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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Position durchzugeben!« befahl der Ministerpräsident mit zunehmender Irritation. »Das Pentagon braucht die exakte Position, um die Rückführung nach einem eventuellen Angriff vorbereiten zu können.«
    »Ich kann Hamilton in den nächsten zwölf Stunden nicht erreichen«, erwiderte Samuel Ulfsson resigniert. Er krümmte sich instinktiv und schloß die Augen in Erwartung der Reaktion am anderen Ende.
    »Was?« schrie der Ministerpräsident. »Was soll das heißen, in den nächsten zwölf Stunden kein Kontakt? Wir haben doch eine funktionierende Funkverbindung?«
    »Erst wieder in zwölf Stunden, fürchte ich«, erwiderte Samuel Ulfsson.
    »Ich verlange jetzt, daß Hamilton seine exakte Position meldet«, sagte der Ministerpräsident mit gesenkter und deutlich drohender Stimme.
    »Das werde ich ihm in zwölf Stunden ausrichten«, erwiderte Samuel Ulfsson, worauf zu seinem Erstaunen auf der anderen Seite der Hörer auf die Gabel geknallt wurde.
    Es war natürlich möglich, daß die Befreiungsorganisation erschwert wurde oder sich verzögerte, wenn man nicht rechtzeitig exakte Positionen bekam. Samuel Ulfsson glaubte jedoch nicht, daß das sonderlich entscheidend sein konnte, denn immerhin wußte man ungefähr, in welchen Teil Libyens man fliegen mußte, und hundert Kilometer Unterschied konnten keine größere Bedeutung haben.
    Überdies konnte Carl solche Komplikationen im Augenblick ohnehin besser beurteilen als jeder andere. Wenn er sich weiterhin störrisch zeigte, war ohnehin kaum etwas dagegen zu unternehmen, weder jetzt noch später. Entweder sie führten die Operation durch, nachdem sie die Lage als sicher beurteilt hatten, und zwar mit Erfolg. Dann würde sich niemand beschweren. Oder sie zogen sich zurück und teilten dabei die genaue Position des Ziels mit. Auch dann würde niemand Grund haben, sich zu beklagen. Es war ganz einfach Carl, der im Augenblick die Spielregeln bestimmte, und niemand konnte etwas daran ändern.
    Nachdem sie das Ziel mehr als vierundzwanzig Stunden beobachtet hatten, einigten sie sich darauf, daß es durchaus möglich war, die Operation mit einem begrenzten Einsatz ihrer Mittel durchzuführen, um die Zahl der Toten möglichst gering zu halten.
    Mouna fand sich zu Carls Erleichterung damit ab, daß der Auftrag derart umdefiniert wurde. Wenn es nur darum gegangen wäre, das Ziel zu zerstören, hätten sie es schon längst tun können. Sie hatten eine bedeutende Feuerkraft mitgebracht.
    Sie befanden sich knapp einen Kilometer vom eigentlichen Ziel entfernt. Der Entfernungsmesser gab achthundertsechsundsiebzig Meter an. Von ihrem natürlichen Versteck inmitten verwitterter Felsformationen hatten sie freie Sicht. Von dort unten hatte man in alle Richtungen freie Sicht.
    Das Ziel bestand aus drei neugebauten Häusern, die aus vorgefertigten Teilen bestanden, die schnell zusammengesetzt werden konnten wie bei einem Spielzeugbausatz. Die Wellblechdächer waren jedoch zusätzlich mit sonnengetrockneten Dachziegeln gedeckt, und die Wände waren bemalt, als bestünden auch sie aus Backsteinen.
    Das große Gebäude in der Mitte war ohne Zweifel das eigentliche Ziel, denn sie hatten in den letzten vierundzwanzig Stunden nur Zivilisten dort ein und ausgehen sehen. Das uniformierte Personal hatte offenbar keinen Zutritt.
    Das Wachpersonal hauste in einer eigenen Baracke und umfaßte etwa einen Zug. Auch die Funkzentrale des Militärs befand sich offensichtlich in diesem Gebäude.
    Das dritte Gebäude schien das Wohnhaus für das zivile Personal zu sein, das rund zehn Personen umfaßte.
    In einem kleinen Schuppen zwischen den Häusern befand sich ein mit Dieselmotoren angetriebenes Notstromaggregat. Zwischen den Gebäuden standen ausschließlich zivile Fahrzeuge sowie ein Ölbohrturm, den niemand zu beachten schien. Er erhob sich rund zehn Meter von dem größten Haus entfernt.
    Aus der Luft mußte es aussehen, als würden hier Versuche stattfinden oder Probebohrungen gemacht werden. Es mußte ziemlich überzeugend aussehen.
    Die einzigen Hinweise auf eine Verbindung zur Außenwelt waren einige Wagenspuren, die direkt nach Norden führten. Flugzeuge konnten in der Nähe nirgends landen.
    Die unansehnliche Einrichtung hatte sie zunächst stark daran zweifeln lassen, daß sie sich hier im Zentrum der Weltpolitik befanden. Doch nach den ersten Stunden an dem fest montierten und stark vergrößernden Feldstecher hatten sie insgesamt so viele kleine Beobachtungen gemacht, daß sie zumindest

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