Der Eiserne Rat
und kehrten zurück zu ihrem wurzellosen Straßenräuberdasein in den Bergen. Die nächsten fReemade aber blieben. Sie kamen, um ihren Respekt zu erweisen, um (Cutter sah es ihnen an) sich vor der autogenen Remade-Stadt zu verneigen, und blieben als Bürger, selbst Angehörige des Eisernen Rats. Als der Zug das Nordufer des Sees erreicht hatte, der sie gegen Cobsea abschirmen sollte, trafen sie die ersten fReemade, die bewusst nach ihnen gesucht hatten.
Die Kunde verbreitete sich, auf den seltsamen Schleichwegen des Kontinents, den Pfaden zwischen Lagerfeuern, Einödhöfen, Weilern, Städten. Cutter stellte es sich vor wie eine Infektion. Fasern aus Hörensagen, die von einem Punkt zum anderen wuchsen, ein Fama-Fibrom, das Rohagi zusammenknüpfte. Der Eiserne Rat kommt! Der Eiserne Rat kehrt zurück!
Der Rat spaltete sich. Sie hatten längst den Punkt überschritten, an dem eine Richtungsänderung noch möglich gewesen wäre, ihnen blieb nichts als die Flucht nach vorn. Je näher sie der Megalopolis kamen, desto ängstlicher, unentschlossener wurden die Dirimisten der ersten Stunde. »Wir wissen, wie es ist«, sagten sie. »Wir wissen, wie der Hase läuft.« Und umso zielbewusster, messianischer zeigten sich ihre Kinder. Sie, die nie die Stadt gesehen hatten, waren erpicht, sie heimzusuchen. Womit? Vergeltung? Zorn? Gerechtigkeit, möglicherweise.
Sie trieben das Schienenlegen voran, junge Männer, zwar ohne die künstlich gesteigerte Körperkraft ihrer Väter, aber sie schwangen den Hammer mit Energie und Eifer. Die Remade bauten mit ihnen an der Strecke, aber die älteren Dirimisten fanden sich nun in der Rolle der unlustigen Mitläufer.
Ann-Hari war anders. Sie triumphierte. Sie war unerbittlich, drängte zur Eile. Sie stand auf Vorsprüngen, erklomm mit ungelenker Anmut überkragende Schroffen und Felspfeiler und gestikulierte, winkte den Ewigen Zug weiter, als wäre sie die Lenkerin, Dirigentin eines Dampfsymphonieorchesters.
Es ging alles so schnell, plötzlich: Sie schufteten, Trassierer warnten vor dieser Schlucht, jenem Fluss. Bautrupps mischten Traditionelles aus New Crobuzon und Merkwürdigkeiten aus dem Westen: Gerüstpfeilerbrücken mit einer Verankerung aus dichter Vegetation und Stützen nicht aus Stein, sondern aus Primärfarben, die nur tragfähig waren, wenn Licht darauf schien.
»Es herrscht Krieg!«, berichtete ihnen ein fReemade. »Tesh sagt, es hat seine Feindseligkeiten eingestellt, und dann wieder nicht. Sie behaupten, da wären zwei Parlamentäre aus New Crobuzon, die verschiedene Bedingungen stellen. New Crobuzon spricht nicht mehr mit nur einer Stimme.«
Wenn die fReemade hier draußen über uns Bescheid wissen, dachte Cutter, dann die Leute in New Crobuzon erst recht. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern. Wann werden wir ihnen gegenüberstehen?
Alle paar Tage erlebte er, dass Judah zusammenzuckte, wenn die Truppen, die ihnen folgten, wieder eine seiner Fallen auslösten. Jede mochte die Zahl ihrer Verfolger um einige verringern, doch wenige Tage später schnappte die nächste Falle zu und meldete, dass sie weiter auf dem Vormarsch waren. Judah berechnete ihre Fortschritte nach seinen Anwandlungen von Schwäche.
»Sie sind da«, sagte er endlich. »Ich erkenne diese Signatur. Sie sind unzweifelhaft in den Malakornu vorgedrungen. Ich kann nicht glauben, dass sie uns dorthinein gefolgt sind. Sie müssen eisern entschlossen sein, uns zu stellen.« Was würde das für ein Golem sein, geschaffen aus vom Torques berührten Material? Das Quasi-Leben geleitet durch diese makabere Matrix?
Die lang gezogene Kolonne aus Planierern und Gleisbauern bewegte sich nordostwärts, und obgleich sie ihre Schienen und Schwellen mit sich nahmen, hinterließen sie ein Land, welches dauerhafte Spuren ihrer Anwesenheit trug: weggeworfene Eisenteile, die Narben der Gleise. Der Himmel verdunkelte sich zu einem unfreundlichen Grau, und in einem noch dunkleren Grau stieg davor in der Ferne ein Gebirgsmassiv empor. Nieselregen fiel.
Hier, vielleicht dreihundert Meilen westlich des kurzen Überlandablegers der Stadteisenbahn von New Crobuzon, von dem seinerzeit das glorreiche Unternehmen seinen Ausgang genommen hatte, trafen sie auf Flüchtlinge. Keine fReemade, sondern ehrsame Bürger, die als regennasser Pulk aus dem Dunst auftauchten und auf die grollende Lok zuliefen, um vor ihr Kotau zu machen wie Pilger. Von ihnen erfuhren Ann-Hari und Judah und die Dirimisten, was in New Crobuzon geschehen war und
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