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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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meinen Frevel meinetwegen mit meinem Tod. Aber lasst die anderen Männer reiten.«
    »Das ehrt dich«, erwiderte der Wicht. »Aber wir wollen dein Blut nicht. Um Yggdrall von deinem … Sudelsaft zu säubern, reicht Stutenmilch.«
    »Na, wunderbar! Na, wunderbar!«, schrie der befehlshabende Ritter und ließ eine Faust gegen seinen Helm knallen. »Wir haben hier zwei … drei, vier Stuten. Melkt sie und lasst uns dann endlich ziehen.«
    »Diese Stuten haben keine Milch«, sagte der Wicht.
    »Ja, ich weiß! Das weiß ich! Ich weiß!«, brüllte der Ritter, der mit seiner Geduld am Ende war und nach dem Schwert griff.
    Die Ragnarökk zogen den Kreis noch enger und summten tief in der Kehle. Sie klangen wie ein zorniger Bienenschwarm.
    »Zu dumm, dass ich keine Milch pinkele«, brummte Wolkan und sah zur Salweide, deren Laub und Stamm von krankhaft grauer Farbe waren.
    Da flüsterte ein verwundeter Hirte: »Ich … habe noch etwas … etwas Stutenmilch.« Er zog einen Bocksbeutel aus seinen Lumpen. Die Miene des Ritters hellte sich auf, als der Wicht und die hochgewachsene Frau mit dem flachsfarbenen Haar den Bocksbeutel an sich nahmen und daran schnupperten.
    »Wahrhaftig«, murmelte der Wicht. »Das ist Stutenmilch.«
    »Dann lasst uns durch«, bat der Ritter erleichtert.
    »Aber sie ist sauer«, rief die Frau.
    Der Ritter ließ wieder eine Faust gegen den Helm knallen.
    Der Greis nahm den Bocksbeutel an sich und sagte: »Ich will es versuchen. Vielleicht akzeptiert Yggdrall die saure Milch.« Er schritt ins Gehölz, fiel vor der Salweide auf die Knie und begann, ein Ritual zu verrichten. Die Ritter hielten Ausschau nach den Gografen, aber weder auf Erden noch am Himmel regte sich etwas. Schließlich kehrte der Greis zurück. Er warf den Männern einen Blick zu und winkte Frau und Wicht herbei. Während sie die Köpfe zusammensteckten, rutschte der Ritter im Sattel hin und her, als hätte er Ameisen im Hintern.
    Dann trat der Greis vor ihn hin, gefolgt von Frau und Wicht. Er sprach: »Yggdrall hat euch vergeben. Und sie hat zu mir gesprochen. Das ist nicht ungewöhnlich. Aber ungewöhnlich ist, dass sie mich gebeten hat, euch zu helfen …«
    Die Ragnarökk summten so zornig, als wollten sie Einspruch erheben.
    »Ja, das verstößt gegen unsere Regeln«, fuhr der Greis fort. »Aber laut Yggdrall leidet die Esche und mit ihr alle anderen Bäume und Pflanzen. Sie sei todgeweiht, wenn wir nichts unternehmen, sagt sie.«
    Die Ragnarökk jaulten klagend auf. Einige schlugen sich auf die nackte Brust, andere senkten betrübt den Kopf.
    »Reitet«, sagte der Greis zum Ritter. »Ich werde sehen, was ich für euch tun kann.«
    Der Ritter bedankte sich, und dann trabte der Bann durch die Reihen der feindselig dreinblickenden Ragnarökk. Sobald die Männer auf freiem Feld waren, gaben sie ihren Rössern die Sporen und galoppierten davon.
    Die Ragnarökk strömten in das Gehölz, wo sie sich um die Salweide scharten. Der Greis wandte sich an sie und sprach: »Die Menschen … Sie sind immer krank – vor Sorge, aus Hass, Gier, Missgunst, Neid oder Eifersucht. Alles Schlechte wohnt ihnen inne. Sie werden sich nie zum Besseren ändern. Aber wir müssen Yggdrall und der Esche helfen, denn wenn die Bäume dahinsiechen …« – er schwenkte einen Arm durch das Gehölz – »… nehmen wir auch Schaden.«
    Die hochgewachsene Frau nickte grimmig. Dann sagte sie: »Unsere in die Finsternis gestürzten Brüder und Schwestern sind mit dem Bösen im Bunde. Wir waren zwar früher eins mit ihnen, aber wir dürfen nicht zulassen, dass sie unsere Welt verderben.«
    Und der Wicht fügte hinzu: »Wir wollen Ruhe und Frieden. Aber wenn man uns stört, wehren wir uns.« Er verschränkte die Arme vor der mit Runen tätowierten Brust und senkte den Kopf. Alle anderen Ragnarökk taten es ihm gleich.
    Das graue Laub Yggdralls begann zu rascheln, als wollte sie Erde, Wind und Wasser etwas zuflüstern.
     
    Die Gografen hatten zum Lohwald fliehen wollen, aber die Wilde Jagd schnitt ihnen den Weg ab. Also wandten sie sich nach Westen. Eigentlich waren die geflügelten Ungeheuer schneller als die Pferde, aber sie spielten mit ihrer Beute wie die Katze mit der Maus und trieben die Reiter im Zickzack vor sich her. Die Rösser, von genauso edler Abstammung wie ihre Reiter, waren klitschnass; Schaum flog von ihren Lefzen.
    »Wie edelmütig!«, brüllte Helmdag in das Donnern der Hufe. »Sag mir noch einmal, wofür wir uns opfern, Bruderherz. Ich

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