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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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wir ausbrechen, werden sie uns folgen und die braven Männer hier in Ruhe lassen.«
    »Um ehrlich zu sein, war ich nie scharf auf den Heldentod«, erwiderte Helmdag. Doch er schloss das Visier und ging zu seinem Streitross.
    Hilck bückte sich nach dem Helm des gefallenen Ritters und drückte ihn seinem frisch ernannten Knappen auf den Kopf. »Nimm auch das Schwert«, sagte er zu ihm. »Du kommst mit. So lernst du gleich, was es heißt, mir zu dienen. Kannst du reiten?«
    »Ich bin bis vor kurzem einen Gockelhahn geritten.«
    Hilck von der Usse starrte ihn an. »Ich glaube, du bist irre«, sagte er. »Aber vielleicht ist ein Irrer genau der Richtige für dieses Vorhaben.«
    Die Gografen nutzten die Atempause im Gefecht, um sich in den Sattel zu schwingen. »Bleibt hier, bis diese geflügelten Wechselbälger fort sind«, befahl Helmdag einem der Ritter. »Dann folgt ihr uns.«
    »Aber, Herr«, stammelte der Ritter, »wir können Euch doch nicht allein …«
    »Gehorche«, brüllte Hilck. Dann sah er zum Himmel auf, der weiter von der Wilden Jagd verdunkelt wurde, rief: »Horrido, Bruder!«, und gab seinem Streitross die Sporen.
    Hirten, Wilderer und Ritter sahen den drei Reitern nach, die im scharfen Galopp auf das Feld donnerten. Die Wilde Jagd wirbelte kurz ratlos am Himmel. Dann formierte sie sich neu und nahm mit dem sausenden Geräusch einer Sturmbö die Verfolgung auf.
    Im fahlen Nachmittagslicht begruben die Männer ihre Toten und schafften die erschlagenen Ungeheuer auf das Feld, um sie zu verbrennen. Dann luden sie die Verwundeten auf die Pferde. Wolkan, ein für seine Blattschüsse berühmter Wilderer, ging noch einmal ins Gehölz. Er blieb vor einer Salweide stehen, öffnete den Schritt und erleichterte sich ächzend. Sein Strahl verebbte gerade, als wie aus dem Nichts eine Gestalt vor ihm auftauchte – ein hagerer, halbnackter Greis, dessen Gesicht und Brust mit Runen tätowiert waren. »Ja, bei …!«, rief Wolkan und bedeckte hastig seine Blöße.
    »Was hast du getan?«, klagte der Greis.
    »Ich habe … gepinkelt«, erwiderte der verdutzte Wolkan.
    »Nein!«, zischte der Greis. »Du hast Yggdrall besudelt.«
    »Oh«, sagte Wolkan und sah sich um, weil er glaubte, dass es sich um eine Person handelte. »Tut mir leid. Aber … ganz in der Nähe ist ein Fluss. Dort kann man sich waschen.«
    »Dummkopf«, fauchte der Greis. »Wie willst du einen Baum im Fluss waschen? Heh?«
    Wolkan starrte die Salweide an. Er patschte auf den Stamm und sagte: »Bitte um Nachsicht, Yggdrall. Bäume mit Namen pinkele ich sonst nicht an.«
    Der Greis schnaubte. Einen Herzschlag später erschien eine hochgewachsene, junge Frau neben ihm, dann ein stämmiger Wicht. Beide waren tätowiert, beide halbnackt.
    »Komm endlich, Wolkan!«, rief einer der Ritter. »Wir müssen den Gografen folgen.«
    Plötzlich war das ganze Gehölz umzingelt. Pferde scheuten, und ein Hirte flüsterte: »Oh, weh – das sind die Ragnarökk. Offenbar ist dies einer ihrer heiligen Hügel …«
    »Woher weißt du das?«, flüsterte ein anderer. »Niemand hat sie je gesehen.«
    »Ich schon«, sagte der Hirte. »Vor einigen Jahren hat mein Hund einen Ragnarökk vor einem Uhu gerettet. Die Eulen sind seit Urzeiten ihre Feinde.«
    »Macht den Weg frei«, bat ein Ritter. »Unsere Herren werden von der Wilden Jagd verfolgt. Wir müssen ihnen beistehen.«
    »Unsere in die Finsternis gestürzten Brüder und Schwestern«, murmelte der Greis, der Wolkan aus dem Gehölz stieß. »Wir haben gespürt, dass sie hier waren.«
    »Der Eiserne König ist auferstanden«, rief der Ritter. »Wollt ihr zulassen, dass er Pinafor unterjocht? Lasst uns durch.«
    »Die Nöte der Menschen gehen uns nichts an«, erwiderte die hochgewachsene Frau. »Wir leben im Verborgenen. Aber er …« – sie zeigte auf Wolkan – »… hat Yggdrall beschmutzt. Das muss gesühnt werden.«
    »Ich wusste ja nicht, dass es ein besonderer Baum ist«, sagte Wolkan trotzig. »Außerdem war es nur ein kleines Geschäft.«
    Der Greis schnaubte wieder, und die Ragnarökk zogen ihren Kreis enger. Sie waren von unterschiedlichster Statur; einige hatten Hörner oder einen Schweif, andere luchsartige Ohren oder Schlangenaugen. Sie waren zwar unbewaffnet, aber die Männer spürten, dass ihnen eine Kraft innewohnte, gegen die sie nicht ankamen.
    Der Ritter, der den Heerbann befehligte, knirschte ungeduldig mit den Zähnen. Wolkan drehte sich zum Greis um, breitete die Arme aus und sagte: »Sühnt

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