Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der eiserne Thron

Der eiserne Thron

Titel: Der eiserne Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
Vom Netzwerk:
Das Gesicht des Vikars lief rot an vor Wut, und
er trat einen Schritt vor, um Valentin direkt in die geschminkten Augen zu starren.
»Bring mich nicht in Versuchung, Knabe! Ich verliere keine
Träne wegen eines toten Espers, aber ich habe auch keine
Nachsicht für Verräter, ganz egal, hinter welchen Positionen
sie sich verschanzen! Und eine hohe Herkunft bietet noch
lange keinen Schutz gegen den Willen des Herrn.«
»Wie äußerst beruhigend«, sagte Valentin, sonst nichts. Der
Augenblick dehnte sich in die Länge, und die Spannung
wuchs. Der Vikar durchbohrte Valentin förmlich mit seinen
Blicken »Ihr seht aus wie die Dekadenz in Person«, sagte der
Vikar schließlich. »Wischt Euch augenblicklich die Farbe aus
dem Gesicht!«
Alles starrte atemlos auf die beiden Männer, deren sagenhafter Wille eisern aufeinanderprallte. Und dann trat Valentin
einen weiteren Schritt nach vorn und brachte sein Gesicht
direkt vor das Kassars. Sein purpurnes Lächeln wurde noch
breiter, und seine dunklen Augen blickten fest und ohne jedes
Zeichen von Angst.
»Leckt sie ab!«
Kassar erstarrte. Er stierte Valentin an. Sein Mund war ein
blutleerer Strich. Die Hand des Vikars schwebte über dem
Griff seines Schwertes, aber er zog die Waffe nicht. Hätte er
es getan und hätte er den Wolf in seinem eigenen Haus getötet, dann hätte er seine Kirche der vollen Blutrache des gesamten Wolf-Clans ausgesetzt. Die Kirche war zwar reich und
besaß Macht und Einfluß, und der Clan hätte ihr sicher nicht
lange widerstehen können, aber … wenn die Wolfs irgendwie
den Kontrakt für den neuen Hyperraumantrieb gewinnen sollten, hätte die Kirche mit gezogenem Hut um die Antriebe bitten müssen … Abrupt wandte Kassar sich ab und stampfte
davon. Allmählich begannen die übrigen Gäste wieder zu atmen. Valentin grinste zu Gregor Shreck und Evangeline.
»Bitte entschuldigt die unwillkommene Unterbrechung«,
sagte er. »Meine Leute werden sich darum kümmern.«
Der Shreck schnaufte. »Diese verdammte Esper-Brut. Wenn
er sich nicht selbst umgebracht hätte, dann hätte ich ihn
höchstpersönlich erschossen. Wir sind diesem Pack gegenüber
viel zu nachgiebig. Man kann ihnen einfach nicht über den
Weg trauen.«
»Es sind noch immer Menschen, Vater«, widersprach seine
Tochter leise. »Genau wie Klone auch.«
»Das solltet Ihr den Vikar besser nicht hören lassen«, sagte
Valentin leichthin. »Die Position von Staat und Kirche in bezug auf Esper und Klone ist unmißverständlich. Sie existieren
lediglich als Resultat wissenschaftlicher Forschung und sind
daher Sachen. Die Kirche will ihnen nicht einmal eine Seele
zugestehen. Wenn Ihr mich jetzt entschuldigen würdet …?«
Valentin Wolf verneigte sich tief, drehte sich um und spazierte davon. Leises Gemurmel und heimliche Glückwünsche
erschollen ringsum, als er sich durch die Menge bewegte. Die
Kirche hatte in letzter Zeit verdammt zuviel Druck auf die
Familien auszuüben versucht und war unter der Aristokratie
lange nicht so populär, wie sie es gerne gewesen wäre. Gregor
wartete, bis Valentin außer Hörweite war, dann packte er den
Arm seiner Tochter und drückte so fest zu, bis der Schmerz
Evangeline nach Luft schnappen ließ.
»Mach das nie wieder, mein Kind. Du darfst niemals mit
solchen Meinungen über Esper und Klone die Aufmerksamkeit auf dich ziehen, hast du verstanden? Keiner von uns beiden kann sich eine genauere Untersuchung deiner Herkunft
erlauben. Niemand darf je herausfinden, was es damit auf sich
hat!«
Er schüttelte Evangeline ein letztes Mal warnend am Arm
und stapfte mit hochrotem Gesicht davon. Der Shreck war
stinkwütend, und alle Leute beeilten sich, ihm aus dem Weg
zu gehen. Evangeline legte die Hand auf ihren schmerzenden
Arm. Sie stand alleine inmitten der Menge, aber das war für
sie nichts Neues. Evangeline war ein Klon. Ihr Vater hatte sie
heimlich gezogen, um die echte Evangeline zu ersetzen, die
bei einem Unfall gestorben war. Die älteste Tochter war der
Liebling des alten Shreck gewesen, und der konnte nicht ertragen, ohne sie zu leben. Und da niemand außer ihm selbst
ihren Tod gesehen hatte, verwendete er all sein Geld und seinen Einfluß darauf, seine Tochter zu klonen. Er lehrte den
Klon alles, was er wissen mußte, und entließ Evangeline anschließend vorsichtig in die Gesellschaft. Nach einer langen,
unbekannten Krankheit sozusagen. Sie hielt sich gut. Sie hatte
immer eine rasche Auffassungsgabe besessen,

Weitere Kostenlose Bücher