Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
Vom Netzwerk:
darüber hinweggesetzt.«
    Der Dachs knurrte, obwohl ihm sein Gefühl sagte, dass er der Fremden vertrauen konnte. »Wer ist dieser Yggdrall?«, wollte er wissen.
    Die Frau legte den Bart auf den Boden. »Nimm ihn«, sagte sie wieder. »Finde jene, die wissen, was damit zu tun ist.« Sie trat zurück und verneigte sich. Dann verschwand sie.
    Der Dachs starrte den vor ihm liegenden Bart unschlüssig an. Da ertönte ein Knacken. Es klang, als würden Tote ihre Fingerknöchel lockern. Im nächsten Moment wogten von allen Seiten Spinnen und Asseln auf ihn zu. Er schnappte sich den Bart, ohne weiter darüber nachzudenken, und floh zur Treppe. Die Schatten der Findlinge fielen auf die Stufen, Dämmerungsschein drang durch einen Spalt. Der Dachs eilte mit gesträubter Schwarte nach oben. »Reimeppe!«, schrie er, denn er hatte den Bart im Maul. »Hilpf mir!« Dann rutschte er auf den rissigen Stufen aus und fiel mitten in die Asseln und Spinnen, aus denen sein Kopf auftauchte wie aus einer wimmelnden Woge. » REI-MEP PE!«, brüllte er.
    Der um die Ecke lugende Fuchs zuckte zurück. Aber als er sah, dass der Dachs immer tiefer in die Krabbeltiere rutschte, fasste er sich ein Herz und sprang fauchend und knurrend die Stufen hinab. Der Dachs krallte beide Vorderpfoten in den Schwanz des Fuchses, der alle Kräfte sammelte, einen Satz tat und den Dachs so ruckartig aus dem Gewimmel riss, dass Gliederfüßer und Spinnentiere in alle Richtungen flogen. Sobald Meister Grimbart festen Boden unter den Hinterläufen hatte, gab er Fersengeld, verfolgt von Insekten, die wie eine Welle gegen die Treppe anbrandeten.
    Draußen vor der Grabstätte, im Zwielicht der anbrechenden Nacht, hüpfte der Fuchs jaulend herum und versuchte, auf seinen Schwanz zu pusten. »Grobian!«, schrie er. »Aua! Aua! Au-hau-haua!«
    Meister Grimbart rannte aus dem Königskessel, so schnell ihn seine Läufe trugen.
    Der Fuchs sprang noch eine Weile schmerzerfüllt im Kreis, aber als ihn die ersten Asseln erreichten, ergriff er auch die Flucht.
    Die beiden hielten erst an, als sie die Bäume Isarnhos erreicht hatten. »Widerwärtig«, schnaufte der Dachs, und es war nicht ganz klar, ob er die Insekten oder den Bart meinte.
    »Das sind ja die Haare aus der Grabkammer«, sagte der Fuchs erstaunt. »Brauchst du sie für deinen Kessel?«
    »Die Frau hat mich gebeten, den Bart des Eisernen Königs zu jenen zu bringen, die wissen, was damit zu tun ist. Die Haare sind angeblich mächtig«, erwiderte der Dachs. »Sie ist übrigens eine Ragnarökk.«
    »Rock? Hat sich der König bei seiner Erweckung nicht nur rasiert, sondern auch umgezogen?«, fragte der Fuchs.
    »Die
Ragnarökk
. Das uralte Volk, das seit der Entstehung der Welt im Geheimen lebt, du Intelligenzbestie. Wenn sich eine seiner Angehörigen zeigt, müssen die Köttel wirklich am Dampfen sein.« Der Dachs sah zum Königskessel, aber in der einsetzenden Dunkelheit war nicht zu erkennen, ob ihnen die Asseln und Spinnen folgten.
    »Diese Geisterfrau hat dich auf den Lauf genommen, wenn du mich fragst«, stichelte der Fuchs. »Hat sie wenigstens in dein geneigtes Ohr gewispert, wer jene sind, welche wissen, was zu tun ist?«
    Meister Grimbart knurrte nur und rollte den Bart in ein Blatt. »Wir müssen zu unseren Gefährten, den Gografen und den Welsen.« Er nahm die Rolle ins Maul und nuschelte: »Auf … tschumm … Dumpelpfuhl.«
    »›Tschumm‹?«, fragte der Fuchs. »Gesundheit. Auf dass die Pest dich nicht hole.« Er folgte dem Dachs, der eilends in den Wald lief, und motzte halblaut über die Gemeinheit der Welt. Als sich die Nacht auf Pinafor senkte, trabte er müde und wie in Trance dahin. Von den Hängen des Gretings konnten sie die Feuer im fernen Flutwidde erkennen – sie sprenkelten das Dunkel wie auf die Erde gestürzte, rötlich flackernde Sterne.
    Bis zur Hohen Heide war es noch weit.

25. Eine Frage der Ehre
    Gefolgt von Blaubart und anderen Getreuen, stieg der Eiserne König die Freitreppe des Schlosses hinauf, dessen Ostflügel in Schutt und Asche lag. Oben warf er einen Blick auf den Burghof: Zwischen den verwüsteten Rosenbüschen saßen von Karontiden bewachte Gefangene. Die Flammen, die aus Scheunen und Ställen schlugen, tauchten die auf dem Burghof versammelten Kämpfer der Streitmacht in ein rötliches Licht.
    Der Eiserne König reckte die Arme und stieß einen heiseren Schrei aus, der aus unzähligen Kehlen erwidert wurde. Dann ging er in den Rittersaal, dessen Fenster einen Blick

Weitere Kostenlose Bücher