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Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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ich mich kenne, werde ich auch das wieder verschwitzen, und dann rufen sie am Montag im Büro an, als wäre ich ein Amt, dann lieber gleich jetzt.
    Also seufzte Darius Kopp dort oben auf dem Hügel, in den letzten Strahlen der untergehenden Sonne stehend, und wählte die Nummer der Frau, die ihn geboren hatte.
    Wen rufst du an? fragte Flora.
    Er antwortete nicht.
    (Das ist ganz schön uncharmant, weißt du das?
    Aber du weißt doch, dass ich dich liebe, auch wenn ich manchmal eine Antwort vergesse, oder nicht?)
    Mutter, sagte er, ich bin’s. Womit Floras Frage doch noch beantwortet worden ist.
    (Das ist nicht dasselbe? Wieso nicht?)
     
    Hansi? Bist du das?
    Ja, natürlich. Wie viele Söhne außer mir hast du noch?
    Das ist eine gute Frage, mein Sohn, das ist eine gute Frage.
    Ignoriere das. Sei die Gelassenheit selbst, das ist, wie du sehr gut weißt, deine Rolle in dieser Geschichte, einer muss es ja machen, ja, lasst mich das Gebirge sein, an dem ihr abregnet, bitte sehr, in diesem Sinne frage ich euch ruhig und mit zärtlicher
Fürsorge in meiner Stimme, wie geht es dir, Mütterchen, Schwesterherz, erzähl.
    Wie soll’s mir schon gehen, mein Sohn? Ich habe Schmerzen, kann kaum laufen und nichts heben und deine Schwester redet mit mir wie ich nicht mit Nachbars Hund.
    Was sagt sie denn?
    Was ich sage? Dass ich auch noch ein eigenes Leben habe, mit zwei Kindern und einer Ausbildung und einem Haushalt und einem beschäftigungs losen - das ist sein Wort! - ehemaligen Ringer von einem Lebensabschnittsgefährten - auch das ist sein Wort und eines Tages erwürge ich ihn dafür! - der sehr gerne den Einkauf für seine Schwiegermutter machen würde, hätte er nur nicht vor 100 Jahren diesen Bandscheibenvorfall gehabt und wäre er nicht immer schon so unendlich faul, also macht es die mit Abstand Kräftigste in der ganzen Familie, Marlene, mit ihren 48 Kilo, sie bittet nur darum, es tun zu dürfen, wenn sie grad mal Zeit hat, und dann vielleicht auch mal ein Danke zu hören und nicht nur Kritik und Klagen oder Sätze wie: Niemand hat dich gezwungen, mit 17 ein Kind zu bekommen, und wenn du dich so doll kümmerst, wieso ist dann Merlin fett und maulfaul wie ein Kloß - Maulfaul wie ein Kloß? Kopp kicherte. Wo sie recht hat, hat sie recht - dafür ist Lore magersüchtig, raucht wie ein Schlot und hurt abends vor dem Moritzkino herum. Wer darauf nicht zu brüllen anfängt, ob die Mutter sie noch alle habe, der ist nicht normal. Wie kann sie so was sagen?
    Ich habe das überhaupt nicht gesagt. Ich hab das nicht so gesagt.
    Ich werde sie mal aufnehmen. Mit dem Handy geht das. Ich werde sie aufnehmen und es ihr dann abspielen, damit sie hört, wie sie redet. Es wird einfach immer schlimmer. Sie spricht alles aus, was sie denkt, und das sind niemals Nettigkeiten. Ich
dachte schon, sie bekommt Alzheimer, weil sie auch alles so salzt, als gäb’s kein Morgen.
    Was hat Salz mit Alzheimer zu tun?
    Marlene habe gelesen, dass ein nachlassender Geschmackssinn und zunehmende Garstigkeit frühe Zeichen für Alzheimer sein können.
    Kopp bat darum, ihn nicht so zu erschrecken.
    Er könne sich abregen, Marlene habe die Ärztin dazu gefragt, und weiß du, was sie gesagt hat? Guppys werden mit dem Alter auch immer ruppiger.
    Was? Guppys?
    Ja, diese Fische.
    Sie werden mit dem Alter immer ruppiger?
    Angeblich.
    Kopp konnte nicht anders, er musste lachen.
    Eigentlich ist das nicht lustig …
    Die Guppys werden immer ruppiger?
    Nun lachten sie beide. Kopp länger als seine Schwester, die irgendwann weitersprach: Im Grunde hat sie gesagt: Erstens wird Ihre Mutter alt und zweitens ist sie einfach kein sehr herzlicher Mensch.
    Hier hatte auch Kopp aufgehört zu lachen.
    Natürlich hat sie’s nicht so gesagt. Aber man konnte es verstehen.
    Sie behalten immer das Wechselgeld, mein Junge. Ich wollte ja nichts sagen, aber das ist nicht korrekt. Korrekt wäre: sie geben es mir wieder und ich gebe es dann ihnen wieder, fürs Bringen. Aber sie geben es mir gar nicht. Und trotzdem habe ich nichts gesagt, erst, als sie mir die Sachen - aber wortwörtlich - vor die Füße gepfeffert haben, da hast du’s, das muss jetzt für eine Woche reichen, ich hab nicht ständig Zeit, die paar Schritte zur Kaufhalle kannst du echt mal selber laufen.

    a) hatten wir es eilig, Merlin musste zum Fußball, er ist total schlecht im Fußball, aber er liebt es und er soll ja auch abnehmen, und b) kann sie wirklich die 100 Meter gehen, sie will bloß nicht, und c) muss ich

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