Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
Vom Netzwerk:
warf. Grimm kam ins Stolpern und torkelte auf Kunz zu, der die Suche nach den Pferden aufgegeben hatte und zu seinen Gefährten zurückkehrte.
    Kunz reagierte sofort – er zog den Zweihänder und ließ ihn gegen den Kopf des Feindes knallen. Grimms Helm flog ab, prallte gegen einen Baum und rollte durch Laub und Matsch. Grimm taumelte ein paar Schritte rückwärts. Er stieß gegen eine Pappel, schüttelte den Kopf und wischte sich Blut von den Lippen. Seine Rubinaugen erfassten Kunz und Hans, die kampfbereit auf ihn zukamen.
    Der Regen schien die Welt ertränken zu wollen. Hans strich sich nasse Haare aus der Stirn. Und erstarrte – denn im Licht der Blitze, die am Himmel zuckten, erkannte er Grimm. Im ersten Moment war er froh, aber beim Anblick des entstellten Gesichts und der roten Augen wurde ihm angst und bange. Er wich einen Schritt zurück.
    »Grimm?«, fragte er entgeistert. »Du lebst noch?«
    Nichts deutete darauf hin, dass sein ehemaliger Anführer ihn erkannte.
    »Gleich ist er tot!«, brüllte Kunz und griff an.
    Grimm sprang ihm geduckt entgegen und stieß ihn mit einer Schulter um. Kunz fiel in den Matsch und versuchte dabei, seinem eigenen Schwert auszuweichen.
    Hans stand wie versteinert da. Er hatte Grimm tot in der Usse treiben sehen. Wie konnte es sein, dass er hier war? In dieser unheimlichen Gestalt? Und als Feind? Bilder aus seiner Zeit als Räuber traten ihm vor Augen: Die Gelage, die Beutezüge, die Kameradschaft … Hans war verwirrt. Er fragte sich kurz, wem seine Treue galt. Dann wurde ihm bewusst, dass der vor ihm stehende Mann nicht mehr Grimm, sondern ein von den Toten auferstandener Dämon war.
    Hans riss sich aus der Erstarrung. Er hob das Schwert.
    Aber in diesem Augenblick sprang Grimm, der einen Hieb von Hardt pariert hatte, mit einem Satz in das Unterholz.
    Das Unwetter wütete weiter. Grimms umgekippt daliegender Helm füllte sich rasch mit Regenwasser.
     
    Die sieben Raben hatten die Insel fast erreicht. Ihr Krächzen drang durch den Regensturm an die Ohren des Mädchens, das fieberhaft weiterstrickte. Der letzte Ärmel reichte eine halbe Handbreit über die Schulter. Da schlug ein Blitz mit lautem Knall in die Wetterfichte ein. Blaues Licht gleißte. Regen verdampfte zischend, Brandgeruch schwängerte die Luft. Das Strickzeug fiel hin, und das Wollknäuel kullerte zur Fichte und stand im Nu in Flammen.
    Das Mädchen kauerte sich mit zusammengekniffenen Augen und den Händen auf den Ohren unter den Felsvorsprung; ihr honigfarbenes Haar war angesengt. Davon abgesehen war sie ebenso unversehrt wie die qualmende Fichte. Funken stoben, aber der sturzbachartige Regen löschte jede Glut. Als sie die Augen wieder aufschlug, sah sie, dass die Raben zur Landung ansetzten. Sie sammelte hastig die Hemden ein, kam auf die Beine und rannte los.
    Die zerzausten Raben ließen sich auf einem Felsen nieder. Beim Anblick des Mädchens krächzten sie boshaft. Ihre Schnäbel schrumpften, und die aufquellenden Körper sogen die Federn ein.
    Bevor sie sich zurückverwandelt hatten, stand das Mädchen mit den grünen Augen vor ihnen. Ihr Haar troff, das rote Kleid klebte an ihrem Körper. Die Gischt des aufgewühlten Dunkelpfuhls sprühte über die Felsen und hüllte Mädchen und Vögel in einen Tropfennebel, der immer wieder von Böen zerfetzt wurde.
    Das Mädchen warf den Raben die Hemden über – eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben. Die Verwandlung ging weiter, aber statt der Jünglinge mit dem goldenen Haar klammerten sich schließlich sieben bucklige Gnome mit Hasenscharte und Klumpfuß an den Felsen. Einer hatte statt eines Arms noch einen schwarz gefiederten Flügel.
    »Endlich darf ich wieder sprechen!«, rief das Mädchen. »Ich habe sieben Jahre geschwiegen, um euch in das verwandeln zu können, was ihr in Wahrheit seid. Ihr wolltet schön und grausam sein, aber nun könnt ihr kein Unheil mehr anrichten, ihr Wechselbälger!«
    Die Gnome glotzten sie an. Der Wind wühlte in ihren aschgrauen Haaren. Dann kreischten sie auf und sprangen in den Pfuhl. Sie wurden sofort von Finsternis und Wellen verschluckt.
    Das Mädchen stand reglos da. Der Regensturm umtoste sie, aber auf ihrem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus.

10. Rätselhafte Enthüllungen
    Die Gefährten waren todmüde, taten aus Furcht vor Grimm und den Jünglingen aber kein Auge zu. Sie hatten sich um Horn geschart, den sie unter eine Trauerweide gelegt hatten, und sahen der Schlacht zu, die sich der wütende

Weitere Kostenlose Bücher