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Der eiserne Skorpion - Roman

Der eiserne Skorpion - Roman

Titel: Der eiserne Skorpion - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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mitteilen? Er konnte nichts weiter wissen, als dass Cormac in seiner Kindheit einer zerebralen Editierung unterzogen worden war.
    Als etwas an der Kopfseite knirschte, rechnete Cormac damit, dass ihm diese Empfindung erklärt wurde, aber das geschah nicht. Freilich war dieser Mann ein Militärarzt und zeichnete sich somit nicht durch die Krankenbettmanieren jener aus, die Zivilisten mit Verstärkern ausrüsteten. Als Nächstes glaubte Cormac, dass sich sein Schädel mit Eiswasser füllte, und hinter dem Ohr entstanden Schmerzen. Dann öffnete sich an einer Stelle, die er nicht präzise bestimmen konnte, das Lid dieses imaginären dritten Auges, über das er jetzt verfügte.
    »Heben Sie die Hand, sobald der Statustext auftaucht«, wies ihn der Arzt an.
    Die Schmerzen klangen allmählich ab, und parallel dazu leuchtete ein blauer Text im Blickfeld dieses dritten Auges auf und blinkte periodisch: STATUS >
    Cormac hob die Hand.
    »Okay, stellen Sie sich jetzt das Wort ›Suchmodus‹ vor und teilen Sie mir mit, wenn es erscheint.«
    Wie sollte er das denn tun? Er stellte sich das Wort vor, hatte das seltsame Gefühl, als würde irgendwo im Schädel ein Stecker in eine Steckdose gesteckt, und hob dann die Hand, als der Text SUCHMODUS > sichtbar wurde.
    »Suchen Sie jetzt nach irgendwas.«
    SUCHMODUS > EDITIERUNG.
    Nach einer Unterbrechung erloschen diese Worte und wurden ersetzt durch: KANN SUCHMODUS NICHT EDITIEREN.
    »Etwas anderes«, schlug der Arzt vor.
    SUCHMODUS > PRADOR.
    KEINE NETZVERBINDUNG. KEIN MEMOSPEICHER.
    »Jetzt müssten Sie die Angaben ›keine Netzverbindung‹ und ›kein Memospeicher‹ sehen.« Der Mann klang gelangweilt, und Cormac fragte sich, wie oft er diese Worte wohl schon ausgesprochen hatte.
    Cormac hob die Hand.
    »Kommen wir jetzt zu den übrigen Funktionen.«
    Der Vorgang nahm eine weitere Stunde in Anspruch und war manchmal verwirrend und manchmal beglückend, besonders als Cormac Zugriff auf das KI-Netz nahm und feststellte, wie viele Informationen nur einen Gedanken weit entfernt bereitlagen. Er wurde rasch durch die Einführung geleitet, die im Verstärker selbst gespeichert war, und erfuhr, wie er in dessen internem Benutzerhandbuch nachschlagen konnte. Als der Autodok die Nervenblockade entfernte und Empfindung in den Kopf zurückkehrte, wartete Cormac ungeduldig auf die Öffnung der Klemmen und setzte sich dann rasch auf.
    »Was können Sie mir über diese Editierung berichten?«, fragte er.
    Der Arzt zuckte die Achseln. »Nur, dass Sie als Kind editiert wurden. Das müssen Sie mit Ihren Eltern oder Ihrem Vormund abklären.«
    Als Cormac die Einrichtung verließ, war er entschlossen, mehr über das herauszufinden, was man damals mit seinem Verstand angestellt hatte, wusste aber zugleich, dass ihm dies auf einige Zeit hinaus nicht gelingen würde. Jetzt wartete erst mal eine weitere virtuelle Ausbildungsstunde auf ihn, gefolgt von Waffenübungen und anschließend Schulung in taktischer Lagebeurteilung und Analyse. Und er wusste, dass er danach erschöpft in die Koje fallen würde.

9
    Cormac starrte auf die Menschenmenge im großen Wartezimmer der Editierungsklinik und fragte sich kurz, wo Dax geblieben war. Vielleicht war er zur Toilette gegangen oder holte sich neue Zigaretten. Bald, das wusste Cormac, würden sie durch Tür acht gehen und ein kleineres Wartezimmer betreten, dann anschließend den eigentlichen Editierungsraum, wo eine Golem-Krankenschwester, Telefaktor einer örtlichen KI, die Editierung an Dax vornahm. Das würde natürlich einige Zeit dauern, denn Dax war Arzt, und ein Großteil dessen, was zwischen seinen Ohren saß, war zu wertvoll, um es zu verlieren. Ah, vielleicht war Dax schon dort drin und unterzog sich der Behandlung ... Nein, das konnte nicht sein, denn sie hatten im kleineren Wartezimmer gesessen, bis die Arbeit getan war ... Aber das lag in der Vergangenheit – das war schon geschehen.
    Cormac sah sich um, stellte fest, dass er saß, und blickte seine Mutter an, die neben ihm saß und etwas mit ihrem Laptop tat. Sie zeigte ein Gesicht äußerster Konzentration, bis sie unvermittelt bemerkte, dass Cormac sie anstarrte.
    »Ich stelle nur sicher, dass ich Kopien behalte«, erklärte sie. »Die Kohlenstoff-Memospeicher, die sie hier benutzen, sind notorisch unsicher.« Sie unterbrach sich, als überlegte sie noch einmal, was sie gerade gesagt hatte, und fluchte leise vor sich hin. Einen Augenblick später fuhr sie fort: »Ist jetzt alles in Ordnung mit

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