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Der Eiserne Rat

Der Eiserne Rat

Titel: Der Eiserne Rat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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kletterten hinter ihm über eine gewachsene Leiter aus Wurzelwerk zur Hochebene hinauf. Drogon, selbst an prekärem Halt über dem Abgrund hängend, flüsterte: »Schneller!«, und gehorsam fanden sie Griffe und Simse für Hände und Füße.
    Drogon führte sie zum oberen Rand des Einschnitts. Unten sahen sie sein Pferd und die Hundekadaver. Er sandte dem Pferd ein Flüstern. Das Tier schnaubte und machte Anstalten, in die Schlucht hineinzutraben.
    »Was soll das?«, fuhr Cutter ihn an. »Wenn du nicht dafür sorgst, dass der Gaul stehen bleibt, erschieße ich ihn, auf Ehre. Wir können nicht riskieren, dass er die Falle auslöst.«
    Einen Augenblick lang sah es aus, als wollte der Wisperschmied aufbegehren, doch er wandte sich ab und flüsterte, und das Pferd stand still.
    Cutter schaute den Weg zurück und stieß einen Schrei aus. Was ihnen folgte, aufrecht in der Luft stehend, hatte das Äußere eines Menschen. Eines Mannes. Er/es trug einen Packen. Es war nur mehr wenige Meilen entfernt und fuhr pfeilgrade, ein grausiger, widernatürlicher Aeronaut, über die Ebene.
    Auf der gegenüberliegenden Seite fiel der Blick auf ein stufenförmig ansteigendes Gebirgsmassiv. Im vollen Licht des Vormittags erkannte Cutter zwergwüchsige Bäume.
    »Wir müssen warten, bis das eklige Ding verschwunden ist«, meinte Pomeroy.
    »Das können wir nicht«, sagte Drogon, abwechselnd an Cutter und an Pomeroy gewandt. »Die Handlinger verfolgen nicht euren Freund, sie verfolgen uns. Auf unserer Gedankenspur. Wir müssen drüben nach unten steigen. Dann am Schluchtausgang warten und sie töten.«
    »Töten?« Pomeroy stieß ein kurzes Lachen durch die Nase. »Es sind Handlinger.«
    »Keine Aufregung«, sagte Cutter. Er fühlte in sich eine plötzliche, vollkommene Gewissheit. »Sie werden unschädlich gemacht werden.«
    Er war es, nicht Drogon, der einen gangbaren Abstieg fand. Hintereinander tasteten sie sich nach unten, der Wisperschmied machte den Schluss. »Die verdammten Handlinger sind ganz nah«, sagte er zu Cutter. »Sie sind am Eingang. Sie haben die Hunde gesehen, sie gehen hinein.«
    Cutter ließ den Blick schweifen. Komm und sieh, dachte er. Komm heraus, betrachte dein Werk. Er lief zum Tunnelausgang. »Bist du verrückt?«, riefen seine Gefährten. »Cutter, komm zurück!«
    »Halt!«, befahl der Wisperschmied, und Cutter musste stehen bleiben. Er heulte vor Wut.
    »Lass mich los. Ich muss etwas nachschauen.« Seine Füße schienen am Boden festgewurzelt. »Gottschiet, lass mich verdammt noch mal los!«
    Der Wisperschmied gab ihn frei, und er stolperte zu dem schwarzen Einschnitt hin. Mit angstvoll klopfendem Herzen näherte er sich der Öffnung, wo links und rechts Geröll verstreut lag, die Trümmer größerer Felsbrocken. Er beugte sich hinein. Er sagte: »Komm und hilf mir. Hilf mir, sie zu finden.«
    Ein Geräusch. Ein kalter Hauch wehte ihm entgegen, der Atem der Steine.
    »Sie kommen«, sagte der Wisperschmied. Drogon rührte sich nicht; Pomeroy und Elsie erstarrten. Sie schauten auf Cutter, als hätten sie jede Hoffnung auf Rettung aufgegeben.
    »Komm. Hilf mir.« Cutter spähte ins Dunkel. Das Summen dessen, was auf ihn zukam, jagte ihm einen Kälteschauer über den Rücken.
    Ein Blinken erregte seine Aufmerksamkeit. Es verriet einen quer vor den Eingang gespannten Draht, links und rechts in einen Steinhaufen führend, verbunden mit Batterien und Maschinen, von denen Cutter wusste, sie waren da, auch wenn er sie nicht entdecken konnte.
    »Gefunden«, rief er.
    Er hob den Kopf und hörte das grausige Heulen. Laub und Moosbrocken wurden aus dem Eingang geblasen. Der Lärm der Handlinger schwoll Furcht erregend an. In der Schlucht sah Cutter vermoderte Blätter wirbeln. Zwischen den Felswänden hallte ein Stakkato, ein Trommelwirbel, das Keuchen eines Pferdes. Er schob sich zurück zu seinen Gefährten. »Seid auf dem Sprung«, sagte er. »Seid bereit, um euer Leben zu laufen.«
    Das Grauen kam. Mit Getöse. Ein Pferd galoppierte auf sie zu. So schnell bewegten sich seine Beine, dass es sich anhörte wie eine ganze Kavallerieeinheit. Drogons Pferd. Es lief schneller, als je ein Pferd gelaufen war, über Stock und Stein, lief weiter trotz verrenkter Fesseln und gesplitterter Hufe. Blut aus Abschürfungen malte Streifen auf den schweißflockigen Rumpf. Ein gesprenkeltes Etwas krallte sich an den Pferdehals, eine Art Stummelschwanz bohrte sich madengleich in Pferdefleisch.
    Dahinter kam ein Mann zum Vorschein. Er stand

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