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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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beschäftigt, dass sie nichts merkten. Er stahl auch eine Flasche Kartoffelschnaps, weil er wusste, dass der Dachs gern ein Schlückchen trank. Deshalb brauchte er fünf Tage bis zum Dachsbau, der sich in der Nähe der Mündung der Fusel in die Usse befand. Nördlich davon ging Flutwidde in die Hohe Heide über. Als er sich dem Bau endlich näherte, lag Hans noch bei der Muhme im Fieber, und Grimm trieb den dritten Tag im Fluss.
    Meister Grimbart hatte seinen Bau in einem flachen Hügel angelegt. Der Eingang befand sich zwischen Kiefernwurzeln. Dort sonnte er seine Schwarte und döste, denn er ging nachts auf Jagd. Der Fuchs blieb in einiger Entfernung stehen und krauste die Nase – Dachse rochen nicht gerade lieblich. Aber er gab sich einen Ruck und schnürte weiter. Als er in den Bau sah, traf ihn ein Schwall Erde mitten ins Gesicht. Er sprang keckernd zurück, und im nächsten Moment kam die lange, schwarz-weiße Schnauze Meister Grimbarts zum Vorschein.
    »Schau einer an – Reineke Fuchs!«, rief er. »Bleib lieber draußen, denn ich erledige gerade den Frühjahrsputz.«
    »Wir haben bald Herbst«, erwiderte der Fuchs und schüttelte die Erde von seinem Balg.
    »Weißt du«, sagte der Dachs und sah zum Himmel auf, »im Ruhestand verschiebt sich das. Der Frühling wird zum Herbst und der Sommer zum Winter, und dann kommt irgendwann das Große Dunkel.«
    Der Fuchs sprach ungern vom Tod, und da Meister Grimbart offenbar gut gelaunt war, beschloss er, nicht viel Federlesens zu machen. »Ich komme aus dem Lohwald. Vom Rat«, sagte er.
    »Ach, wirklich? Vom Rat?«, fragte der Dachs. Erst gähnte er, dann zog er die Nase hoch und rotzte in den Sand.
    Der Fuchs war entsetzt über diese rüpelhaften Manieren. »Ja. Vom … Rat«, wiederholte er irritiert. »Du hast vielleicht auch gemerkt, dass in Pinafor etwas faul ist. Die Menschen leben nur noch ihre … Lüste und übelsten Seiten aus. Dann sind da diese sieben Raben, die überall in der … Luft herumflattern. Niemand kennt sie. Der Uhu meint, dass die Esche bedroht ist. Nun … kurz gesagt …«
    »Kurz ist gut«, warf der Dachs ein und drehte seine Schwarte in die Spätsommersonne.
    »Ja … Zusammenfassend und in allerkürzester Kürze gesagt«, stammelte der noch tiefer irritierte Fuchs, »haben wir dich dazu ausersehen, die … Welt zu retten!« Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, da wusste er schon, dass er in ein Fettnäpfchen getreten war. Er legte demütig die Gehöre an.
    Meister Grimbart wälzte sich herum und funkelte den Fuchs an. »Raben, die in der
Luft
herumflattern?«, knurrte er. »Was soll daran so seltsam sein?«
    »An sich nichts«, stammelte der Fuchs. »Aber um die Kürze zu würzen … will meinen … um auf den wunden Punkt zu kommen … Sie sind Unglücksboten. Verstehst du?«
    »Ich verstehe vor allem«, erwiderte der Dachs eisig, »dass ich meinen herbstlichen Frühjahrsputz unterbrechen soll, weil die beim Rat versammelten Trottel und Weicheier zu faul und zu feige sind, selbst zu handeln. Ihr wollt mich ungefragt für etwas einspannen? Vergesst es!«
    Der Fuchs schluckte. »Da war dieser Feldherr«, sagte er, »der gern seinen Acker pflügte. Wenn Gefahr drohte, rief man ihn, und er ließ Pflug und Pferde stehen und eilte den Seinen zu Hilfe.«
    »Was kümmern mich Uhu oder Bär?«, brummte der Dachs. »Das sind nicht die Meinen. Von diesen Menschen ganz zu schweigen.«
    »Vielleicht solltest du einmal im Leben über den Tellerrand deiner kleinen Welt blicken«, sagte der Fuchs.
    Meister Grimbart sah ihn an, als wollte er ihn fressen.
    Der Fuchs dachte nach. Dann entschied er sich für eine neue Taktik. »Wie wäre es mit einem Kartoffelschnaps?«, fragte er unverfänglich. »Habe ich unterwegs stiebitzt.«
    »Her damit«, fauchte der Dachs. »Alles, um eure Dummheit zu vergessen!«
    Der Fuchs entkorkte die Flasche.
     
    Bei Anbruch der Dämmerung war der Dachs sternhagelvoll. Er lag vor seinem Bau, den Schnaps in der Pranke, und prahlte mit seinen Heldentaten. Der Fuchs nickte oder brummte in Abständen und tat so, als höre er zu, schlief aber halb. Er schrak erst auf, als sich der Dachs verschluckte und laut husten musste.
    »Ah – bevor ich es vergesse«, sagte er, »du musst die Flasche noch quittieren.«
    »Quitt … was?«, lallte Meister Grimbart. »Hast du den Stoff nicht geklaut, du Held?«
    »Auch Diebe haben ihre Ehre«, erwiderte der Fuchs pikiert. »Ich führe Buch über jedes Huhn. Hier …« – er

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