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Der eiserne Thron

Der eiserne Thron

Titel: Der eiserne Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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angefüllt zu werden! Ich nehme an, die Einzelheiten für diese Heirat sind
sorgfältig ausgearbeitet worden, Shreck? Ich habe noch weitere Verabredungen, und wenn ich meine Termine verschieben
muß, wird jemand darunter leiden – aber nicht ich.«
Genau in diesem Augenblick erschien unter lautem Donnergetöse mitten im Ballsaal und scheinbar aus dem Nichts ein
wild dreinblickender Zelot. Er war lediglich mit einem zerfetzten Lendenschurz bekleidet, und seine nackte Haut war
über und über von frischen und alten Narben bedeckt. Auf der
Stirn trug er eine Dornenkrone, und als er das Gesicht verzog,
rannen kleine Ströme von Blut an seinen Wangen hinab. Er
sah halb verhungert aus. Sein Blick war der eines wahren Fanatikers und Sehenden. Die betäubte Menge begann mit lautem Stimmengewirr auf sein Erscheinen zu reagieren, bis
plötzlich aus dem Nichts Flammen aufzüngelten und an dem
Zeloten emporleckten, ohne ihm jedoch etwas anhaben zu
können. Ehrfürchtig verstummte die Menge aufs neue. Der
Zelot funkelte die Umstehenden an, und die Leute wichen
ängstlich zurück. Dann begann er zu sprechen. Seine Stimme
war überraschend ruhig und wohlklingend.
»Ich bin hier, um gegen die fortwährende Versklavung von
Espern und Klonen zu protestieren. Ich protestiere gegen die
Schändung der Einen und Wahren Kirche von Christus dem
Erlöser ! Christus war ein Mann des Friedens und der Liebe,
aber wenn er sehen könnte, was heutzutage in seinem Namen
geschieht, würde er sein Gesicht von uns allen abwenden und
verzweifeln. Ich fürchte Eure Wachen und die Verhöre nicht;
ich habe mein Leben dem Heiland gewidmet, und ich opfere
es jetzt als ein Zeichen für Euch alle, daß Esper und Klone
eine eigene Persönlichkeit und einen eigenen Glauben besitzen, der ihnen nicht verweigert werden darf!« Der Zelot
machte eine kurze Pause, blickte die Anwesenden böse grinsend an und fuhr fort: »Wir sehen uns in der Hölle.«
Sein Körper platzte und ging in heiß sengende Flammen
auf. Diejenigen, die ihm am nächsten standen, wichen vor der
schrecklichen Hitze zurück. Der Zelot stand mitten in den
Flammen, noch immer auf den Beinen, unverwandt grinsend,
selbst dann noch, als die Flammen auch an seinem Gesicht zu
lecken begannen. Schließlich war es vorbei, und Flammen
und Hitze verschwanden so rasch, wie sie gekommen waren.
Nur ein schmieriger Fleck auf dem Marmor des Bodens blieb
übrig, ein wenig Asche, die langsam durch die Luft nach unten sank und eine einzelne Hand, die irgendwie aus dem alles
verzehrenden Flammeninferno herausgefallen und übriggeblieben war. Sie lag auf dem Boden des Ballsaals wie eine
bleiche Blume, die Finger wie zu einem letzten Aufruf an die
Vernunft ausgestreckt.
»Esper-Pack«, rümpfte Vikar James Kassar die Nase. »Jedenfalls hat er uns die Arbeit erspart, ihn zu exekutieren. Offensichtlich handelt es sich um Pyrokinese. Es stellt sich nur
die Frage, wie er hier hereinkommen konnte? Man hat mir
versichert, daß der Ballsaal durch ESP-Blocker geschützt sei.«
»So ist es auch«, erwiderte Valentin und trat vor. »Ich bin
nicht sicher, was sich vor unseren Augen abgespielt hat, aber
als der älteste Vertreter des Wolf-Clans darf ich Euch versichern, daß unsere Sicherheitsleute in diesem Augenblick an
der Angelegenheit arbeiten.«
»Das reicht mir nicht, Wolf!« fauchte Kassar und musterte
Valentin mit unverhohlener Abneigung und einem Ausdruck
von Ekel. »Gleich, ob der Verbrecher hereinteleportiert ist
oder geschmuggelt wurde, er muß hier drinnen Helfer gehabt
haben. Und das bedeutet, daß sich ein Verräter unter uns aufhält, Wolf. Ich werde eine Kompanie meiner Leute abstellen,
die Euch bei der Suche helfen. Wir haben eine Menge Erfahrung, wenn es um das Aufspüren von Verrätern geht.«
»Ich danke Euch«, erwiderte Valentin. »Doch das wird
nicht nötig sein. Meine Leute sind sehr wohl selbst in der Lage, die nötigen Schritte zu unternehmen, ohne all meine Gäste
zu erschrecken.«
Die Gäste erschraken dennoch. Es dauerte einen Augenblick, doch dann erkannten auch die langsamsten unter ihnen
mit weitaufgerissenen Augen, daß Valentin dem Vikar soeben
untersagt hatte, seine eigenen Leute in das Haus zu bringen.
Der Vorgang war nicht vollkommen beispiellos, aber trotzdem verdammt selten. Heutzutage riskierte man Leib und Seele, wenn man sich der Kirche widersetzte – und ganz besonders James Kassar, der es nicht gewohnt war, daß man ihm
die Stirn bot.

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