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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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überzeugt waren, daß dort unten irgend etwas von großem Interesse vorging. Die wichtigste Beobachtung war, daß Mouna den vermißten palästinensischen Physiker wiedererkannt hatte, Doktor Fadi Husseini, der einmal von der zivilen Unterkunft zu dem vermuteten Labor gegangen war.
    Es war ein sehr heißer Tag gewesen, und als sich die große rote Sonne am Horizont senkte, empfanden sie angesichts der bevorstehenden Nacht eher Erleichterung als zunehmende Spannung.
    Carl kletterte langsam zu Göran Karlsson hoch, der in den letzten beiden Stunden am Beobachtungsposten gesessen hatte. Er hatte einen Wassersack bei sich und bot seinem Untergebenen wortlos etwas Wasser an. Dann riskierte er einen Blick durch den Feldstecher.
    »Irgend etwas Ungewöhnliches?« fragte er und nahm den Wassersack wieder an sich. Dann setzte er ihn an den Mund, nahm drei tiefe Schlucke und wischte sich den Mund ab.
    »Nein«, erwiderte Göran Karlsson, der nach dem langen Schweigen ohne Wasser heiser geworden war. »Sie hatten nur einen Wachposten, als wir gestern nacht ankamen, und so dürfte es jetzt wohl wieder sein. Sie haben keine Nachtsichtgeräte«, fügte er vielsagend hinzu. »Möchte gern wissen, warum sie nicht daran gedacht haben?«
    »Die sind solche Sachen nicht gewohnt. Sie gehen davon aus, daß jeder, der herkommt, schon aus weiter Ferne am Motorengeräusch zu erkennen ist«, vermutete Carl mit einem Achselzucken.
    »Wir sollten uns erst ihre Unterkunft vornehmen«, stellte Göran Karlsson fest. »Dann erwischen wir neun kleine Negerlein auf einmal, und dann bleibt nur einer übrig. Oder was meinst du?«
    »Ja«, nickte Carl bekümmert. »Mouna, ich und zwei der Palästinenser übernehmen die Baracke der Wachposten. Du übernimmst den freistehenden Wachposten und dann zusammen mit den beiden anderen die zivile Unterkunft. Man kann nie wissen. Das Problem ist, daß wir nett zu ihnen sein müssen.«
    »Du meinst, daß keiner zu Tode kommen soll? Was soll ich mit dem Wachposten machen? Soll ich zu ihm hingehen und Guten Tag sagen, wir sind von den Vereinten Nationen? Ob der Gefreite die Güte hätte, seine Waffe niederzulegen?«
    »Der Gefreite?« sagte Carl amüsiert und warf noch einen Blick durch den großen Feldstecher. »Im Augenblick ist es jedenfalls ein Feldwebel. Nein, natürlich nicht. Töte ihn schnell, am besten leise.«
    »Was sagt der Oberstleutnant dazu?« fragte Göran Karlsson mit deutlich hörbarer Ironie.
    »Die Verantwortung dafür übernehme ich!« entgegnete Carl mit unerwarteter Schärfe. »Wenn du diesen Wachposten zum Schweigen bringen kannst, ohne ihn zu töten, ist es ausgezeichnet. Wenn aber auch nur das geringste Risiko besteht, daß er dich entdeckt und anfängt, Lärm zu machen, mußt du ihn sofort töten. Das ist ein klarer Befehl, Hauptmann Karlsson.«
    »Zu Befehl«, erwiderte Göran Karlsson scheu.
    »Und dann noch etwas!« fuhr Carl immer noch aggressiv fort.
    »Ich möchte keine weiteren sarkastischen Bemerkungen über unseren kommandierenden Offizier oder einen unserer verbündeten Soldaten hören. Sie ist außerordentlich kompetent, das kann ich dir versichern. Außerdem hat sie in diesem Ausbildungslager nicht die vier schlechtesten Männer ausgewählt, davon kannst du ebenfalls ausgehen. Ich kann nicht verlangen, daß du dich in ihrer Gesellschaft wohlfühlst, aber du solltest hier mit etwas Respekt und anständigen Manieren auftreten, verdammt noch mal. Ist auch das jetzt klar?«
    »Ja«, erwiderte Göran Karlsson kleinlaut. Dann nahm er einen Anlauf, um etwas Impulsives zu sagen, bremste sich aber.
    »Ja?« fragte Carl und blickte ihm gerade in die Augen. »Was ist? Raus mit der Sprache!«
    »Warum hast du mich für diesen Auftrag ausgewählt?« fragte Göran Karlsson leise.
    »Nicht weil ich vermutet habe, daß du dich im Milieu dieser Kultur unwohl fühlst, was ganz offensichtlich der Fall ist«, erwiderte Carl ironisch. Seine plötzliche Wut verrauchte, und ein fast spöttisches Lächeln umspielte seine Lippen. »Aber ich werde deine Frage beantworten. Ich wollte nur einen Mann mitnehmen, weil ich das Verlustrisiko als sehr hoch ansehe. Schwierig wird nicht der Job heute nacht, sondern etwas ganz anderes: mit heiler Haut von hier wegzukommen. Was die Kompetenz betrifft, bin ich nicht der Meinung, daß zwischen dir, Luigi und Åke ein Unterschied besteht. Ich nehme an, das ist für dich am wichtigsten zu hören. Und was den Tod angeht, wird Åke bald Vater werden, und Luigi hat bei

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