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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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arm«, erzählte Horn zwischen zwei Bissen. »Trotzdem war ich eine Weile König. Tief im Süden. Ich hatte auch eine schöne Prinzessin zur Frau. Aber …« – er wischte sich den Mund ab – »… Schönheit ist keine Garantie für gar nichts, schreibt euch das hinter die Ohren. Also habe ich Hut, Ranzen und Horn genommen und bin abgehauen.«
    Sneewitt zerbiss einen Knorpel.
    Horn zeigte mit einem abgenagten Knochen auf Hans. »Was dieses Mädchen betrifft«, sagte er, »so seid ihr offenbar nicht die Einzigen, die es suchen.«
    »Nicht die Einzigen?«, fragte Hans verblüfft.
    »Nein.« Horn beugte sich vor und schnitt noch einen Batzen Fleisch vom Braten. »Ich bin sieben blonden Jünglingen auf Schimmeln begegnet. Ihr Anführer reitet einen Rappen. Er ist ein unheimlicher Geselle. Angeblich suchen sie das Mädchen schon seit über einer Woche. Diese Jünglinge sehen blendend aus, aber wie gesagt: Schönheit ist keine Garantie für gar nichts. Ich schätze, sie würden über Leichen gehen. Aber sie haben das Mädchen noch nicht aufgespürt.«
    »Verdammt!«, zischte Kunz.
    »Klingt, als wären sie arglistig«, sagte Sanne leise.
    »Ja. Sie führen nichts Gutes im Schilde«, erwiderte Horn. »Ich möchte nicht in der Haut des Mädchens stecken. Aber …« – er zupfte an einem Ohr – »… der dicke Horn hat etwas läuten gehört! Ich bin einem redseligen Schäfer begegnet, der das Mädchen vor zwei Tagen auf der Hohen Heide gesehen haben will. Irgendwo an der Fusel.«
    »Ach«, stieß Hardt hervor. Er wirkte verblüfft.
    »Hm …«, brummte Sneewitt, die ihn betrachtete. Sie fuhr mit dem Daumen über eine Pfeilspitze.
    »Du hattest recht, Drechsler!«, rief Kunz und klopfte Hardt auf die Schulter. Hardt lächelte schief, aber die Erleichterung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    »Vielleicht hatte er einfach nur Glück«, sagte Sneewitt.
    »Ich glaube, dass er ein guter Kerl ist«, erwiderte Sanne.
    Hardt sah sie an. Er kam auf die Beine, senkte den Kopf und sagte laut und vernehmlich: »Ich habe gelogen. Ich habe nie von dem Mädchen gehört. Ich habe euch eine Lüge erzählt, weil ich mitgenommen werden wollte. Bitte verzeiht mir. Ich stehe euch weiter zur Seite, um es gutzumachen.« Er sah die Gefährten unsicher an.
    »Sieh da«, sagte Sneewitt. »Der Mann hat Mumm.«
    »Ja. Man braucht Mut, um einen Fehler zuzugeben«, fügte Kunz hinzu.
    »Und Anstand«, sagte Sanne mild.
    »Gut. Komm mit uns«, sagte Hans. »Da wir es nun auch mit den Jünglingen und ihrem Anführer zu tun haben, können wir Verstärkung gebrauchen.«
    »Nehmt mich auch mit«, bat Horn. »Ich habe das ziellose Umherschweifen satt. Und ich ersetze im Notfall eine ganze Armee.«
    »Bezieht sich das auf deine Leibesfülle?«, fragte Sneewitt.
    »Ihr werdet schon sehen«, erwiderte Horn lächelnd.
    Die Gefährten wickelten sich in ihre Decken. Hardt meldete sich freiwillig für die erste Wache. Eulen glitten lautlos durch die Nacht. Ihre Rufe klangen so unheimlich, dass ihm angst und bange wurde.

6. Das Gefecht im Auwald
    Dämmerungsdunst hing über der Usse, die träge durch den Anwald floss. Grimm beobachtete das Lager am jenseitigen Ufer. Dort schürte eine rothaarige Frau ein Feuer.
    Grimm drehte sich nach den Jünglingen um, die hinter ihm auf ihren Schimmeln saßen. Sie hatten unzählige Male ihre Rabengestalt angenommen und das ganze Land abgesucht – alles vergeblich. Die Mörderin seiner Männer war wie vom Erdboden verschluckt. Immerhin wussten sie jetzt, dass sie auf der Hut sein mussten, denn vor einigen Nächten war ihm die Dame erschienen, der er sein zweites Leben verdankte, und hatte ihn vor einem vierköpfigen, gegnerischen Trupp gewarnt, der auch auf der Suche nach dem Mädchen war. Auf dem anderen Ufer lagerten zwar fünf oder sechs Personen, aber die Beschreibung passte – die Frau mit dem feuerroten Haar und der milchweißen Haut war nicht zu verkennen. Die Dame hatte gesagt, dass er dem Eisernen König als dessen Krieger Treue schulde. Er solle nicht nur das Mädchen mit den grünen Augen, sondern alle Feinde des Königs töten, der noch in der Grabkammer schlafe, aber bald erwachen werde, um wieder die Herrschaft über Pinafor anzutreten. Grimm hatte sich verneigt und Gehorsam gelobt. Danach hatte sich die Dame in einen Nebelstreif verwandelt und war verschwunden.
    »Sollen wir sie gleich angreifen?«, fragte einer der Jünglinge mit mädchenhafter Stimme.
    Die Pferde schnaubten und stampften mit den

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