Der Eiserne König
Schwarzer. Warte hier. Es wird nicht lange dauern.« Er band den Zügel an einen Ast. Nach einigen Schritten drehte er sich um. »Falls ich nicht zurückkehre«, sagte er, »mach es gut, alter Knabe.« Dann schlich er durch das Unterholz zur Hütte.
Alles war still. Rauch wölkte aus dem Schornstein, der sich über den bemoosten Dachschindeln erhob. Grimm kam aus der Deckung, zog das Schwert und ging mit langen Schritten zur Tür, stieß sie auf. Warme Luft schlug ihm entgegen. Die in den Becken glühenden Kohlen ließen die samtbespannten Wände rötlich schimmern. Barbera lag auf dem Lager. Bei Grimms Anblick wisperte sie lächelnd: »Mein Galan.« Ein weißer Arm lag auf den Fellen, mit denen sie bis zum Kinn zugedeckt war. Unter der Schulter war die Wunde zu sehen, die er ihr geschlagen hatte.
Ob sie fieberte? Als Grimm sich umschaute, erblickte er auf einem Stuhl das schwarze Gewand, das sie zuletzt getragen hatte. Die Haube mit dem Schleier lag auch da. Er schloss die Tür, rührte sich aber nicht vom Fleck.
»Komm zu mir«, hauchte Barbera.
Grimm kämpfte mit sich. Schließlich stieß er hervor: »Wir haben deine Schwestern erschlagen. Alle zwölf. Sie liegen tot im Gewölbe ihres niedergebrannten Hauses.«
»Komm her«, wiederholte Barbera. Als er sich nicht regte, schälte sie sich aus den Fellen und griff nach einer neben dem Lager stehenden, bauchigen Flasche. Sie setzte sie an die Lippen. »Leer …«, murmelte sie und sank wieder zurück. Dann sah sie Grimm aus glänzenden Augen an. »Du willst mich töten. Aber das wird dir nicht gelingen«, flüsterte sie. »Und warum solltest du es tun? Wir haben alles verloren. Der Eiserne König ist ein zweites Mal durch die Hand einer Frau gestorben. Sie hat ihm einen Eschenpflock ins Herz gestoßen. Der Dunst des Dornenhags ist ihm entwichen, und sein Leib hat sich in ein Gewimmel von Asseln und Spinnen aufgelöst. Er wird bis in alle Ewigkeit durch die Leere jenseits der Welt irren. Wir beide«, sagte sie mit schwacher Stimme, »haben nur noch einander.«
Grimm starrte sie an.
»Nur noch einander«, sagte sie wieder. »Komm zu mir, mein Galan.« Sie winkte ihm mit einem Finger.
Er betrachtete die Striemen auf ihrer Wange, das Schandmal auf ihrer Stirn, die Haare, die sich dunkel auf ihren Schultern ringelten. Dann ging er langsam zu ihr, richtete das Schwert auf sie. »Oh, doch!«, sagte er, und seine Rubinaugen loderten. »Ich werde dich töten. Denn du hast mich nur erweckt, um mich zu benutzen. Ich war dein Werkzeug und dein Diener. Du hast mich weder geachtet noch geliebt. Du hast nur Tod und Unheil gebracht. In deiner schönen Gestalt steckt ein Ungeheuer!« Er schob die Schwertspitze dicht an ihren Hals.
Barbera lachte leise. »Dummkopf«, flüsterte sie. »Ihr habt meine zwölf Schwestern getötet, aber mich kannst du nicht töten. Du wirst es nicht einmal wagen. Steck dein Schwert weg und leg dich zu mir.«
Grimm zog das Schwert zurück. Die Versuchung war groß, und er rang mit sich. Er streckte eine Hand aus, als wollte er Barberas Wange streicheln, holte rüttelnd Luft.
»Jaaa …«, seufzte sie. »Komm.«
Er zog das Schwert noch weiter zurück, ließ die Spitze auf die Felldecke sinken. Er keuchte. Der innere Kampf war ihm anzusehen; seine Gesichtsmuskeln zuckten, er mahlte mit den Kiefern, stampfte auf. Da sah er sie plötzlich vor sich – das Mädchen mit den grünen Augen und den beiden Vögeln auf den Schultern. Er riss sich zusammen, schrie auf und stieß mit dem Schwert zu.
Die Spitze bohrte sich durch die Felle in die Strohmatratze, denn Barbera war aufgesprungen. Sie stand mit grässlich verzerrtem Gesicht neben dem Lager und fauchte ihn an. Im nächsten Moment verwandelte sie sich in die Hexe, hackte mit ihren Krallen, spie ihm Gift und Galle ins Gesicht. Er taumelte zurück, fing sich wieder und führte einen Streich, der ihren Rumpf vom Oberkörper hätte trennen müssen, aber ins Leere ging. Die Klinge fuhr in einen Balken, und als er sie heraushebeln wollte, riss ihm Barbera den Helm ab und zerkratzte sein Gesicht mit den Fingernägeln. Grimm warf sie brüllend in eine Ecke, wuchtete eines der Becken hoch und kippte die glühenden Kohlen über ihr aus. Ihre Haare fingen Feuer, Qualm stieg von den Lumpen auf. Sie wand sich unter Schmerzen, kreischte und zeterte. Und als hätte Grimm ihren nächsten Schritt geahnt, griff er nach der bauchigen Flasche, schnappte sich den Korken und wirbelte herum. Barberas Hexengestalt
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