Der einzige Sieg
er in der Folgezeit eine Rede von einiger Bedeutung hielt, teilte er mit, ein schwedischpalästinensischer Trupp oder vielmehr ein palästinensischschwedischer habe in Libyen Kernwaffen in die Luft gesprengt. Das sei jedoch geschehen, um einen Großkrieg in der Region zu vermeiden. Libyer und Palästinenser hätten sich nachträglich geeinigt. Anschließend hielt er einen langen Vortrag über den Friedenswillen und die verantwortungsbewußte Haltung der Palästinenser in der internationalen Politik.
Er nannte Carl Gustaf Gilbert Hamilton namentlich, mochte seine Aussprache auch einigermaßen fragwürdig sein. Das führte zu einigen Mißverständnissen, als die Journalisten in Tunis die Nachricht in die Welt schickten.
Er hatte Carl jedoch namentlich genannt. Und erklärte frech, Carl sei unterwegs nach Tunis, um aus der Hand des PLO- Vorsitzenden die palästinensische Ehrenlegion entgegenzunehmen.
Arafats sensationeller Schachzug führte zu einer kleinen und einer großen Konsequenz. Um mit der kleinen zu beginnen: Ein schwedischer Offizier braucht die Genehmigung seiner Regierung, um von einer fremden Macht eine Auszeichnung dieses Rangs entgegenzunehmen.
Carl war sich dessen sehr wohl bewußt. Er dachte jedoch nicht daran, den Ministerpräsidenten um diese Erlaubnis zu bitten.
Während seines vor kurzem begonnenen Vaterschaftsurlaubs reiste er privat nach Tunis, um die Auszeichnung aus Arafats Hand entgegenzunehmen. Er ließ sich fotografieren, als sie einander umarmten und küßten. Schon das führte zu einem schweren persönlichen Konflikt zwischen dem jungen konservativen Ministerpräsidenten und Carl.
Es gab jedoch noch eine weitere Folgewirkung.
Präsident George Bush wurde es so unmöglich gemacht, seine Pläne für einen Krieg gegen Libyen in die Tat umzusetzen, um so seine Popularität zu steigern.
Und da Jugoslawien sich aus anderen Gründen verbot, mit wie dringenden humanitären Bedürfnissen man ein militärisches Eingreifen hier auch hätte rechtfertigen können, da Jugoslawen Europäer sind und keine wehrlosen Bewohner der Dritten Welt, sah alles nach einem zweiten Waffengang gegen Saddam Hussein aus.
Dazu war es jedoch schon zu spät, da man einen solchen Krieg der Weltöffentlichkeit kaum hätte begründen können. Als eine Art aggressiver Geste ließ der schon besiegte George Bush kurz vor seinem Abgang ein paar Bomben auf den Irak abwerfen. Dabei kamen ein paar hundert Menschen ums Leben, das war alles.
Bill Clinton hatte in seinem Wahlkampf unter anderem versprochen, Israel weder zu einem Frieden noch zu einem Ende der Besetzung palästinensischer Gebiete zu zwingen. Mit Amtsantritt der Regierung Clinton waren die Möglichkeiten der PLO zu einem Frieden durch Diplomatie effektiv verbaut. Die Auseinandersetzungen darüber, ob die Clintons ein dunkelhäutiges Kindermädchen illegal beschäftigt hätten oder nicht, hatten darauf keinerlei Einfluß.
Inzwischen hatte die Welt die von der UNO, das heißt von George Bush, beschlossene Blockade Libyens vergessen.
Vor Ndjamena im Tschad lagen tausend von der CIA finanzierte Freiheitskämpfer und warteten auf den großen Tag.
Vergebens. Um keine internationale Aufmerksamkeit zu erregen, wurden diese Männer nach und nach in kleinen Gruppen zu ihren Ausbildungslagern außerhalb Washingtons zurückgeflogen.
Die Sanktionen gegen Libyen konnten nicht aufgehoben werden, solange Moammar Ghaddafi am Leben war. Mit der Folge, daß seine innenpolitische Unterstützung durch das Volk immer stärker wurde.
Die am wenigsten spektakuläre Folge der Geschichte: Ein wohlgenährter Mann mittleren Alters mit kräftigem Körperbau wurde in dem Krankenhaus, das dem Hilton Hotel in Barcelona am nächsten liegt, von überlasteten und gehetzten Gerichtsmedizinern obduziert.
Nur fünf Autominuten vom Hilton entfernt liegt die Provinzialklinik. Für einen Menschen, dem eine Succinylkolin-Injektion verabreicht worden ist, sind fünf Minuten an und für sich eine lange Zeit. Die Vergiftung mit Curare, wie die Substanz meist genannt wird, löst einen der schlimmsten und angsterfülltesten Todeskämpfe aus, die der ärztlichen Wissenschaft bekannt sind.
Als dieser Mann mittleren Alters, dem Namenszettel am großen Zeh zufolge der amerikanische Staatsbürger Mike Hawkins, an diesem Tag als Nummer vier in der wachsenden Reihe verstorbener ausländischer Touristen obduziert wurde (der Ansturm von Besuchern der Olympischen Spiele von 1992 nahm immer mehr zu), fanden die
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