. Und heute ist der Typ wohl vorbeigekommen, am frühen Morgen, ich
war noch nicht da, und hat das Geld gebracht. In bar. In einem von unseren Gerätekartons. Nicht alles, aber 40 000. Hast du schon mal 40 000 in bar gesehen? Ist gar nicht so spektakulär. Es war auch ein Brief dabei, schade, dass Kopp ihn mit in den Karton gestopft hat. Es würde mich interessieren, was du als Philologin davon hältst.
    Ich bin keine Philologin. Aber, apropos, auch Flora hat eine Neuigkeit zu berichten. Es gab heute eine Anfrage für eine Übersetzung. Ein Stück. Kammerspiele.
    Aha?!
    Jemand hat es am Nachmittag mit dem Fahrrad bei der Arbeit vorbeigebracht. Kein Kurier, offenbar ein Praktikant. Durch so etwas sieht es so aus, als würde man sich um einen bemühen - Kosten, aber keine Mühen gescheut - aber Flora weiß sehr gut, dass sie nicht die erste Wahl für den Job war, die fünfte kommt der Wahrheit näher, was weniger über einen selbst etwas aussagt als über die Umstände, die da wären, dass die Bezahlung mies, die Zeit knapp und das Stück sprachlich und inhaltlich schwierig ist. Offenbar sehr brutal. Ich hab gesagt, ich müsst’s erst einmal lesen. Ich soll bis Montag Bescheid geben. … Eigentlich habe ich gar keine Zeit dafür. Die einzige Möglichkeit wäre, nach der Arbeit eher ins Bett zu gehen, entsprechend früher wieder aufzustehen, dann hätte man am Nachmittag, also vor der nächsten Arbeit, 1-2 Stunden dafür. … Nein, das reicht nicht. Es müssten schon 3-4 sein … Plus das Lokal. Also 14 bis 16 am Tag. Für zwei Wochen könnte man das schon aushalten, oder? Viele Leute machen das. Aber erst mal sehen, was es überhaupt ist.

    Und so unspektakulär ist also meine Geld-Story untergegangen. Sie parkte das Auto dort, wo man es nicht soll, auf dem Stück blanker Erde zwischen Fahrbahn und Gehsteig, vorne ein