Der Eiserne König
dumpfer Wucht auf dem anderen Ufer auftrafen, schossen Atemwolken aus ihren Nüstern. Schweißnasse Pferdeleiber dampften, das Sattelzeug knarrte, und durch die Reiter, die sich über den Widerrist beugten, ging ein Ruck. Sobald die Rösser wieder im gestreckten Galopp dahinjagten, richteten sich die Reiter auf: Sieben Männer mit goldener Rüstung und wehendem Blondhaar, einer in Eisgrau und mit frostig glitzerndem Schwert. Sie trieben Nebel und Nacht vor sich her, der Hufschlag ihrer Rösser weckte die Sonne: Sie erhob sich im Osten und sandte fahle Strahlen über das Land. Die nach Westen preschenden Reiter, denen man das Gefecht im Auwald nicht mehr ansah, schienen ihre eigenen Schatten zu jagen.
»Wir haben sie südlich des Dunkelpfuhls entdeckt!«, rief ein Jüngling.
Grimm wendete seinen Rappen, und die acht Reiter ritten nebeneinander über die Hohe Heide nach Norden. Unter den Hufen ihrer Rösser stob Sand auf. Sie hatten ihr Wild lange vergeblich gesucht, aber jetzt war es zum Greifen nah. Und sie wussten: Wem auch immer sie dienten, er würde es ihnen vergelten.
Die sechs Gefährten waren auf Drängen von Dachs und Fuchs vor dem Morgengrauen aufgebrochen. Sie trabten auf den Kaltblütern durch die dämmerige Einödlandschaft. Die beiden Tiere flitzten vor ihnen durch das Heidekraut, die Schnauzen dicht am Boden, und suchten die Witterung des Mädchens mit den grünen Augen.
»Sie scheinen Böses zu ahnen«, sagte Sanne. »Hoffentlich finden wir das Mädchen rechtzeitig.«
»Keine Bange«, erwiderte der hinter ihr sitzende Horn. »Auf die Spürnasen unserer neuen Freunde ist Verlass. Wer weiß, wo unser Weizen noch blüht.«
Kunz gähnte. Hardt rieb sich den Schlaf aus den Augen.
»Wie geht es deiner Schulter?«, fragte Hans und drehte sich nach Sneewitt um.
»Besser«, antwortete sie.
Hans sah sich nach Dachs und Fuchs um. Sie beschnüffelten den Stamm einer ungewöhnlich dicken Kiefer, die wie eine Landmarke einsam auf einem Sandhügel stand.
»Sie war hier!«, rief der Dachs. »Sie hat in diesem hohlen Stamm geschlafen. Wir haben ihre Witterung!«
»Ihre Spur duftet nach Lilien«, sagte der Fuchs und verdrehte betört die Augen.
»Endlich.« Horn klopfte sich auf einen Oberschenkel.
»Ja«, erwiderte Meister Grimbart. »Aber ich glaube, dass ihr die Dämonen dicht auf den Fersen sind. Wir müssen uns beeilen.«
Während sich die Sonne über den Horizont schob, folgten sie der nach Osten führenden Spur, bis sie wieder auf die Fusel stießen, die hier, nicht weit von ihrer Quelle, nur noch so schmal wie ein Bach war.
»Sie schlendert herum, als würde sie Blumen pflücken«, sagte Kunz erstaunt.
Sanne nickte. »Erstaunlich, ja. Trotzdem bewegt sie sich nach Norden.«
»Sie will zum Dunkelpfuhl«, stieß Hans hervor.
»Der Dunkelpfuhl …«, murmelte Sneewitt. »Ist das nicht der See, in dem so viele Jäger verschwunden sind?«
»Der Eisenhans hat sie auf den Grund gezogen«, sagte Kunz. »Aber das ist lange her.«
»Wer ist das?«, fragte Hardt.
»Ein wilder Mann, braun wie rostiges Eisen und mit Haaren, die bis zu den Knien hängen«, antwortete Kunz.
»Abscheulich!«, murmelte Hardt.
»Aber wenigstens männlich«, frotzelte Sneewitt.
»Der Eisenhans treibt weiter sein Unwesen«, warf der Fuchs ein. »Ein Wiesel hat mir erzählt, dass er …«
Aber er wurde von Meister Grimbart unterbrochen, der wie angewurzelt stehenblieb. »Hufspuren!«, rief er.
Die Gefährten zügelten die Pferde. »Die Dämonen?«, fragte Hans.
Der Dachs beschnupperte die Abdrücke, die sich der Erde am Ufer der Fusel eingeprägt hatten. »Nein«, erwiderte er. »Es war ein Maultier. Aber …« – er wies mit der Schnauze nach Norden – »… ab hier folgt der Reiter dem Mädchen.«
Sie spornten die Kaltblüter an und ritten im leichten Galopp, so weit es das Gelände zuließ, das dem Feuchtgebiet nördlich des Auwalds zu ähneln begann: Wasserwiesen und Gehölze mit Erlen und Weiden. Im Schilfdickicht war die Spur gut zu erkennen, denn das Maultier hatte eine Schneise getrampelt.
»Wer mag das sein?«, fragte Hans.
»Noch jemand, der das Mädchen sucht«, erwiderte der Fuchs.
Ein Reiher flog mit trägen Flügelschlägen im Schilf auf, und weiter nördlich flohen Enten. Die Gefährten trabten durch ein Gehölz. Die Erlen hatten hohe Wurzelballen; Bruchweiden mit gespaltenen Stämmen und gesplitterten Ästen ragten auf. An einem entdeckte der Dachs ein Stück Stoff.
»Der Reiter des
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