Der Eiserne König
Gemetzel so liebst, kämpf mit«, grollte der Dachs. Dann verstummte er, weil er sah, dass ein Jüngling einen von Sneewitts Pfeilen aus seiner Stirn zog und weiterfocht, als wäre nichts gewesen. »Das sind keine Menschen«, hauchte er.
»Nein, das sind Dämonen«, keckerte der Fuchs. »Ist das nicht aufregend?«
Meister Grimbart merkte mit Entsetzen, dass Hans unter den wilden Hieben Grimms einzuknicken begann. Sneewitt war verzweifelt, weil ihre Pfeile wirkungslos blieben. Aber als sie sah, dass sich Hans kaum noch im Sattel halten konnte, legte sie auf Grimm an, der wütend aufschrie, als sich ihr Pfeil unter dem Handschuh in seinen rechten Arm bohrte. Er ließ von Hans ab und warf einen Dolch, der mit so großer Wucht in Sneewitts rechter Schulter einschlug, dass sie aus dem Sattel flog. Der Bogen entglitt ihr und segelte durch die Luft. Sie blieb reglos am Boden liegen, während das Gefecht weitertobte.
»Oh«, hechelte der Fuchs. »Mir wird auf einmal … übel. Ich weiß nicht, ob das wirklich so aufregend ist. Ich …« Er sah, wie Sanne den Axthieben mehrerer Jünglinge auswich. Diese spürten, dass sie ermattete, und fochten umso entschlossener.
Da erschien Hardt im Blickfeld des Dachses. Er schwang den Zweihänder von Kunz. »Ich helfe dir!«, schrie er, schmetterte einem Jüngling die Streitaxt aus der Hand und wehrte die Angriffe Rücken an Rücken mit Sanne ab.
Der Fuchs schwieg. Seine Begeisterung war verflogen. Er begann zu zittern, und als jemand rief: »Mein Hut! Wo ist mein Hut?«, erschrak er so sehr, dass er sich fast auf die aus dem Maul hängende Zunge gebissen hätte. Er sah nach unten. Dort kroch Horn im Laub herum und schien verzweifelt nach etwas zu suchen.
»Siehst du seinen Hut?«, fragte der Dachs.
»Wozu ein Hut?«, fragte der angstschlotternde Fuchs. »Er soll ein Schwert nehmen und kämpfen.«
»Da ist er«, sagte der Dachs und zeigte auf einen Erlenast, an dem ein abgegriffener Hut hing. »Er hat ihn beim Sturz vom Pferd verloren. Hol ihn.«
»Ich?«
»Du bist behender als ich. Hol ihn.«
»Wieso ich?«
»Du bist klüger. Hol ihn.«
»Bin ich auch schöner als du?«
»
Hol
ihn!«, fauchte der Dachs. »Der Mann ist verzweifelt. Siehst du das nicht?«
Der Fuchs fiel eher vom Baum, als dass er sprang. Er lief zur Erle, nahm den Hut ins Maul und trug ihn zu Horn. Der kam auf die Knie, griff nach der Kopfbedeckung und rief: »Danke, guter Fuchs. Du bist der Klügste! Du bist der Schönste!«
Der Fuchs saß lächelnd da und sah Horn nach, der rannte, was die dicken Beine hergaben. Im Laufen setzte er den Hut auf. Als er den Pfad erreichte, schrie er seinen Gefährten aus voller Kehle zu: »Werft euch auf den Boden!«
Hardt und Sanne sahen ihn fragend an, fochten aber weiter.
»Hinwerfen, Leute! Geht in Deckung!«, schrie Horn wieder.
Der entkräftete Hans ließ sich zu Boden sinken; ihm war alles gleich.
Grimm fuhr herum. Auf seinen Wink gingen zwei Jünglinge auf Horn los.
»Auf! Den! Boden!«, brüllte Horn so laut, dass sein Gesicht rot anlief.
Sanne und Hardt, erschöpft und mehrfach verwundet, taten es Hans gleich.
Horn schwenkte den Hut, und zum Erstaunen von Dachs und Fuchs wuchsen hundert Bogenschützen aus dem Boden. Sie spannten den Langbogen. Hundert Pfeile schnellten mit dem Sausen eines Sturms von den Sehnen. Die beiden Angreifer wurden zurückgeschleudert. Sie rollten durch den Dreck, gespickt mit Pfeilen.
Die Langbogenschützen legten wieder an. Und wieder ging ein Pfeilhagel auf die Gegner nieder. Grimm, der gerade zu einem tödlichen Streich gegen Hans ausholen wollte, wurde gegen eine Silberpappel genagelt.
Noch ein Pfeilhagel.
Und noch einer.
Die Jünglinge waren dutzendfach durchbohrt. Die schweren, sperrigen Langbogenpfeile machten sie kampfunfähig. Grimm riss sich mitsamt den Pfeilen, die in seiner Brust steckten, vom Baumstamm los und befahl seine Männer mit einem Wink zu den Pferden. Sie hievten sich auf den Sattel und ritten davon. Die Bogenschützen sandten ihnen einen letzten Gruß nach.
Sobald Grimm und die sieben Jünglinge geflohen waren, schwenkte Horn erneut den Hut, und die Langbogenschützen lösten sich in Luft auf. Der Kampflärm wich dem Stöhnen der Verwundeten, und der Fuchs verkroch sich im Unterholz, um seinen Magen zu entleeren.
7. Das Dorf an der Fusel
Das war ein kläglicher Trupp, der den Auwald verließ. Die Kaltblüter trabten frisch dahin, aber die Reiter waren stark angeschlagen.
»Wenn ich gewusst hätte,
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