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Der eiserne Skorpion - Roman

Der eiserne Skorpion - Roman

Titel: Der eiserne Skorpion - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Pfeil, bis dieser verschwand, und stellte fest, dass er noch immer zwanzig Meter von der nächsten Wand entfernt war, wenn er auch mitten zwischen Trümmern von Kettenglasrohren und großen Stücken Keramik stand, die er wiedererkannte. Es handelte sich um die Bottiche aus dem Gebäude, über das seine Einheit in die Anlage eingedrungen war.
    »Innerhalb von fünf Metern von deiner derzeitigen Position«, informierte ihn Sadist aufs Neue.
    Er ging wie zuvor an die Sache heran und rammte diesmal ein Stück Kettenglasrohr als Startpunkt seiner Suche in den Boden, aber er brauchte nicht weit zu gehen. Unweit des Ausgangspunkts ragte eine schlammbespritzte Scheibe Kettenglas aus der Erde hervor, und mit knapper Not sah er, wie sich dahinter und darunter etwas bewegte. Er wollte um das Hindernis herumgehen und dachte kurz, dass er eines der Insekten dieses Planeten sah, ehe er erkannte, dass es sich um eine schwarze Skeletthand handelte. Er stockte einen Augenblick lang, wusste nicht recht, ob er überhaupt mehr sehen wollte, reagierte dann angewidert auf diese Reaktion und überwand sich, weiter zu gehen. Als er auf der anderen Seite der Scheibe war, wandte sich ihm die Hand zu. Sie war durch und durch geschwärzt und verbrannt, aber glänzendes Metall zeigte sich an den Stellen, wo sich etwas von der spröde gewordenen Synthohaut gelöst hatte.
    Cormac packte den Rand der Scheibe und versuchte sie wegzuziehen, was ihm allerdings schwerfiel, da er nur einen einsatzfähigen Arm hatte. Er wusste nicht, ob dort Travis oder Crean lag. Der Golem streckte die Hand aus und drückte gegen die Scheibe, sodass sie in Bewegung geriet, und auf einmal konnte Cormac sie wegziehen. Der Golem war mit den Beinen und der unteren Rumpfhälfte im Erdboden begraben. Cormac packte den Arm, aber der Golem konnte die Hand nicht um seinen Unterarm schließen und schien auch sonst keine Anstrengung zu unternehmen, um sich zu befreien. Vielleicht war der Energievorrat erschöpft, denn normalerweise wäre er dazu fähig gewesen.
    »Ich verstehe«, sagte Sadist unvermittelt. »Sie weigert sich, mein Signal zu bestätigen – gestatte mir, sie auf dem Weg über deinen Umweltanzug anzusprechen.«
    Sie?
    Cormac wusste nicht recht, wie er das tun sollte, bis er über den Verstärker Zugriff auf das Anzugsmenü nahm und die Funktion »externer Sprecher« startete, woraufhin sich die Schiffs-KI zu Wort meldete.
    »Crean«, sagte Sadist, »unser Cormac hier hat inzwischen etwa die Hälfte der hinnehmbaren Strahlendosis abbekommen, während er nach dir suchte, und jetzt wurdest du gefunden. Wie immer du beschließt, von hier aus weiterzumachen, deine jüngsten Erlebnisse müssen aufgezeichnet werden – dem kannst du dich nicht entziehen.« Dann, nach einer Unterbrechung: »Steh auf.«
    Crean fuhr in die aufrechte Sitzhaltung hoch, und erst jetzt bemerkte Cormac, dass einer ihrer Arme fehlte. Sie wandte sich um – wobei sich ihr Rumpf stärker drehte, als es einem Menschen möglich gewesen wäre –, stieß die verbliebene Hand tief in den Boden und stemmte ihre Beine heraus. In dieser verdrehten Haltung sah sie grotesk aus, aber plötzlich wandte sie sich zurück und stand auf. Cormac musterte sie und stellte fest, dass von ihrem Synthofleisch kaum etwas übrig war – sie sah aus wie eine verkohlte Mumie. Er fragte sich, ob er Crean wiedererkannt hätte, falls Sadist sie nicht namentlich angesprochen hätte. Hatten weibliche Golems weibliche Keramalskelette; hätte er sie anhand des Beckens als weiblich erkannt? Jetzt war es zu spät, sich dessen zu vergewissern, denn im Kopf hatte er schon die Gestalt Creans über dieses verbrannte Wrack gelegt.
    »Wie steht es um die anderen?«, fragte er.
    Ihr Kopf schwenkte kurz zu ihm herum. »Tot«, sagte sie in perfektem Ton, was scheinbar mehr als alles andere ihre nichtmenschliche Natur erkennbar machte. Menschen benötigten Lippen und Zungen, um diese Worte zu formen; Crean verfügte derzeit über beides nicht. Er verdaute das, und ein Teil von ihm, der gern nach faulen Ausreden suchte, bemühte sich, diesen Punkt zu umschiffen. Er unterdrückte diese Neigung heftig. Was immer er von Golems oder künstlichen Intelligenzen hielt, in dieser Lage hätte Crean nicht gesagt, die anderen wären tot, wenn sie nicht absolut sicher gewesen wäre. Cormac fand: Wäre sie ein Mensch gewesen, dann hätte das ihre vorherige Apathie erklärt. Er war einen Augenblick lang verwirrt: Warum sollte sie Schock oder Trauer

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