Der eiserne Skorpion - Roman
mir einfach nicht mehr einfallen – hat wohl mit der Editierung zu tun, denke ich.«
»Nur das Übliche«, antwortete Hannah. »Er hält mich darüber auf dem Laufenden, wo er ist, aber meist möchte er lieber Neues von hier erfahren als mir verraten, was er macht. Er weiß, dass ich keine Einzelheiten erfahren möchte, an welchen Angriffen er mitgewirkt hat oder wie sie gelaufen sind. Er weiß, dass ich mich nur um seine Sicherheit sorgen würde ...«
Was war nur mit ihrer Mutter los?, fragte sich Cormac. Sie wirkte richtig krank, und in ihrem Ton schwang etwas Seltsames mit.
»Es interessiert dich nicht?«, fragte Dax.
»Ich möchte nur wissen, dass er noch lebt.« Hannah stellte das Whiskyglas zur Seite. »Ich bin sehr müde, Dax. Machen wir für heute Schluss?«
»Sicher.« Dax trank sein Bier aus, stand auf, ging zur Hausbar hinüber und stellte das Glas dort ab. »Sehe dich morgen früh.« Hannah stand ebenfalls auf, als Dax zur Tür ging, hielt ihn am Arm fest und umarmte ihn. Cormac war ein bisschen verlegen – sie war sonst gar nicht so sentimental.
»Gute Nacht, Mutter«, sagte Dax mit verdutzter Miene.
Cormac fand, dass jetzt ein guter Zeitpunkt war, die Verbindung zu trennen. Morgen stand erneut Tauchen auf dem Programm, und diesmal vielleicht ohne traumatisches Nachspiel. Er wollte gerade seinen P-top ausschalten, als er sah, wie seine Mutter sich wieder in ihren Sessel setzte und das Glas zur Hand nahm. Sie ging nicht, wie er erwartet hatte, zu Bett. Sie streckte das Whiskyglas aus.
»Auf die Editierung«, sagte sie. »Bitte verzeih mir, David.«
Was in aller Welt hatte das zu bedeuten?
Cormac ging hinüber und blickte sich in den Trümmern um. Jemand ächzte leise, und Cormac ging um einen zusammengestürzten Tisch und ein Durcheinander aus verbrannten Konsolen herum und blickte auf eine Schneckenspur aus Blut, Plasma und verkohlten Resten von Kleidung oder Haut hinab. Die Person – nicht mehr als Mann oder Frau zu erkennen – war von der Taille aufwärts fürchterlich verbrannt. Cormac stufte sie als neutralisiert ein und wollte sich schon abwenden, aber dann machte sich etwas Mitgefühl bemerkbar, und er feuerte einmal. Der Schuss riss den Oberkörper vollständig auseinander, und Kopf und Arme hüpften in drei Himmelsrichtungen.
Was jetzt?
Er durchsuchte die Trümmer, und die Wunden schmerzten immer stärker, je weiter der Adrenalinspiegel sank. Schließlich fand er die gesuchte Erste-Hilfe-Tasche im Kofferraum des AGW. Sie war schwer zu öffnen, denn Cormacs linke Hand war inzwischen völlig nutzlos, und sobald er sich die Flakpistole in den Hosenbund gesteckt hatte, wurde auch die Rechte steif. Als Erstes fand er Antischockkapseln und schluckte zwei davon trocken herunter. Als Nächstes stöberte er Pflaster zur örtlichen Betäubung auf und klebte eines davon aufs linke Handgelenk und eines direkt auf die Verbrennung am Oberschenkel. Herrliche Taubheit breitete sich an diesen Stellen aus und nahm auch der Qual der linken Hand und des Ellbogens darüber – der sich gebrochen anfühlte – die Schärfe. Aus einer Dose deckte er die Ruine der linken Hand vollständig mit schmerzstillender Sprühhaut ab. Dann steckte er sich eine Tube Wundklebstoff in den Mund und spritzte den Inhalt in den tiefen Schnitt am rechten Handgelenk, und er schloss ihn, indem er das Handgelenk kippte und einen Augenblick wartete, bis sich der Klebstoff verfestigt hatte. Ein weiteres Pflaster landete auf dem Schlüsselbein, aber dann stockte Cormac. Er wollte sich nicht komplett gefühllos machen – denn noch war Arbeit zu tun. Jetzt nahm er einen Vliesverband zur Hand und wickelte ihn um die Linke, um sie besser zu schützen als mit der Sprühhaut allein, die an manchen Stellen schon undicht wurde. Haftverbände wanderten auf die übrigen Verletzungen, um sie besser zu polstern. Das reichte. Jetzt zu den Waffen.
Sie waren nicht schwer zu finden, denn Impulsgewehre lagen überall in der Gegend herum. Er sammelte fünf davon ein und warf sie auf den Beifahrersitz des AGW. Nach weiterer Suche nahm er auch eine Tasche voller Haftminen mit sowie ein Päckchen mit altmodischen Patronenmagazinen für ein Maschinengewehr. Dann fiel ihm noch ein, auch die Erste-Hilfe-Tasche in den Wagen zu werfen – denn die Wirkung der Schmerzmittel, die er benutzt hatte, war begrenzt. Er setzte sich auf den Fahrersitz und betrachtete sich die Steuerung: ein simpler Startknopf und ein einzelner Joystick, was nützlich war,
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