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Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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insbesondere in den Bereichen Sport und Kommunikation. Die auffindbaren Informationen zu Letzterer sind spärlich und noch dazu nicht aktuell, aber ich hatte ja keine Zeit mehr zu recherchieren. Ja, das ist ein Vorwurf, Flora. Aber Kopp wird sich nicht beschweren. Weil es sinnlos wäre.
    Was, jetzt mal ganz ehrlich, würde Flora fragen, würde in diesem Fall am Montag anders sein als am Freitag?
    Unter Umständen: alles , meine Liebe.
    Und was könntest du tun?
    Nicht viel, das ist wahr.
    Du willst mir bloß das Wochenende kaputt machen.
    Warum sollte ich das wollen? Ich liebe meine Frau und will, dass sie glücklich ist. Wenn meine Frau glücklich ist, bin ich es auch. Und schweige auch darüber, dass mich jedes Mal, wenn ich hier draußen bin, das Gefühl einholt, in der Verbannung zu sein. Quasi abgetrennt vom »richtigen« Leben. Also: überflüssig.
    Wir sind alle überflüssig, würde Flora sagen.
    Er würde es nicht verstehen, bzw. wäre damit nicht einverstanden, doch wieder würde er schweigen. Das ist meistens das Beste.

    Er öffnete die Augen weit in den Himmel, damit er ein wenig geblendet war, wenn er sie wieder schloss. Ich werde jetzt abwechselnd an den Strand vor Frisco und an die nie gesehenen armenischen Berge denken, bis ich einschlafe. Berge und Strand, Berge und Strand.
     
    Später weckte ihn Flora, indem sie ihn mit einer Weintraube am Mund kitzelte. Als er merkte, was es ist, grinste Kopp. Salve, sagte er, und biss ab.
    Woher sind die?
    Ein alter Mann kam mit einem Fahrrad und einem Korb vorbei und verkaufte sie.
    Hattest du Geld dabei?
    Offensichtlich.
    War’s teuer?
    Es ging.
    Und, wie ist das Stück?
    Ach so, das. Das ist Scheiße.
    Inwiefern?
    Insofern, als es um absolut nichts geht, das heißt, um nichts von Notwendigkeit, Gewicht, Relevanz. Um das zu überdecken, folgt eine Brutalität auf die nächste, während die Sprache gestelzt und gewollt poetisch daherkommt. Als Publikum würde ich sagen: Zeitverschwendung. Als Übersetzerin wird sie es vielleicht dennoch machen. Mit irgendwas muss man schließlich anfangen. Und es ist ja auch nicht ärgerlich schlecht. Es ist nur, wie gesagt, uninteressant. Aber vielleicht liegt es auch an mir. Das Problem ist, ich weiß nicht genau, wann ich das machen soll … Ich weiß! Ich weiß, dass ich das schon gesagt habe, und ich weiß auch, was du sagen willst, sag’s nicht. Ich kann den Job nicht hinschmeißen. Von einem mittelmäßigen Stück kann man nicht leben.

    Auf dem Rückweg fuhr Flora langsam, trotzdem keuchte Kopp, oben auf dem Großen Hügel angekommen, so laut, dass er das Tschilpen der kleinen Vögel übertönte, die in einer Gruppe von vielleicht zwei Dutzend Tieren an ihnen vorbei taumelten, (wahrscheinlich) auf der Suche nach einem Schlafplatz.
    Wo ist mein Spray? Im Haus geblieben. Lenke dich ab. Betrachte die Landschaft.
    Vor ihnen lag ein bereits umgepflügtes Sonnenblumenfeld, stieß an eine von einer Allee gesäumte Landstraße (Dorfjugend, Mofas, Motorräder, Autos, Blumen und Kränze), dahinter ging es mit Mais weiter, aber auch der war schon geerntet. Was ist das glänzende Zeug in den Furchen? Wie Glassplitter. Wohl kaum. In der Mitte des Ackers ein Schatten gebender Baum. Was ist das für eine Sorte? Woher sollte einer wie Kopp das wissen? Am Grat des nächsten Hügels drei Windmühlen. Dahinter ging die Sonne unter. Am diesseitigen Ende des Felds, vor ihren Füßen, ein Graben mit hohem, trockenem Gras, rechts ein alter Kilometerstein, links Flora, die sich an das Fahrrad lehnt, den Hintern seitlich gegen den Sattel gedrückt, die Füße in den Boden gestemmt, geschickt. Ich kann das nicht. Die Gefahr umzufallen und die Pedale ins Kreuz zu bekommen ist einfach zu groß. Also ließ Kopp das Rad zu Boden gleiten, und verschränkte stattdessen die Arme. Das gibt mir, hier auf dem Hügel stehend, etwas Feldherrenhaftes. Aber ansonsten ist nichts martialisch an ihm. Ein dicklicher, blonder Mann in einer spätsommerlichen Abendlandschaft. Einpaar Fäden seines zu lang gewordenen Haars wurden von einem lauen Lüftchen bewegt, seine Ohren und seine Nase glühten.
    Er blieb so lange so stehen, bis das Telefon durch Vibrieren und Piepen anzeigte, dass die Synchronisation abgeschlossen war, E-Mails und Sprachnachrichten.
    In den Mails: außer Newslettern und den Verlockungen der
Pharma- und der Sexindustrie sowie der Nigeria-Connection (So, so, man will mir also eine erste Rate von 500 000 Dollar auf mein Konto überweisen?):

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