Der einzige Sieg
natürlich nicht von dem jungen Herrn Hutchins persönlich stammten, korrekt waren.
Damit blieb genug Zeit. Mike Hawkins war Amerikaner und würde seine Gäste vermutlich vor dem Essen zu einem Drink einladen, mochten diese auch Libyer sein – immerhin enthielt die Getränkekarte auch eine ganze Reihe alkoholfreier Erfrischungen. Jedenfalls würde das Objekt in kurzer Zeit hier irgendwo vorbeikommen.
Wegen des Frühsommers und der bevorstehenden Olympischen Spiele sowie der zahlreichen Touristen waren die meisten Menschen so leicht gekleidet, daß er sich auch in den Restaurants ohne Schwierigkeiten bewegen konnte.
Knifflig würde es nur werden, wenn Mike Hawkins die ganze Veranstaltung in seine Suite verlegte. Allerdings hatte Mr. Hamlon auch für diese Möglichkeit einen sorgfältig durchdachten Plan.
Er würde sich in die Suite begeben, ob sie abgeschlossen war oder nicht, und wenn er sich erst einmal dort aufhielt, würde es ihm nicht schwerfallen, die Libyer freundlich abzuweisen. Sie waren die einzigen Zeugen, die für Carl akzeptabel waren, da sie nie als Zeugen auftreten würden.
Nach einiger Zeit fiel ihm auf, daß er viel zu ruhig und still dasaß. Vielleicht sollte er sich den Anschein geben, als wartete er auf jemanden? Er sah auf die Armbanduhr und machte eine ungeduldige kleine Handbewegung.
Er war jedoch schon nach kurzer Zeit wieder in seiner friedlichen Gemütsverfassung angelangt. Die Alternativen waren durchdacht und erprobt, sogar die Möglichkeit, daß Mike Hawkins herunterkam und mit einem bestellten Taxi wegfuhr. Dann würde er vermutlich im Taxi sterben.
Carl lächelte breit. Es war ein fast freundliches Lächeln des Wiedererkennens, als er Mike Hawkins aus einem der Fahrstühle treten und zu einem großen Tisch gehen sah. Es war ein reservierter Tisch ganz in der Nähe der Pianistin, die sich auf einem weißen Flügel durch die Popmusik der letzten dreißig Jahre spielte.
Carls Lächeln verschwand schnell. Er beobachtete verstohlen, aber mit großem Interesse die Arrangements am Tisch. Mike Hawkins war nämlich voller Begeisterung davon, etwas vorzubereiten. Er bestellte Champagner in zwei Weinkühlern, die umgehend hereingetragen wurden, während er dem Kellner, der offenbar fragte, ob er eine der Flaschen öffnen solle, abwehrend zuwinkte. Es war halb sieben. Es stimmte. Sie würden nach amerikanischer Manier mindestens eine halbe Stunde damit verbringen zu trinken.
Carl versuchte den Blick zu schärfen, weil er erkennen wollte, um welche Champagnermarke es sich dort drüben handelte. Er setzte voraus, daß es kaum etwas anderes sein konnte als Champagner. Das Etikett war ihm jedoch unbekannt.
Er hatte sein Getränk kaum angerührt, denn es entsprach nicht seinem, sondern Mr. Hamlons Geschmack. Als die Kellnerin beim nächsten Mal vorbeikam, winkte er sie zu sich heran und fragte sie, welche Champagnermarke man da drüben neben dem Klavier bestellt habe. Ein Amerikaner konnte ohne weiteres alles Champagner nennen, was so aussah. Er erhielt die Auskunft, daß es sich um den »offiziellen« Champagner der Olympischen Spiele handle, und bestellte amüsiert eine halbe Flasche.
Es befand sich viel Gold auf dem Etikett, doch es erteilte unleugbar die Auskunft, daß es sich um echten Champagner eines Henri Abelé handelte, von dem Carl noch nie etwas gehört hatte. Jedenfalls war es eine »Cuvée officielle« mit einem stilisierten Symbol in Blau, Gelb und Rot, das notfalls einen Turner in einem langen Sprung beim Bodenturnen darstellen konnte. Unter dem Olympia-Symbol fanden sich die fünf Olympischen Ringe und der Hinweis Barcelona 92.
»Wie außerordentlich passend«, flüsterte er vor sich hin, als er an seinem Glas nippte und insgeheim Mike Hawkins zuprostete. »Skål auf unsere Geschäfte, Mr. Hawkins.«
Carl fühlte sich vollkommen ruhig.
Hawkins hatte ein großes Glas Bier bestellt, daß er mit wenigen Zügen leerte. Dann sah er auf die Uhr und bat die Kellnerin mit einer irritierten Handbewegung, das leere Glas hinauszutragen.
Carl überlegte, ob er es jetzt tun sollte. Es war absolut möglich, nicht ganz risikolos, aber möglich.
Als die Kellnerin zu seinem Erstaunen mit einem weiteren Bier erschien, das den gleichen Weg ging, kam Carl eine Idee. Es war zwar eine Möglichkeit, an die er schon früher gedacht hatte, jedoch nur als eine in einer langen Reihe von Variationen.
Er ließ sein halbleeres Glas stehen und suchte die einen Stock tiefer liegenden Toiletten auf. Er
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