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Der eiserne Gustav

Der eiserne Gustav

Titel: Der eiserne Gustav Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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ein Stellenangebot in ihrem Blättchen haben. – Tut uns sehr leid, aber – vielleicht schlagen Sie mal auf der Zeitung Krach?«
    Nein, man rannte weiter, wenn es hier nicht war, so war es dort. Irgendwo mußte es sein, heute, man hatte schon am Morgen solch Gefühl gehabt …
    Und wenn dann doch alle Wege umsonst gelaufen waren, so bewies das noch gar nichts, dann ging man einfach zu Sophie …
    »Na, wieder mal auf der Jagd?« fragte Sophie kühl. »Schön, daß du den Mut nicht verlierst. Natürlich kannst du den Abziehapparat benutzen. Sieh aber, daß du ihn zum Schluß gut rein machst, das letztemal waren die Walzen ganz verschmutzt!«
    Auch das kümmerte einen nicht, trotzdem man den Apparat tadellos gesäubert hinterlassen hatte. Aber wer weiß, wer alles sonst noch sich Zeugnisse abzog, die Nachfrage nach solchen Apparaten war ungeheuer …
    »Hast du schon Mittag gegessen?« fragte die Oberin Sophie. »So, so. Ich glaube es dir zwar nicht, aber zwingen will ich dich nicht. Na, denn man los! Du weißt ja mit allem Bescheid. Und bitte, was ich noch sagen wollte, wenn du durchaus rauchen mußt, ich stelle dir Zigaretten hin – nimm die, bitte. Deine riechen so entsetzlich. Das Büro ist hinterher völlig unbenutzbar.«
    Damit ging sie. Vielleicht war sie wirklich so, vielleicht hatte sie sich diesen Ton nur angewöhnt. Wer ein großes Haus mit vielen weiblichen Wesen darin in Ordnung zu halten hat, darf nicht sanft und lieblich sein. Also, sanft und lieblich war sie nicht. Nie gewesen.
    Doch ein wenig verärgert, brachte Heinz seinen Abziehapparat in Gang. Allmählich aber trug ihn sein Schwung über den kleinen Ärger fort. Er mußte gut aufpassen, er wollte nur erstklassige Abzüge versenden, die Farbe tiefschwarz, aber doch kein bißchen geschmiert – der erste Eindruck, das Äußere einer solchen Bewerbung war so enorm wichtig. Es waren ja eigentlich nur sehr wenig Zeugnisse: das Lehrzeugnis von der Bank und das Abgangszeugnis von der Bank. Für jemanden Mitte der Zwanzig verdammt wenig. Es sah aus, als habe der Kerl nie gearbeitet.
    Aber Heinz Hackendahl hatte sich geholfen: Zuerst hatte er sein Abiturientenzeugnis hinzugefügt. Und später, weil es doch auch recht gut war, sein Einjährig-Freiwilligen-Zeugnis.
    Von dem Lebenslauf wurden der Sicherheit wegen auch Abzüge gemacht, obwohl manche ihn nur handgeschrieben haben wollten. Andere freilich haßten wieder das von der Hand Geschriebene, sie sahen handschriftliche Bewerbungen überhaupt nicht an.
    Er versucht, sich die Stellung auszudenken, die er auf Grund seiner Bewerbungen bekommen wird – nein, beileibe nichts Großes, er verlangt nicht viel: normales Gehalt, der Chef oder Abteilungsvorsteher braucht nicht besonders liebenswürdig zu sein, die Kollegen, nun, Kollegen hin, Kollegen her – es wird sich schon mit ihnen leben lassen! Nichts Himmelstürmendes, nur eine nette Arbeit, eine Sache mit Schwung: Hackendahl, bitte erledigen Sie mir das noch schnell. Bleiben Sie heute eine Stunde länger. Sonst schaffen wir die Arbeit nicht.
    Oh, daß es einmal Zeiten gegeben hatte, in denen einem angst war, die Arbeit nicht zu schaffen, da es zuviel Arbeit gab! Heute streckte man die Arbeit, damit sie für recht viele reichte, man erfand den Kurzarbeiter. (Im Kriege hatte man den Schwerarbeiter erfunden, der zerstörende Krieg war ein besserer Arbeitgeber gewesen als der aufbauende, sie nannten es Frieden …) Manchmal knurrte der Magen, dann dachte man an dieSchwester, an die Oberin Sophie. Sie hatte sich nach dem Mittagessen erkundigt, und er hatte abgelehnt. Eine andere hätte vielleicht doch Mittagessen gebracht oder wenigstens einen Teller mit irgend etwas. Schließlich war man hier in einer Klinik, einem Haus, in dessen Küche es immer was zu essen gab …
    Aber so war Sophie nicht. Bitte schön, wer dankt, hat schon, ich will niemandem etwas aufdrängen.
    Manchmal sieht sie zu ihm herein, aber nicht des Essens wegen, sondern wahrscheinlich mehr als Aufsicht für den Abziehapparat. Und natürlich auch, daß er keine seiner stinkenden Zigaretten raucht.
    Aber davon spricht sie nicht, das ist erledigt. Sie hat ihre Wünsche geäußert, und das muß genügen. Sondern sie sagt etwa: »Hast du abends noch Zeit, Bubi? Schön! Ich habe da eine kleine Differenz mit dem Finanzamt, wegen der Umsatzsteuer. – Du könntest mir das mal aus den Büchern ausziehen.«
    Sie nickt und geht wieder.
    Wäre Heinz nicht so guter Laune, würde er sich über Sophie

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