Der eiserne Skorpion - Roman
Chamäleonstoff-Kampfanzüge, und sofern sie sich nicht bewegten, schienen drei losgelöste Köpfe, sechs Hände und diverse Teile ungetarnter Hardware diese Waldlichtung zu beleben.
Wenn Gorman komplett sichtbar war, sah er aus wie ein stämmiger und brutaler Schläger. Er schleppte eine Menge Körpergewicht mit herum, mühelos jedoch; der Kopf zeigte graue Stoppeln, der Hals wölbte sich, die Augen waren grau, die Zähne ansatzweise schief und von gelblicher Färbung. Er rauchte Zigarren, aß gerne sengend heißen Curry und trank enorme Mengen Bier, aber nur außer Dienst, wenn er sich entspannte. In der übrigen Zeit täuschten sein Aussehen und Gebaren über die Flinkheit des Verstandes und der Reaktionen hinweg und darüber, wie er Daten verarbeitete, die durch den kleinen fleischfarbenen Verstärker eintrafen, der wie eine Art Gewächs hinterm Ohr steckte. Travis war ein peinlich sauberer und grotesk gut aussehender Mann, der die pechschwarzen Haare zum Pferdeschwanz gebunden trug und grüne Augen hatte. Er lächelte viel, und sein Humor war seltsam. Crean wirkte asiatisch. Sie hatte große Brüste und war geil, dunkelhaarig, dunkelhäutig und dunkeläugig. Cormac hatte ein bisschen gebraucht, um zu bemerken, dass sie wie Travis ein Golem war. Gorman hingegen war aufdringlich menschlich und hatte richtig Spaß daran.
»Diese Götter nehmen gern ihre scheußlichen Haustiere mit, um den Kontrast herauszustreichen«, sagte Gorman und deutete mit einer brennenden Zigarre auf die beiden Golems, die gerade eine Moskito-Automatikkanone montierten.
Mills hieß das Mitglied, das nicht mehr dabei war. Ein Scharfschütze der Separatisten hatte ihn mit einem Explosivgeschoss mitten in den Kopf getroffen. Crean war es, die den Scharfschützen als Erste erreichte, ihn zerfetzte und seine Überreste an einen Baum hängte. Cormac verstand zunächst nicht, warum Gorman Mills’ Tod scheinbar so leicht hinnahm, bis er von Travis erfuhr, dass er sich einer Editierung unterzogen hatte. Das erinnerte Cormac daran, wie sein Bruder Dax damals im Prador-Menschen-Krieg zur Editierung gegangen war, und an die übrigen Ereignissse jener Zeit sowie an die Drohne, deren Namen er inzwischen als Amistad kannte. Er hob die Hand und fasste an das bohnenförmige Stück Computerhardware hinter dem eigenen Ohr. In seinem neuen Verstärker hatte er Dateien über Amistad abgespeichert, die er in Muße zu sichten gedachte, aber die Ausbildung in virtueller Realität und dieser schnell angesetzte Einsatz hatten ihm bislang nicht genug Zeit dafür gelassen. Außerdem war im Verstärker eine Nachricht an Cormacs Mutter gespeichert, und darin stellte er die Frage, warum er als Kind editiert worden war und welche Erinnerungen fehlten.
»Hier ist also der Plan«, sagte Gorman.
Cormac unternahm diese seltsam unnatürlich wirkende Aktion, mit deren Hilfe er das Eingangsfenster rechts in seinem Blickfeld öffnete, und er sah, dass er eine Nachricht erhalten hatte. Er öffnete sie und studierte eine Bilddatei mit einem für ihn sofort erkennbaren Verbrecherfoto: Sheen, eine der Separatisten, die ihn beim Raubzug ins Pradorschiff begleitet hatten.
»Irgendwelche Probleme?«, fragte Gorman.
»Das verrate ich dir, sobald du mir den Plan erklärt hast«, antwortete Cormac.
Gorman grinste. »Okay«, sagte er. »Agent Spencer möchte sie lebend haben. Sheen ist Samaras Schwester und wahrscheinlich in vieles eingeweiht, was in der Führungsetage abgelaufen ist.«
»Die Schwester?«
»Das wusstest du nicht?«
»Nein, das wusste ich nicht.«
»Alle anderen in den Höhlen sind entbehrlich.« Gorman zuckte die Achseln. »Eigentlich sind es alle. Sie verfügen über keinerlei Informationen, die interessant für uns wären, noch möchten wir sie einem Gericht zuführen, da über alle bereits die Urteile gefällt wurden.« Er musterte Cormac sorgfältig. »Kannst du damit umgehen?«
Cormac nickte, schluckte aber trocken. Das war etwas ganz anderes als Leute umzubringen, die einen schon angegriffen hatten und zu foltern planten. Es erschien ihm zu kalt, zu grausam. Ob er wohl zögerte? Fiel es ihm wohl schwer abzudrücken, wenn das Opfer unbewaffnet war, selbst wenn es sich bei der Person um einen Separatisten handelte? Er nahm die kurze, dicke Reihenfeuerpistole zur Hand, die neben ihm am Boden lag, und stand auf. Die Waffe war perfekt für derartige Arbeit, denn sie konnte unter beengten Bedingungen leicht manövriert werden. Außerdem war, im Gegensatz zu
Weitere Kostenlose Bücher