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Der eiserne Gustav

Der eiserne Gustav

Titel: Der eiserne Gustav Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Minuten«, sagte der Vater herrisch, ganz wie er früher gesprochen hatte. »Ick mach noch ’ne Zwinge dran und eenen Riemen … Is et wahr, det se am liebsten Pferdedroschke spielen?«
    »Doch!« sagte Heinz, der verstand. »Möchtest du den Jungen die Peitsche nicht selber bringen, Vater? Es sind wirklich nette Jungen!«
    »Du genierst dir woll, mit ’ner Kinderpeitsche uff de Straße zu jehn?! – Ick mach zwei Knoten rin – det Knallen wirste wohl noch können?«
    »Ich glaube, du zeigst ihnen das besser, Vater …«
    »Quatsch! Eenmal is jenug! Eenmal rinjefallen, is jenug! Un ick bin jleich viermal rinjefallen! Du bist janz brauchbar, Heinz, dir rechne ick nich …«
    »Es sind wirklich nette Jungens, Vater, ich würde sie mir doch einmal ansehen!«
    »Wo ick dir doch sage, von wejen rinjefallen! Nee, is nich!«
    »Es wäre wirklich richtiger, wenn du sie brächtest. Es würde dir Spaß machen.«
    »Ick hab nischt zu tun mit die Kinder von der Gudde!«
    »Aber sie heißt schon lange wie du und ich, Vater! Sie heißt Hackendahl.«
    »Wie se de Kinder jekriegt hat, is se’ne Gudde jewesen.«
    »Ich versteh nicht, Vater, daß du plötzlich so fein bist. Bei uns ist es doch nicht wie bei Pasters.«
    »Otto war’n Schlappjeh, und sie is’n Buckel! Nee, ick will die Kinder nich sehn. Wenn ick mein Herz an wat hängen will, denn jeh ick zu meim Rappen!«
    »Otto war nur bei dir schlapp …«
    »Da soll ick woll dran schuld sind?!«
    »Im Felde, draußen, ist er nie schlapp gewesen, und daß du jemandem vorwirfst, daß er keinen graden Rücken hat, so bist du doch sonst nicht, Vater!«
    »Buckel sind alle falsch!« sagte der Alte hartnäckig.
    »Unsinn, Vater! Ebensogut kannst du sagen, alle Rothaarigen taugen nichts.«
    »Tun se ooch nich! Judas hatte ooch rote Haare! Vielleicht hat er ooch’n Buckel jehabt, und man weiß et bloß nich mehr …«
    »Wer in so schweren Zeiten seine Jungens allein hoch bringt!«
    »Ick versteh immer alleine! Wat machst du denn da?«
    Heinz wurde brennend rot. Daß er rot wurde, machte ihn nur noch wütender. Übrigens war der Vater jetzt auch in Fahrt.
    »Nich, det ick meene, du kramst mit der Gudde …«
    »Ach, halt den Mund, Vater! Du willst einfach nicht!«
    »Zu deinem Vater sagste: Halt den Mund?!«
    »Wenn du nicht willst, brauchst du den Jungen auch keine Peitsche zu machen!«
    »Nimmste nu die Peitsche oder nimmste se nich?«
    Er hielt ihm die Peitsche hin.
    Heinz nahm sie nicht. »Bring du sie man selber hin. Sieh dir die Jungen selber an. Schlappjeh und Judas – so redest du also von deinen Kindern!«
    »Die Gudde is nich mein Kind!«
    »’n Abend, Vater.«
    »’n Abend, Bubi! – Mit mir mußte nich wütend tun, ick bin’n oller Mann, und ick war immer eisern. Wat ick nich will, da sabbelt mich keener rum!«
    »’n Abend, Vater.«
    »’n Abend, Heinz! – Heinz! Heinz! Ick stell de Peitsche hier in de Ecke bei’n Ofen – wenn de dich ausgetückscht hast, kannste se ja denn mal mitnehmen.«
    »Ich rühr die Peitsche nie an.«
    »Dickkopp! Man soll nie nie sagen!«
    »Wer hier wohl der Dickkopp ist?!«
    »Na, du doch!«
    »Nein, du, Vater!«
    »Wer nimmt denn die Peitsche nich, icke oder du?«
    »Wer will sie denn nicht hintragen? Du oder ich?«
    Sie standen sich halb hitzig, halb spöttisch gegenüber. Sie waren beide in Zorn, aber sie waren nicht ganz in Zorn. Sie mochten einander zu gern, um richtig wütend aufeinander zu werden.
    Die Mutter kam herein mit dem Kaffee. »Was streitet ihr denn schon wieder?« rief sie kläglich. »Ich hab so’nen schönen Kaffee gekocht – und ihr streitet!«
    »Wir streiten gar nicht! Aber ich muß jetzt fort. Tjüs, Mutter!«
    »Ach Gott, und der schöne Kaffee …«
    »Trink ihn doch mit Vater! Ich muß fort …«
    »Weeßte denn, ob ick jetzt Kaffee trinken will?! Jrade will ick nich! Ick jeh in’n Stall bei’n Rappen. Der verbietet mir wenigstens nich das Maul!«
    »Ach Gott doch, Bubi! Wie kannst du das auch tun, Vatern den Mund verbieten!«
    Aber Frau Hackendahl war schon allein. Die beiden Verstrittenen trampelten miteinander die Treppe hinunter. Auf dem Hof blieben sie stehen und sahen einander an. Heinz fing an zu grinsen, und der Vater fing an zu feixen.
    »Na, haste dir det nu überlecht mit de Peitsche? Hol se man noch runter!«
    Heinz lachte. »Das möchtest du, Vater! Immer deinen Dickkopp durchsetzen!«
    »Na, und du?«
    »Ich will dir was sagen: Wenn du mir die Peitsche runterholst, will ich sie den Jungen

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