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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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Leben lässt.«
    Barbera hielt ihn zurück. Dann schmiegte sie sich an ihn und sagte: »Du hattest bisher wenig Erfolg, das ist wahr.«
    »Ja-haach«, höhnte die Jungfer. »Dieser Untote eignet sich nicht einmal für einen Biss in die Kehle.«
    »Und Läuse hat er auch nicht«, fügte Eisenhans hinzu.
    »Hu-ha-haha!«, lachte die Jungfer. »Woran sollten sie sich mästen? Er ist so blutleer wie ein ausgelutscher Kadaver.« Sie grinste. »Ich werde die Karontiden jetzt auf den Kampf einstimmen«, verkündete sie und ging ins Wurzellabyrinth.
    Grimm sah ihr wütend nach.
    »Nachdem unser Werk getan ist, wird sie sterben – durch deine Hand«, flüsterte Barbera und äugte zu Eisenhans, der Läuse knackte; er schien nichts gehört zu haben.
    In einem Winkel standen Kultknechte, die ihre Klingen an einem Schleifstein wetzten. Mitten in der Grotte erhob sich der Stamm der Esche aus dem knorrigen und knotigen Wurzelgewirr, und immer wieder segelten verdorrte Zweige und Blätter zu Boden. Der Baum ächzte, als würde er nach Wasser lechzen – dem Wasser des heiligen Weihers, der ganz in der Nähe im Zwielicht schimmerte.
    »Die Esche leidet«, sagte Barbera, »genau wie die Feen. Alle meinen, mit ihrem Tod würde die Welt untergehen, aber in Wahrheit beginnt die zweite Herrschaft des Eisernen Königs. Und er wird uns reich belohnen.«
    Grimm lächelte. Er gehorchte ihr bedingungslos und ohne zu ahnen, dass sie ihn mit ihren Reizen umgarnt und an sich gebunden hatte. Sie lachte leise und streichelte seine Wange. »Komm«, wisperte sie. »Wir statten den Feen einen Besuch ab.«
    Er folgte ihr wie ein am Nasenring geführter Bär.
    Niemand bemerkte das Eichhörnchen, das in der Esche saß und alles mitangesehen hatte.
     
    »Ein Toter? Hm …«, sagte Horn. »Ich halte das eher für ein Skelett.«
    »Ist ein Skelett etwa nicht tot?«, fragte der Fuchs.
    Kunz betastete das Gerippe. »Lumpen«, rief er und riss sie ab. Im Anschluss brach er einen Oberschenkel aus der Hüfte.
    »Heho! Das ist Leichenfledderei und Störung der Totenruhe«, sagte Hardt.
    »Pah«, murmelte Kunz, der die Lumpen um den Knochen wickelte.
    »Vielleicht ein Einsiedler«, sagte Hans. »Es gab einmal eine Sekte, deren Anhänger in der Abgeschiedenheit des Gretings meditierten. Die meisten sind verhungert.«
    »Oder von Bären gerissen worden«, ergänzte der Dachs.
    »Dieser hier nicht«, sagte Reineke Fuchs. »Er ist zwar etwas mager, aber noch sehr gut beieinander.«
    Sneewitt stand vorne im Gang und horchte auf die Geräusche der Kultknechte. »Wir müssen weiter«, zischte sie.
    »Ja, gleich«, erwiderte Kunz, der zwei Steine gegeneinanderschlug; das Klacken hallte in der Höhle. Funken flogen, und schließlich brannten die Lumpen. Kunz hob den Knochen. Im Flackerlicht erblickten sie das Gerippe, das eine Brosche in der rechten Hand hielt. Hans entwand sie den knöchernen Fingern und betrachtete sie.
    »Sie zeigt das Symbol des Eisernen Königs«, sagte er nach einer Weile. »Ein vierzackiger Stern in einem Quadrat, das von einem Kreis umschlossen wird.« Er legte die Brosche wieder in die Knochenhand des Toten.
    »Woher weißt du das?«, fragte Sanne.
    »Oh, als Räuber hatte ich so einiges in der Hand.«
    »Es ist auch das Symbol ewiger Harmonie«, murmelte Horn.
    »Oder ewiger Knechtschaft«, fügte Hardt hinzu. »Denn ewige Harmonie bedeutet auch ewigen Stillstand.«
    »Seht mal! Die Wand«, rief Kunz. »Sie ist mit den gleichen Mischwesen aus Mensch und Tier bemalt worden, mit denen die Menhire auf dem Weg zu den weisen Weibern verziert sind. Wesen aus der Zeit, als der Mensch noch nicht getrennt hatte, was zusammengehörte.«
    »Unsinn«, brummte der Dachs. »Mensch und Tier waren nie eins. Das sind die Wesen der Wilden Jagd.«
    Die Gefährten tauschten besorgte Blicke.
    »Reißt euch von dem Klappergestell los«, rief Sneewitt. »Die Kultknechte kommen näher.«
    Kunz schwenkte die Fackel. Im zuckenden Schein sahen sie weiter hinten eine Öffnung im Gestein. Der Gang führte nach wenigen Schritten unvermittelt steil bergab. Kunz stürzte; die Fackel flog ihm aus der Hand und kullerte gegen einen Stein, vor dem sie qualmend weiterbrannte.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Hans.
    »Nichts ist in Ordnung«, fluchte Kunz, der sich aufrappelte und nach der Fackel griff. »Gar nichts! Jeder Schritt, den wir tun, führt uns tiefer in den Schlamassel.«
    »Weiter! Weiter!«, rief Sneewitt von hinten.
    »Ist doch alles sinnlos«, bellte Kunz zurück.

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