Der Eiserne König
brach über die Gefährten herein; der Sturm peitschte den Regen senkrecht durch die Luft, und das Wasser des Dunkelpfuhls brodelte, als würde es kochen. Die Gefährten konnten kaum eine Hand vor Augen erkennen.
»Das hat uns noch gefehlt«, stöhnte Kunz und warf sich die Decke über den Kopf.
»Aufschließen!«, brüllte Hans über die Schulter, denn das Pferd mit Sanne und Horn war zurückgefallen. »Wir müssen zusammenbleiben!«
Mehrere Donnerschläge krachten in Folge. Sie waren so laut, dass es Hans in den Ohren pfiff. Als er sich wieder umdrehte, saßen Horn und Sanne nicht mehr im Sattel. Er wischte sich das Wasser aus den Augen. »Halt!«, schrie er. »Anhalten!« Er gab Sneewitt den Zügel seines Kaltblüters und saß ab. Sanne hockte am Boden und beugte sich über Horn, der sich vor Schmerzen wand. Im Licht eines Blitzes sah Hans, dass man ihm ein Schwert durch den Oberarm in den Brustkasten gestoßen hatte. Horn blutete stark; rötlicher Schaum quoll aus seinen Mundwinkeln. Sein Hut war beim Sturz vom Pferd abgefallen und weggeweht worden.
»Die Dämonen!«, brüllte Hans und zog sein Schwert. »Sie haben Horn aus dem Hinterhalt überfallen! Sie lauern uns hier irgendwo auf! Sammelt euch um Horn und Sanne!«
Die Gefährten zogen die scheuenden Pferde durch den Sturm. Sie waren nass bis auf die Knochen und sahen sich hastig um, ohne den Feind entdecken zu können.
Da sprang Grimm, durch seine graue Rüstung im Regen fast unsichtbar, aus dem Unterholz und griff Kunz von hinten an. Der kam mit dem Schrecken davon, weil der Hieb vom Zweihänder abprallte, den er auf dem Rücken trug. Als er herumfuhr, war der Feind schon verschwunden.
»Bildet einen Kreis um die Pferde!«, schrie Hans. Sanne, die Horn notdürftig verbunden hatte, kam auf die Beine und griff nach dem Zügel ihres Kaltblüters. Sie scharten die Pferde um den Verwundeten und stellten sich im Kreis auf. Sneewitt blieb mit gespanntem Bogen im Sattel und sah sich wachsam um. Der Regensturm trübte die Sicht, der Wald bot dem Gegner Deckung, und wegen des dichten Baumbestands waren Zweikämpfe fast unmöglich.
»Verdammter Regen!«, fluchte Hardt, der Sneewitts Schwert gepackt hielt.
»Wo stecken unsere Spürnasen?«, rief Sanne.
Dachs und Fuchs waren nirgendwo zu sehen.
Da sauste eine Streitaxt durch den Sturm.
Hardt sah sie aus den Augenwinkeln. »Achtung!«, brüllte er.
Das Mädchen saß unter dem Felsvorsprung und strickte. Die Wetterfichte bog sich so knarrend im Unwetter, als wollte sie brechen. Das letzte Wollhemd war fast fertig, als die Raben in Sicht kamen, die sich durch den Sturm zur Insel kämpften. Das Mädchen hatte sich beim ersten Mal versteckt, aber jetzt blieb sie sitzen. Sie ließ eine Masche fallen und nahm sie mit zitternden Händen wieder auf. Überall tobten die Elemente; so musste es während der Entstehung der Welt gewesen sein. Das Mädchen zupfte am Wollfaden. Wenn ein Blitz zuckte, sah sie, dass die Raben nähergekommen waren. Sie holte tief Luft. Ein Ärmel wollte noch gestrickt sein.
Sneewitt schoss. Ihr Pfeil prallte mit singendem Ton gegen die Klinge der Streitaxt. Dadurch wurde der Flug der Axt abgefälscht. Sie hatte eigentlich ihr gegolten, grub sich aber in die Flanke eines Kaltblüters. Hans wich aus, als sich das Pferd wiehernd aufbäumte. Dann galoppierte es davon. Sanne und Kunz wollten nach den Zügeln ihrer Pferde greifen, aber die Tiere flohen voller Panik in den Wald.
Während Sneewitt mit ihrem Kaltblüter rang, griff Grimm wieder an. Im Durcheinander bemerkten ihn die Gefährten zu spät. Wäre Hans nicht über eine Wurzel gestolpert, dann hätte Grimms Schwert ihn durchbohrt. Als er aufspringen wollte, bemerkte er einen Maulwurf, der ängstlich zu Grimm aufsah, denn dieser holte direkt über ihnen zu einem Hieb aus, der sie beide das Leben kosten konnte. Hans wich aus und schützte den Maulwurf, indem er Grimms Schlag mit seinem Schwert ablenkte. Dann kam er auf die Beine, um sich dem Gegner von Angesicht zu Angesicht zu stellen.
Sneewitt mühte sich weiter mit ihrem Kaltblüter ab. Kunz war den Pferden hinterhergerannt. Sanne stand benommen da und sah abwechselnd zum verletzten Horn und zum zornigen Grimm.
Der stürzte sich brüllend auf Hans. Sie kreuzten Klingen. Die Wucht des Schlags erschütterte Hans bis ins Mark. Grimm holte erneut aus, hatte in seiner Raserei aber Hardt aus den Augen verloren, der hinter einer Salweide auftauchte und ihm einen Ast zwischen die Beine
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