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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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Hufen.
    »Nein«, sagte Grimm. »Wir müssten durch die Furt, und sie würden uns bemerken. Wir lauern ihnen tiefer im Auwald auf.« Nach einem letzten Blick auf das Lager lenkte er seinen Rappen am Zügel herum und trabte an den sieben Jünglingen vorbei zwischen die Bäume.
    Sie folgten ihm.
     
    »Selten so schlecht geschlafen …« Kunz kratzte sich gähnend an der Brust.
    »Ich finde es herrlich, draußen zu übernachten«, sagte Horn, der am Feuer stand und seine Hände rieb. »Das ist Freiheit.«
    Sneewitt ordnete ihre Pfeile im Köcher. Hardt aß ein kaltes Stück Fleisch.
    Hans sah zum bedeckten Himmel auf. »Nun ist der Sommer endgültig vorbei«, sagte er zu Sanne, die den Enten am Flussufer Brotkrümel zuwarf.
    »Wer weiß?«, erwiderte sie.
    »Warum fütterst du die Enten?«, fragte er. »Und warum sind sie so zutraulich?«
    »Ich war eine Weile in eine Ente verwandelt«, antwortete Sanne. »Ich war auch mit einem Prinzen verheiratet, aber er war ein Wüstling wie der Mann von Sneewitt und wurde bei einem Streit in einer Kneipe erschlagen. Danach habe ich bei meinem Bruder gelebt, aber das wurde bald langweilig. Und nun bin ich hier.« Sie warf das letzte Stück Brot in den Fluss und drehte sich zu Hans um.
    Er betrachtete die matt schimmernden Sicheln, die in ihrem Gürtel steckten. Dann rief er: »Wir brechen auf!«
    Horn trat das Feuer aus. Sneewitt schwang sich in den Sattel. Hardt setzte sich hinter Kunz, und Horn wuchtete sich hinter Sanne, denn sie war die leichteste und kleinste von allen.
    Die Strömung des Flusses war stark und schien den Morgennebel mitzureißen. Gischt sprühte an den Steinen, die die Furt markierten. Hans lenkte seinen Kaltblüter in die Usse. Die schweren Pferde stapften unangefochten durch die Fluten. Sie waren mitten in der Furt, als Kunz rief: »Da sind wieder diese Unglücksvögel!«
    Sneewitt lachte verächtlich über seinen Aberglauben.
    »Wieso lachst du?«, fragte Kunz verärgert. »Nimm lieber den Bogen und hol sie vom Himmel.«
    Die Raben überflogen die Gefährten. Dann drehten sie ab und verschwanden über dem Auwald am Nordufer.
    Sobald sie wieder trockenen Boden unter den Füßen hatten, drehte sich Hans im Sattel um. »Wir reiten nach Nordosten«, sagte er. »Wir werden die Fusel gegen Abend erreichen.« Er ritt in den Wald.
    Der Auwald war an diesem Abschnitt der Usse sehr tief. Sie ritten in verwirrenden Schleifen hindurch, weil immer wieder von Herbststürmen gefällte Weiden und Erlen im Weg lagen. Reiherhorste saßen zwischen Astgabeln, der Boden darunter war kotbedeckt. Tote Flussarme schlängelten sich ins Nichts. In der Ferne schrie ein Käuzchen, das den Morgen mit dem Abend zu verwechseln schien. Horn, der Sanne beide Arme um die Taille gelegt hatte, als wollte er sie festhalten, brachte die Gefährten mit Anekdoten aus seinen Wanderjahren und seiner Zeit als König zum Lachen. Ein Eichhörnchen sprang auf einen Baum; ein Eichelhäher ergriff die Flucht. Sonst war alles ruhig. Sogar Kunz, der den Raben misstraute, hatte jede Vorsicht vergessen. Nur die hinter Hans reitende Sneewitt blieb wachsam.
     
    Am Rand des Auwalds, wo Weidensträucher und Schilf gute Deckung boten, lauerten Grimm und die sieben Jünglinge den Gefährten auf.
    »Wo bleiben sie?«, fragte Grimm und fuhr mit dem Daumen über die Schwertschneide.
    »Sie haben die Furt durchquert«, sagte ein Jüngling. »Aber sie brauchen länger, weil die Kaltblüter nicht sehr wendig sind.«
    Grimm nickte. Er war jetzt ein Krieger des sagenumwobenen, grausamen und blutrünstigen Eisernen Königs, und das gefiel ihm. Früher hatte er ziellos geraubt und gemordet; nun hatte sein Tun einen Sinn, denn er bereitete der Wiederkehr des Herrschers, der im Königskessel am Westrand des Gretings in seiner Grabkammer schlief, den Weg. Grimm drehte sich zu den Jünglingen um, die dem Kampf ruhig entgegensahen, und lachte still in sich hinein: Sie waren unbesiegbar!
     
    »Der Auwald wird lichter«, sagte Hans. »Wir haben es bald geschafft.« Er klopfte seinem Pferd auf den Hals.
    »Na, endlich«, murmelte Sneewitt.
    Horn summte vor sich hin. »Stört es dich, dass ich mich an dir festhalte?«, fragte er Sanne.
    »Nein«, erwiderte sie, »so bleibt mein Rücken warm.«
    Sie trabten weiter.
    Hinter der nächsten Biegung scheute Hans’ Kaltblüter und wollte wiehernd nach rechts ausbrechen. Hans musste seine ganze Kraft aufwenden, um ihn zu zügeln. »Hooh!«, rief er. »Hooh!« Als die schweren Hufe

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