Der Eiserne Rat
Ausgabe. Wir … Was er tut, das ist nicht die Art, wie wir die Dinge handhaben.«
»Ich weiß, Jack, ich weiß. Ihr kritisiert ihn. Macht Stimmung gegen ihn.«
Der Bereichsleiter schwieg.
»Toro ist da draußen und er tut etwas. Er kämpft, er sitzt nicht herum und dreht Däumchen wie ihr. Und ihr werft ihm vor, er täte des Guten zu viel?«
»So ist es nicht. Ich werde niemanden schlecht machen, der die Magistrate bekämpft oder die Miliz oder die Bürgermeisterin, aber Toro kann nicht im Alleingang die Verhältnisse ändern oder mit seiner kleinen Schar Getreuer …«
»Meinetwegen, aber er bewirkt Veränderungen.«
»Zu wenig.«
»Aber wenigstens etwas.«
Ori respektierte Curdin, hatte so viel von ihm persönlich und aus seinen Veröffentlichungen gelernt, er wollte ihn nicht vor den Kopf stoßen. Aber die Selbstgefälligkeit des Bereichsleiters erbitterte ihn schon seit langem. Der Mann zählte etwa doppelt so viel Jahre wie er – war er vielleicht einfach nur alt? Sie saßen sich gegenüber und starrten einander an, während die Blicke der übrigen zwischen ihnen hin- und hergingen.
Später entschuldigte sich Ori für sein schlechtes Benehmen. »Ach was, das macht mir nichts aus«, wehrte Curdin ab. »Du kannst unhöflich sein, so viel du lustig bist. Aber ich will dir die Wahrheit sagen, Jack«, – sie waren allein, und er berichtigte sich –, »ich will dir die Wahrheit sagen, Ori. Ich mache mir Sorgen. Ich fürchte, du hast einen bedenklichen Weg eingeschlagen. Deine Theaterstücke und Marionetten …« Er schüttelte seufzend den Kopf. »Nicht, dass ich dagegen wäre, glaub mir. Ich habe von der Sache im Follibecker gehört und, na ja, Kompliment an dich und deine Spießgesellen. Nur, Schock und Schießereien sind nicht genug. Beantworte mir eine Frage. Deine Freunde, die Flex’ibilis – weshalb haben sie sich diesen Namen ausgesucht?«
»Du weißt, warum.«
»Nein, ich weiß es nicht. Ich weiß, er ist eine Hommage, und ich freue mich darüber. Aber weshalb er, weshalb nicht Seshek oder Billy le Ginsen, weshalb nicht Poppy Lutkin?«
»Weil man uns dann verhaften würde.«
»Stell dich nicht dumm, Sohn. Du weißt, worauf ich hinaus will – ihr hättet unter einem Dutzend Namen wählen können, um eine Botschaft zu vermitteln, um der Bürgermeisterin ins Badewasser zu pinkeln, aber ihr habt euch für ihn entschieden. Den Gründer und Herausgeber des Lauffeuers, nicht von Renitentissimus oder Arbeitskampf oder Der Fausthammer. Weshalb er?« Curdin schlug sich mit der Zeitung gegen den Schenkel. »Ich sage dir, weshalb, Sohn. Ob du es weißt oder nicht, er ist derjenige, der den Mächtigen Angst macht. Weil er Recht hatte. Was die Vetternwirtschaft angeht, den Krieg, die Ämterhäufung. Und Bill und Poppy und Neckling Verdant und diese anderen – Toro und seine Bande und selbst Jack Gotteshand – gute Leute, Chaverim, aber ihre Aktionen sind kaum mehr als Mückenstiche für einen Riesen. Ben hatte Recht, und Toro ist auf dem falschen Weg.«
Arroganz? Engagement? Eifer? Kritische Analyse? Aufgebracht wie er war, hatte Ori keine Lust, auszuklamüsern, was der Tonfall in Curdins Stimme ausdrückte.
»Willst du jetzt auch noch Gotteshand klein reden?«
»Aber nein, du verstehst mich ganz falsch …«
»Gottschiet, wofür hältst du dich? Toro tut etwas, Curdin. Er bringt Dinge ins Rollen. Du – du redest nur, LF ist nur heiße Luft. Und Benjamin Flex ist tot. Schon sehr lange. Tot.«
»Du bist ungerecht«, hörte er Curdin sagen. »Dir sprießt kaum der erste Bartflaum, und da willst du mir etwas von Benjamin Flex erzählen, um Jabbers willen.« Er sagte es halb scherzhaft, um die Atmosphäre zu entschärfen, doch für Ori war der scheinbare Vorwurf der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
»Wenigstens habe ich etwas getan!«, schrie er. »Wenigstens habe ich etwas getan.«
Kapitel 8
Niemand schien den wahren Grund für den Krieg mit Tesh zu kennen. Die Redaktion des Lauffeuers hatte ihre speziellen Theorien, und es gab die offiziellen Verlautbarungen sowie die unsichtbaren Machenschaften dahinter. Doch in Oris Kreisen wusste keiner, was konkret die Ursache gewesen war, oder auch nur, wann genau er angefangen hatte.
Irgendwann, vor vielen Jahren, begann die schleichende Rezession spürbar zu werden. Immer häufiger kam es vor, dass Crobuzoner Handelsschiffe in den Hafen zurückkehrten und von dreister Piraterie zu berichten wussten, Überfällen durch Schiffe
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