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Der eiserne Skorpion - Roman

Der eiserne Skorpion - Roman

Titel: Der eiserne Skorpion - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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fragte Hannah, als Dax sich auf den Weg machte.
    »Ein Planet namens Cheyne III – nie davon gehört.«
    Und das war es dann: Er verschwand.
    Cormac stellte auf einmal fest, dass seine Mutter ihn an der Hand packte und diese fest umklammert hielt. »Gehen wir«, sagte sie mit grimmiger Miene.
    Sie folgten Pfeilen auf dem Fußboden, schlossen sich den ankommenden Reisenden an und stapften mit ihnen hinaus. Jetzt, wo Cormac die Menge nicht mehr aus der Distanz betrachtete, erhielt er einen besseren Eindruck von all dem Bizarren. Gewiss fehlten vielen hier Gliedmaßen, aber viele weitere Verletzungen zeigten sich außerdem. Er betrachtete eine Frau, die Haut gerötet und rissig wie der Schlamm eines Flusses in einer Dürre, aber geschützt von einer lichtdurchlässigen Schicht. Wäre das die Folge einer Verbrennung gewesen, dann wäre sie durch Tankwachstum, Transplantation oder Behandlung unter einer Shellwear behandelt worden. Auf der Grundlage seiner begrenzten Kenntnisse von solchen Phänomenen vermutete Cormac, dass er hier die Folge eines biologischen oder chemischen Wirkstoffs sah; daher die Schutzschicht.
    »Glotz nicht«, mahnte ihn seine Mutter.
    Die Frau, die seinen forschenden Blick bemerkte, lächelte, wobei die Haut ihrer Wangen rissig wurde. Sie schien es nicht zu bemerken.
    Parallel zu ihnen bewegte sich ein Mann auf einem Schwebestuhl. Er bestand nur noch aus Rumpf und Kopf; sämtliche Glieder fehlten, und die Amputationsstellen waren unter derselben Art von lichtdurchlässiger Schutzschicht erkennbar, wie sie auch die Frau trug. Erst später fand Cormac mit Hilfe seines P-tops heraus, dass diese lichtdurchlässige Schicht die Wirkung von diatomischer Säure bremste – einer Substanz, die nur schwer zu neutralisieren war. Diese Leute waren zu einer der wenigen Kliniken unterwegs, wo man diesen Kampfstoff neutralisieren konnte. Über manche Personen, die Cormac hier in Shellwear gesehen hatte, fand er später heraus, dass sie Opfer alter Säureverbrennungen waren und großflächig Haut verloren hatten, weshalb sie die Shellwear auf Dauer tragen mussten, bis eine Heilungsmöglichkeit gefunden war.
    Endlich erreichten sie die Magnetbahnstation und stiegen in einen Wagen, der sie zurück nach Tritonia brachte. Im Zug waren weniger der wandelnden Verletzten zu sehen, obwohl auch hier viele Menschen Militäruniformen trugen. Zweifellos waren ihre Verletzungen nicht körperlicher Art und standen zur mentalen Kauterisierung an.
     
    Sein Kopf fühlte sich an wie mit Watte gefüllt. Die jüngsten Ereignisse hockten irgendwo abgeschieden in seinem Verstand, denn er konnte nicht ganz glauben, was ihm alles widerfahren war. Geschweige denn, was er alles selbst getan hatte. Und doch fand er die Bestätigung, wenn er an sich herabblickte.
    Die Shellwear, die Carls Brust umschlossen hatte, als er im Krankenhaus lag, bildete nur ein Beispiel, wie diese Technik für einen anderen als den ursprünglichen Zweck eingesetzt wurde. Shellwear hatte man im Pradorkrieg entwickelt, damit schwer verwundete Soldaten einsatzfähig blieben. Cormac beugte die verletzte Hand und betrachtete forschend deren neue Abdeckung. Im Grunde sah sie so aus wie der Handschuh einer mittelalterlichen Rüstung, wenn man mal von den optischen Datenports entlang des Handgelenks und den vereinzelten LEDs hier und dort absah, die bereit waren, auf die genaue Stelle eines auftretenden Problems hinzuweisen. Der Daumen darunter, der neue kleine Finger und diverse andere Haut-, Sehnen- und Fleischtransplantate waren funktionsfähig und taten überhaupt nicht weh, aber sie brauchten Schutz und Zeit, um richtig zusammenzuwachsen. Jetzt betrachtete Cormac seine Beine. Dort sah es ganz ähnlich aus; wenn ihn das Gedächtnis nicht trog, wiesen mittelalterliche Rüstungen jedoch keine Zehen auf und auch nicht diese Nährstoffschläuche, Blutfilter und diverse Blackboxes, die eine Auswahl an Nanofabriken beherbergten. Die Ärzte hatten ihn nicht mit neuen Beinen ausgestattet, sondern nur weiteren Transplantaten. Anscheinend ersetzten sie nur ungern ganze Gliedmaßen, wenn es nicht unmittelbar nötig war.
    Sein Paar Ersatzbeine blieb eingefroren.
    Cormac blickte zu dem zylinderförmigen Tank in der Ecke des Zimmers hinüber. Dieser war mit einem Strichcode gekennzeichnet und hatte eine Minikonsole, worauf man den Inhalt abrufen konnte.
    »Also gibt es zu jedem Soldaten die nötigen Ersatzteile, wie zu irgendeiner Moskito-Automatikkanone oder irgendeinem

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